13. September 2019

'Marlene Torvett und das Märchen vom Glück' von Jana Jürss

Kindle (unlimited)
Website von Jana Jürß
MÖRDERISCHE IDYLLE! Marlene Torvett hatte ihr neues Zuhause bewusst gewählt: Inmitten der idyllischen Landschaft der Mecklenburgischen Seenplatte in der beschaulichen Kleinstadt Neustrelitz. Doch als eine Leiche im Zierker See treibend gefunden wird, kann sie gar nicht anders, als dies persönlich zu nehmen.

Sie mischt sich in die Ermittlungen ein. Mit Witz und Charme wickelt sie nicht nur den mürrischen Hauptkommissar Babuske um den Finger, sondern entdeckt ein Netz aus Intrigen, Gier und Macht auf, das tief unter der Oberfläche verborgen liegt. Als dann ein zweiter Mord geschieht und eine junge Frau verschwindet begreift Marlene Torvett, wie gefährlich ihre Gegner in Wirklichkeit sind und dass selbst sie nicht mehr sicher ist.

Leseprobe:
Niemand hatte sie gesehen, da war sie sich sicher. Viele Male war sie diesen Weg gegangen, immer, wenn sie nachts aus dem Fenster der elterlichen Wohnung gestiegen war, um ein paar Stunden bei ihrem Freund verbringen zu können. Die Abkürzung am See ersparte ihr wertvolle Zeit. Durch die Straßen würde sie wenigstens doppelt so lange brauchen. Bislang war sie nie jemandem begegnet, morgens um fünf schlief die Stadt und der See wurde von allen in Ruhe gelassen. Keine Jogger, kein Walker, keine Hunde. Sie liebte diese absolut friedliche viertel Stunde, die sie für den Heimweg brauchte. Der Unfrieden würde sie früh genug wieder umschließen. Die Eltern, die an ihr zerrten, die nicht einsehen wollten, dass sie erwachsen geworden war, dass sie ihr eigenes Leben zu leben wünschte, dass sie einen Mann liebte, der ihrer Meinung nach nicht gut genug war.
Sie schüttelte die störenden Gedanken ab, dachte an die fast eben noch gespürten Zärtlichkeiten, sprang umher wie ein junger Hund, und begann leise vor sich hin zu singen. Sie strauchelte über etwas, konnte aber gerade noch das Hinfallen verhindern, indem sie sich an einen Baumstamm rechts des Weges stützte. Zuerst ging sie weiter, aber nach wenigen Metern blieb sie stehen. War das, was sie stolpern ließ, nichts Hartes und nichts Kleines gewesen, was sie neugierig machte. Sie drehte sich bereits um, als ein Flüstern sich ihr näherte. Sie glaubte an ein Liebespaar und versteckte sich hinter den Büschen nahe des Ufers. Ein Lichtkegel hätte sie fast aufgespürt, was sie durch schnelles Ducken verhindern konnte. Ein weiterer Lichtkegel traf auf den Gegenstand, welcher sie zum Umdrehen bewegt hatte. Ganz deutlich erkannte sie, was da lag. Ein Mensch. Zwei weitere Menschen näherten sich diesem, setzten sich in Hocke vor ihm und schwiegen.
Einer packte etwas aus einem großen Rucksack, eine Leine, die sie an den Körper banden. Eine weibliche Stimme sagte ›Los jetzt, es wird bald hell‹ und sie zogen gemeinsam den Körper, der sich offenbar nur schwer bewegen ließ, mit großer Mühe zum kleinen Steg, welcher sich etwa zehn Meter weiter vorne befand. Die Lampen, so sah sie jetzt, mussten an ihren Köpfen befestigt sein, denn die Lichtkegel begleiteten diese beiden bei ihrer mit Stöhnen verbundenen Tätigkeit. Sie verhielt sich mucksmäuschenstill, traute sich nicht, den eingeschlafenen rechten Fuß zu bewegen und wünschte nichts mehr, als ein aufkommendes Niesen weiter unterdrücken zu können. Ihr war klar, dass vor ihren Augen ein Verbrechen geschah. Wie in einem Film. Und dass sie, wenn die da vorne sie sähen, ernsthaft in Gefahr sein würde. Dieser leblose Körper, mit dem die beiden sich abmühten, machte ihr Angst. Warum hatte der ihr ein Bein gestellt? Längst wäre sie zu Hause in ihrem Bett. Bei ihren Eltern.
Auf dem Steg machten sie das Seil los, eine männliche Stimme sagte laut ›Der und seine Märchen‹ und stieß den Körper in den noch träumenden See. Sie knipsten die Lichter aus und verschwanden, ohne sich noch einmal umzudrehen, in Richtung Sonnenaufgang.
Sie stand erst nach einer langen Weile auf, versuchte die kribbelnden Schmerzen im Bein zu ignorieren und schlich zum Steg. Der Ärmel eines karierten Hemdes hatte sich im Holz verfangen. Sie blickte in das ihr halb zugewandte Gesicht eines Mannes. Mehr konnte sie nicht erkennen. Ohne zu wissen weshalb, riss sie am dem Ärmel und gab dem Körper einen Stoß, damit er über den See treiben konnte. Sie dachte, es wäre vielleicht schöner für einen Toten über einen See zu schwimmen, der wärmenden Sonne entgegen, als an einem alten, kaputten Steg im Schatten der dicht am Ufer stehenden Sträucher gefesselt zu bleiben.

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