1. August 2019

'Tränentöchter' von Livia Pipes

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Wenn grenzenloser Hass und die Sehnsucht nach Anerkennung aufeinandertreffen …

Kurz vor ihrem langersehnten Urlaub wird Kati Lindberg durch eine persönliche Angelegenheit mit einem Mord konfrontiert. Sie findet zusammen mit Gerichtsmediziner Hettkamp in einem verlassenen Haus mehrere alte Polaroids, auf denen mit Bodypainting verzierte Leichen zu sehen sind.

Im Keller stoßen sie auf eindeutige Folterspuren und kurz darauf findet ein Leichenspürhund im angrenzenden Garten die Leiche einer jungen Studentin. Ihr Peiniger hat das hübsche Mädchen über Monate hinweg gefangengehalten und sie hungern und leiden lassen. Während sich Kati und ihr Team auf die Suche nach dem Mörder machen, wird das nächste Mädchen entführt. Doch es ist nicht irgendeins …

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Leseprobe:
Er stellte das Stativ vor der Tür ab und schloss auf. Bevor er eintrat, atmete noch einmal tief durch und zog die schwarze Maske über das Gesicht. Toddy hatte seinen Job gut gemacht.
Gleich würde er sie sehen. Sie würde nun den ersten Teil der Prozedur durchlaufen, die er sich ausgedacht hatte. Er spürte, wie seine Erregung stieg.
»Hallo? Ist da jemand?«, hörte er Emma von innen rufen. Er sah zur Tür. Sie wird sich wünschen, die Tür wäre niemals aufgegangen. Er griff nach dem Stativ und drückte die Klinke hinunter. Die Tür öffnete sich quietschend, das hereinfallende Licht erhellte den Raum und Millionen von Staubpartikel tanzten darin.
»Hallo?«, rief Emma erneut. Er sah, wie sie die die Arme hochriss, um ihre Augen vor dem grellen Licht zu schützen. »Helfen Sie mir! Bitte!« Er lachte. Da war er der falsche Adressat. Er drückte auf den Lichtschalter rechts an der Wand neben ihm.
Auch in diesem Haus hatte er Glück gehabt, der Strom war noch nicht abgestellt worden. Um den anderen sein Produkt in guter Qualität präsentieren zu können, war es wichtig, dass alles gut ausgeleuchtet war.
Er stellte das Stativ in einem Meter Entfernung von dem Mädchen auf, nahm die Kamera, die um seine Schulter gehangen hatte, ab und klickte sie fest.
Emma saß auf dem Boden, ließ ihre Arme langsam sinken und starrte ihn an.
»Sie sind es nicht«, sagte sie. »Sie sind nicht der Mann aus dem Van. Der mit dem Kind und …« Sie brach ab. »Warum bin ich hier? Was wollen Sie von mir?« Sie sprang vom Boden auf und riss wie eine Verrückte an der massiven Kette. Durch die vielen unkontrollierten Bewegungen verhedderten sich ihre Haare in ihrem Mund. Sie pustete hektisch, um sie loszuwerden.
Ihr Gesicht war rot angelaufen und durch die wirren Haare sah sie aus wie ein wildes Tier. Ihre Augen glänzten und spiegelten reine Angst wider. Sie atmete tief ein und aus.
»Lassen Sie mich frei, noch ist nichts passiert. Ich werde Sie auch nicht verraten«, sagte sie in angespannten Ton.
Er sah sie an und kam nicht umhin, unter seiner Maske zu lächeln. Was für eine naive Kuh, dachte er. Er stellte das Stativ ein Stück weiter weg, damit sie nicht herankam, prüfte, ob das Objekt gut erfasst wurde und drückte den Aufnahmeknopf. Danach verließ er den Kellerraum.
Zwei Minuten später betrat er ihn erneut, mit einem Tablett in der Hand. Als er oben gewesen war, hatte er sie die ganze Zeit schreien hören. »Lassen Sie mich frei. Ich habe Ihnen doch nichts getan.« Blablabla. Verbale Diarrhoe. Etwas Kreativeres hatten diese Mädchen nicht drauf.
Er stellte das Tablett vor sich auf den Boden ab und schob es mit dem linken Fuß vorwärts. Einen halben Meter vor ihr blieb es stehen, und sie sah sich das Essen an.
»Was ist das?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Tzzz.« Dämliche Frage, blöde Kuh.
Das Mädchen runzelte die Stirn und ihre Augen verengten sich. »Sie wollen mich vergiften.«
Ja klar, deshalb mache ich den ganzen Aufriss hier. Das hätte ich auch einfacher haben können, dachte er.
Das Mädchen ließ sich auf den Boden nieder, griff nach der Tüte mit den Pommes und sah sie sich genauer an. Langsam nahm sie eine Fritte heraus und steckte sie sich in den Mund. Als sie merkte, dass sie normal schmeckte, folgten die anderen der ersten rasch nach. Zwischendurch biss sie große Stücke vom Burger ab und kaute mit vollen Backen.
Er lehnte sich an den Türrahmen und beobachtete sie. Wie ein Tier, dachte er. Sie frisst wie ein Tier.
Immer wieder sah sie ihn zwischendurch an. Sie wirkte nach wie vor misstrauisch. Und dazu hatte sie guten Grund.
Nachdem sie den letzten Löffel Eis gegessen und den letzten Schluck Cola getrunken hatte, bedeutete er ihr, dass sie das Tablett zu ihm zurückschieben sollte, was sie ohne zu zögern auch tat. Er nahm es vom Boden auf und stellte es vor die Tür. »Jetzt dauert es nicht mehr lange«, wisperte er.
Doch Emma hatte es gehört. »Was dauert nicht mehr lange?«, fragte sie. Sie stand aus dem Schneidersitz auf und trat zwei Schritte auf ihn zu. Die Kette rasselte laut. »War der Scheiß etwa doch vergiftet?«, geiferte sie ihn an.
Er verzog keine Miene, sondern nestelte einen Zettel aus seiner Hosentasche und warf das Papier vor sie auf den Boden.
»Was soll das?«, rief sie aufgebracht. »Warum redest du Schwein nicht mit mir? Hast du etwa Angst vor mir? Dass ich dich in ein Gespräch verwickeln könnte, indem ich dich davon überzeuge, mich freizulassen?«
Er zeigte auf den Zettel.
Zögernd machte sie einen Schritt vor, bückte sich und nahm ihn auf. Die schwere Kette rasselte bei jeder Bewegung. Mit zitternden Händen faltete sie den Zettel auseinander. »Das war die letzte Mahlzeit deines Lebens«, las sie leicht lallend vor, dann versagten ihre Beine.

Im Kindle-Shop: Tränentöchter: Thriller.
Mehr über und von Livia Pipes auf ihrer Website.

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