18. März 2019

'Killerkind: Psychothriller' von Cornelia Harz

Kindle (unlimited)
»Wenn du jemals glücklich sein willst, Charlotte, musst du es nur schaffen, dass Charly nie wieder weint.«

Im Rahmen einer privaten Therapie lässt sich Charlotte ganz intensiv auf ihr ›inneres Kind‹ ein. Charly wird zum festen Bestandteil ihres Lebens. Beide lernen sich noch besser kennen, sie haben Spaß zusammen. Doch sobald sie in Situationen geraten, die sie an unerträgliche Momente ihrer Vergangenheit erinnern, weint Charly so heftig, dass es Charlotte das Herz bricht. Wie weit wird sie gehen, um die Tränen des Mädchens für immer zu trocknen? Führt der Weg zum Glück tatsächlich über Leichen?

›Killerkind‹ gehört zu der Art Psychothriller, die das Unbewusste der Menschen in eine Bildsprache kleiden. Es könnte also sein, dass sich während des Lesens auch Ihr eigenes ›inneres Kind‹ zu Wort meldet.

Weitere Bücher von Cornelia Harz auf ihrer Autorenseite.

Leseprobe:
Meine Hände tun weh, eigentlich tut mir alles weh, ich zittere. Es ist Sommer, es müsste noch einigermaßen warm sein, aber ich kann dieses Zittern einfach nicht abstellen. Nichts ist mehr so, wie es früher gewesen ist, ich nicht, die Welt um mich herum nicht, gar nichts. Ich hämmere weiter gegen die riesigen Glasscheiben. »Ich hab sie umgebracht, hört ihr?« Doch diese Tür vor mir zuckt keinen Millimeter.
Vor ein paar Jahren habe ich im Gebäude nebenan meinen Bruder besucht, Blinddarm. Damals habe ich an dem Eingang, an dem ich nun stehe, das Schild Psychiatrie gelesen und mich gefragt, wie weit man sein müsse, damit man hier landen würde. Heute weiß ich das.
Hastig laufe ich in der Dunkelheit auf und ab. Es ist still. Obwohl sich so viele Leute in den Gebäuden um mich herum befinden müssten, ist es so unsagbar still. Ich habe mein Auto mitten auf dem Besucherparkplatz abgestellt, bestimmt steht die Tür immer noch offen, ich bin einfach rausgesprungen und hierher gerannt. Aus der Ferne zeigt sich der große Parkplatz nur schwach, die kleinen Lampen ziehen die Autos auf die Seite der Nacht. Ich kneife meine Augen zusammen, aber es ist alles verschwommen, überall sehe ich tanzende Flecken. Irgendwann werden sie mich reinlassen, sie müssen das tun, ich bin eine Mörderin. Kraftlos sacke ich auf den Boden. Es riecht nach Heu, frisch und gammelig gleichermaßen. Ich lehne mich mit dem Rücken an die kalte Glasschiebetür und lege meinen Kopf auf meinen Knien ab. Der Traum von einem schönen Leben, er ist tot, genau wie …
Mein Körper zittert immer stärker. Wenn meine Hände sich nicht ganz fest um meine Knie klammern könnten, wäre er längst in seine Einzelteile zerfallen. »Jetzt holt mich doch endlich!«, schreie ich. Meine Augen sind nass, ich schließe sie, aber die Bilder der letzten Wochen sind immer noch da, eingebrannt wie Tätowierungen meiner Seele.
Auf einmal höre ich, dass sich hinter mir etwas bewegt. Zwei Pfleger kommen heraus. »Sie wollen zu uns?«
Endlich. Ich springe auf. »Ja, Sie müssen mich wegsperren, ich bin eine Gefahr, ich …«
»Kommen Sie doch bitte erst mal mit.«
Ich betrete gemeinsam mit ihnen das Gebäude.
Einer der beiden setzt mich in einen Behandlungsraum. »Es wird sich gleich ein Arzt um Sie kümmern«, sagt er. »Haben Sie Ihre Versicherungskarte dabei?«
»Meine Karte? Verdammt, ich hab grad andere Sorgen!«, brülle ich. »Ich habe sie alle umgebracht«, füge ich leise hinzu.
Der Pfleger schaut mich stumm an. Er scheint froh zu sein, als ein etwa fünfzig Jahre alter Mann mit Glatze und weißem Kittel hereinkommt. »Sie sagt, sie habe jemanden getötet.«
Der Arzt nickt ihm kurz zu und wendet sich an mich. »Ich bin Dr. Holzwein.« Er schüttelt mir die Hand.
Plötzlich wird mir klar, welch folgenschweren Schritt ich gegangen bin. »Tramp-mann«, stottere ich. »Ich heiße Charlotte Trampmann.« Ist es dumm gewesen, herzukommen? Hört man doch ab und an, wie schnell man für immer in dieser Maschinerie gefangen bleibt.
Der Psychiater nimmt Platz. »Frau Trampmann, Sie glauben also, Sie wären für den Tod eines Menschen verantwortlich.«
»Das glaube ich nicht nur, das weiß ich.« Ich versuche, ihm selbstbewusst ins Gesicht zu sehen, aber mein Blick wendet sich ab, hinab auf die Tischplatte.
»Wen haben Sie denn getötet?« Dr. Holzwein mustert mich.
Ich weiß, dass er mir nicht glaubt. Du siehst zu brav aus. Mein ganzes Leben lang habe ich das gehört. »Charly«, sage ich nur.
»Und wer ist Charly?«, fragt er.
»Ein kleines Mädchen, ich hab sie überfahren.«
»Ein Unfall?« Der Psychiater reißt seine Augen weit auf. »Verdammt, warum sagen Sie das nicht gleich?«
Ich zucke mit den Schultern. »Sie ist tot«, flüstere ich.
»Wo genau ist der Unfall passiert?«
»Etwa fünf Autominuten von hier.« Ich starre in die Luft. »Auf der Landstraße Richtung Sportplatz.«
Der Arzt springt auf und lässt mich sitzen.
Ich sehe, dass eine Krankenschwester mit meiner Handtasche unter dem Arm in den Behandlungsraum kommt. »Ich nehme an, es ist Ihr Auto, das offen auf dem Besucherparkplatz steht?«
Ich nicke.
Sie legt meine Tasche auf den Tisch. »Darf ich?«
Ich nicke noch einmal.
Die Schwester kramt meinen Geldbeutel hervor und zieht meinen Ausweis heraus. »Charlotte Trampmann. Die Adresse stimmt noch?«
»Ja.«
»Sie sind achtunddreißig Jahre alt, richtig?«
»Richtig.«
»Und haben eine neue Frisur.«
Stimmt, auf dem Foto sind meine Haare noch lang. »Ja«, sage ich wieder und greife mit meiner rechten Hand zu meinen kurzen Stoppeln.
»Die Farbe ist echt?«, fragt sie.
»Naturbrünett«, antworte ich.
Sie zieht ihre Mundwinkel etwas nach oben, macht sich ein paar Notizen und geht zur Seite.
Dr. Holzwein ist zurückgekommen. Er setzt sich mir gegenüber hin. »Erzählen Sie mir doch bitte ganz genau, was passiert ist«, fordert er mich auf.
»Ich hab sie umgebracht. Ich habe Charly getötet.«
»Ist das Ihre Tochter?«
»Nein«, antworte ich.
»Eine Verwandte?«, fragt er.
Ich schüttele den Kopf.
»Vielleicht können Sie es mir ein wenig leichter machen.« Er lächelt. »Würden Sie mir verraten, wer Charly ist?«
»Ich war Charly.«
Der Arzt sieht mich stumm an. »Sie sind Charly«, wiederholt er. »Sie wollen mir erzählen, Sie hätten sich selbst überfahren?«
»Charly hat mich zum Monster gemacht.«

Im Kindle-Shop: Killerkind: Psychothriller.
Mehr über und von Cornelia Harz auf ihrer Autorenseite.

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