'Freiheitsrausch' von Floriano Sixtus
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Doch ehe Emil sich versieht, wird seine bis dahin spätpubertäre Welt auf den Kopf gestellt, und er findet sich in einem Strudel aus wahnwitzigen, lebensgefährlichen Abenteuern wieder: Vom Beinahe-Selbstmord bis hin zum Dreier im österreichischen Saunaclub. Vom Schussgefecht mit Todesfolge zum Gruppensex auf der Dachterrasse in Rio de Janeiro. Vom grausamen Betrug bis hin zur wahren Liebe.
Frech und provokant erzählt Floriano Sixtus im ersten Teil seines Mehrteilers die ungewöhnliche Geschichte eines Getriebenen, der vieles findet und noch mehr verliert.
Geeignet für Leser ab 16 Jahren.
Leseprobe:
Ist das jetzt mein Ende? Ist meine Zeit nun abgelaufen? Muss ich nun an Petrusʼ Tor klopfen und um Vergebung meiner Sünden flehen, die aus biblischer Sicht zugegebenermaßen reichlich und schwer sind? Warum zum Teufel konnte ich nicht eine Frau heiraten wie mein Bruder, drei Kinder, einen hässlichen Dackel und ein Haus mit Gartenzaun haben? Was ist so falsch daran, normal dahinzuvegetieren, sich an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen wie Apfelkuchen oder Karten spielen mit den Nachbarn?
Warum hat mich stattdessen die Vögelei so sehr in ihren Bann gezogen, dass sie mich jetzt wahrscheinlich Kopf und Kragen kostet? Aber noch viel wichtiger: Wie um alles in der Welt komme ich nun aus diesem beschissenen Manaus wieder weg?
Diese Fragen schmerzten mehr als mein Caipirinha-Kater, den ich mir am Vortag angesoffen hatte. Diese Höllenhitze, die zu der Jahreszeit in Manaus eigentlich unüblich war, bohrte sich unaufhaltsam in meinen Schädel. Die Hitze draußen war feucht. Unfassbar feucht. In dieser abgefuckten Spelunke, die nach Pisse und billigen Zigarren stank, staute sich die Feuchtigkeit dermaßen, dass von der Betondecke mein kondensierter Schweiß und der der anwesenden Gäste auf die Theke und mir ins Bierglas tropfte. Ekelhaft.
Der salzige Schweiß konnte den bereits schalen Geschmack nicht verschlechtern – im Gegenteil, ich schüttete mir das Bier mit großen, schnellen Schlucken in den trockenen Rachen hinein, in der Hoffnung, dass mein Durst und meine Kopfschmerzen bald nachlassen würden – was sie natürlich nicht taten. Die anderen drei Gäste, vollkommene Vollblutalkoholiker, hatten bereits gestern während meines Caipirinha-Rausches auf ihren Barhockern gesessen und diese ekelhaften Zigarren geraucht, die mehr nach verbranntem Heu als nach Tabak rochen. Sie sprachen kein Wort, aber furzten und rülpsten abwechselnd im Dreivierteltakt. Der Barkeeper – Joao war sein Name –, ein fetter Typ mit dreckiger Schürze und noch dreckigerem Schnauzbart, starrte meistens ins Leere und reagierte verärgert, wenn jemand was bestellte. Es war also genau der richtige Ort, um ein paar Tage dort verbringen zu müssen.
Die Bar selbst lag in Jorge Teixeira – einem Armenviertel von Manaus – und war genauso abgefuckt wie Joao: fünf abgehalfterte Barhocker, die fast zusammenkrachten, eine Theke, die wahrscheinlich vor einem Monat das letzte Mal gereinigt wurde, und ein Scheißhaus, dessen Gestank man schon beim Eintreten in die Bar wahrnahm.
Einfach Herrlich.
Was zum Teufel machte ich hier eigentlich noch? Seit zwei Tagen war ich in diesem Drecksschuppen, besoff mich sinnlos und wartete auf Simao, meinen besten Freund, der nicht auftauchte. Wir mussten dringend aus der Stadt, weil wir auf der Flucht waren – natürlich wegen einer Frau. Es war immer wegen einer Frau.
Wenn ich so darüber nachdenke, begann eigentlich vieles Ruinöse wegen einer Frau. Nicht nur in meinem Leben, auch historisch betrachtet. Bereits bei Adam und Eva begann die Kacke zu dampfen, als Eva ihre kleinen, zierlichen Finger nicht vom verbotenen Baum lassen konnte, am Apfel naschte, anschließend Adam vermutlich mit Sexentzug drohte und ihn dazu zwang, auch davon zu kosten. Die Konsequenz ist allgemein bekannt: Erbsünde und Rausschmiss aus dem Paradies. Und es kam noch besser:
Es war nicht etwa Eva, die von dem ach so Allmächtigen den Schuldspruch bekam. Nope, es war Adam. Wahrscheinlich war Gott damals auf einem Feminismus-Trip, als er sein dickes, bärtiges Gesicht durch die aufziehenden Gewitterwolken schob, auf Adam herabblickte und mit tiefster Bassstimme brüllte:
„Weil du auf deine Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte: So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln lässt er dir wachsen, und die Pflanzen des Feldes musst du essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.“
Übersetzt könnte man sagen, dass ihn seine Alte reingerissen hat und er deshalb bis zum Umfallen dazu verdammt war, Unkraut zu fressen. Mega-Leistung, Adam!
Adam war in der Geschichte bei Weitem nicht der einzige männliche Promi, der wegen einer Frau durch die Röhre schaute. Man denke nur an die schöne Helena, die zwar mit einem Spartaner verheiratet war, aber sich von einem Trojaner hatte vögeln lassen und dadurch ein gesamtes Volk auslöschte. Und es gäbe noch unzählige fiktive und reale Beispiele, wo das schöne Geschlecht derartige Vernichtungszüge vollzog.
Rückblickend fand das bei mir in ähnlicher Form statt. Ich hatte mich nämlich unwissend und naiv mit der Verlobten eines brasilianischen Kokainbarons eingelassen, der von meinen Ausritten mit seiner holden Maid nicht sonderlich begeistert war und mich verständlicherweise kaltmachen wollte.
Simao und ich konnten gerade noch aus Rio flüchten – tauchten im Dschungel des Amazonas unter –, und ich für meinen Teil wollte ein friedliches Leben mit meiner neuen Liebe im Urwald führen, aber wir, oder besser gesagt Simao, wurden entdeckt. Der Plan war nun, von Manaus mit einer Passagiermaschine nach Miami auszureisen. Unser Freund und Pilot Gabriel informierte uns, dass der Kokainbaron die regulären Flughäfen überwachen ließ, und empfahl uns deshalb, von einem illegalen Flugplatz in der Nähe von Jorge Teixeira aus zu flüchten. Der Treffpunkt mit Simao war diese Bar, und wir vereinbarten Dienstag als Abflugtag. Heute war Donnerstag, und Simao, der bereits ein paar Wochen in Manaus ausharrte, war nicht zu erreichen.
Es musste irgendetwas passiert sein.
Ich war beunruhigt, aber ich würde noch einen weiteren Tag aushalten und mir dann über einen Plan B Gedanken machen. In der Zwischenzeit bestellte ich mir ein weiteres dieser ekelhaften Biere. Joao knurrte und schob es mir in die Hand. Ich starrte mit tiefem Blick ins Bierglas und beobachtete die weißen, kleinen Schaumblasen, wie sie lautlos zerplatzten. Es war ein beruhigendes Bild, und ich wünschte, dass meine Ängste und Selbstzweifel auch so einfach in Luft aufgehen könnten wie diese Blasen. Ich machte mir Gedanken. Viele Gedanken.
Ich dachte darüber nach, in welch extreme Situationen mich mein Lebensstil gebracht hatte, und ich fragte mich, wann dieser Freiheitsdrang und dieser manifeste Trieb nach sexuellen Abenteuern begonnen hatte und ob er es wert war. Wurde mein Leben dadurch wertvoller? Jein.
Wie zwei Weltkriege, Josef Fritzl oder eben dieses Jein, hatte auch mein Wunsch nach Freiheit und sexuellen Abenteuern seinen Ursprung in meiner alten Heimat.
Österreich. In diesem kleinen Alpenland, zwischen Frittatensuppe, Wiener Schnitzel und Kaiserschmarren, musste es begonnen haben, und als ich so dahinsinnierte und weiter den Schaum-blasen beim Platzen zuschaute, wurde mir bewusst, dass der Auslöser all meiner mir unlösbar scheinenden Probleme, all meiner tiefsitzenden Zweifel, wohl mein allererster Orgasmus war.
Kurios eigentlich.
Diese banale, unwillkürliche Erregung, die im Stande ist und über Millionen Jahre hinweg im Stande war, Leben zu schaffen – schien meines zu zerstören. Was für ein tiefgründiger Gedanke, dachte ich und nickte mir selbst zustimmend zu, als ob ich gerade ein philosophisches Meisterwerk verfasst hätte.
Aber es ergab auf einmal alles einen Sinn.
Es war dieses unumgänglich süchtig machende Gefühl der glühenden Wärme, der tiefen Geborgenheit und der beinahe göttlichen Nähe eines, meines Orgasmus’, der sich im Laufe meins Lebens zu meinem Kryptonit entwickelte, oder um wieder an Helena zu denken, meine Achillesferse war. Außerdem waren Frauen – zumindest für mich als heterosexuellen Mann – meistens unausweichlich mit meinen Orgasmen verbunden, was schlussfolgernd das zarte Geschlecht ebenfalls zu meinem Kryptonit machte.
Ich konnte mich noch ganz genau erinnern, wann und wo ich das erste Mal dieses unbändige Gefühl verspürte, und ich musste loslachen, weil die Situation überaus amüsant war. Mein Lachen war laut, so dass Joao und die drei Typen mich grimmig anschauten, sich wieder wegdrehten, mit dem Kopf schüttelten und irgendetwas von „scheiß Gringo“ murmelten.
Im Kindle-Shop: Freiheitsrausch (Volume 1).
Mehr über und von Floriano Sixtus auf seiner Facebook-Seite.
Labels: Florian Sixtus, Roman
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