7. April 2020

'DER TOD HINTER DER LÜGE: Gordon Rabes erster Fall' von H.C. Scherf

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„Sie gibt sich einem anderen hin!“

Die Nachricht am Telefon pflanzt den Stachel der Eifersucht in die Gedanken der Männer, die an die ewige Liebe und Treue glauben. Eine perfide Vorgehensweise eines brutalen Killers setzt eine Gewaltspirale in Gang, die vielen Frauen im Ruhrgebiet den grausamen Tod bringt.

Lange bleibt das Motiv des Mörders im Nebel, während das Team um Hauptkommissar Gordon Rabe versucht, eine erste Spur zu finden. Noch nie begegnete er einem derart brutal und raffiniert agierenden Mörder. Dessen Spur verliert sich immer wieder, ohne dass die Ermittler weitere Morde verhindern können.

Erst eine schreckliche Entdeckung lockt den Serientäter aus seinem Versteck. Die Stunde der Abrechnung scheint gekommen.
Anleser:
Träge wabernde Nebelschwaden umhüllten den Platz, der häufig als wilde Müllabladestelle genutzt wurde. Rainer Fielmann wusste, dass er dort häufig fündig wurde, wenn er auf der Suche nach Pfandflaschen und Dosen war. Vor Tagen hatte ihn der Fund einer abgelegten Luftmatratze überrascht, die er nun als Nachtlager nutzen konnte. Seine Kumpel, die teilweise auf Zeitungspapier liegen mussten, versuchten schon mehrfach, ihm die Unterlage zu stehlen. Wenn man Platte schieben musste, stellte eine solche Schlafhilfe in den kalten Nächten einen besonderen Komfort dar. Rainer hatte seit zwei Tagen nichts mehr gegessen und hoffte darauf, auch ein paar Essensreste vorzufinden, nachdem ihn der Marktleiter eines SB-Marktes vor einer halben Stunde wie einen Hund mit den Worten davongejagt hatte: »Geh arbeiten, du faules Schwein. Verdien dir dein Essen erst.«
Rainer kannte diese Beschimpfungen zu Genüge und reagierte mittlerweile gar nicht mehr darauf, winkte nur ab und verzog sich ohne weitere Erwiderung. Diese arroganten Ärsche wussten alle nicht, was ihn vor Jahren auf die Straße getrieben hatte und dass das Schicksal sie schnell selber in dieses Elend führen konnte. Ohne große Erwartung näherte er sich dem übel riechenden Dreckhaufen, der sich mittlerweile hoch auftürmte und dessen Konturen sich gegen das Licht der Laterne abzeichneten. Während er sich mit einer Hand die wenigen Haarsträhnen, die ihm noch geblieben waren, unter die Wollmütze steckte, suchte die andere nach brauchbaren Gegenständen. Heute war der eklige Geruch besonders intensiv, was sicherlich an dem feuchtkalten Wetter liegen durfte. Seine Stiefel schützten ihn weitestgehend vor dem Schlamm, in dem Rainer immer wieder fast katzengroße Ratten davonhuschen sah. Sie waren nur Konkurrenten bei der Suche nach Nahrung. Immer wieder zog er Abfallbeutel zur Seite, riss Säcke auf, in denen er Brauchbares vermutete und zuckte plötzlich zusammen, als er eine schwache Stimme vernahm. In dem diffusen Licht konnte er lediglich die Richtung ausmachen, aus der sie zu kommen schien. Als er alles schon als Hirngespinst abtun wollte, war sie wieder da – diese Stimme, die aus einem Jutesack zu kommen schien. Rainer wich einen Schritt zurück, fiel fast über einen Eimer, der mit Abfällen aus einer Wohnungsrenovierung gefüllt war. Im letzten Moment fand er sein Gleichgewicht und festen Halt wieder und starrte auf den Sack, der ihm einen Riesenschrecken eingejagt hatte. Das ist nicht möglich, Rainer. Jetzt ist es endlich so weit – du spinnst komplett.
Seine Augen suchten die nähere Umgebung ab, um den Übeltäter zu finden, der ihn hier zum Narren halten wollte. Lediglich die umherirrenden Ratten und die Nebelschwaden waren in Bewegung und täuschten ihm Leben vor. Er schrak heftig zusammen, als er nun klar und deutlich die Worte vernehmen konnte: »Ist da jemand? Bitte, helft mir doch. Es tut so schrecklich weh.«

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