20. Juni 2020

'Spargeltod: Rhein-Main-Krimi' von Sandra Hausser

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Gleich zwei neue Fälle halten die Kripo Rüsselsheim auf Trab: Wer steckt hinter dem Anschlag auf die Feldarbeiter? Und ist die Tote im Ostpark einem Verbrechen zum Opfer gefallen oder starb sie eines natürlichen Todes?

Ausgerechnet an dem Tag, als das Team von Kripochef Josef Mitheimer die neue Kollegin Anne Seltmann erwartet, die den Posten des im Dienst erschossenen Axel Neumann antritt, erreicht sie der Ruf zu einem grausigen Tatort. Ein Auto ist in ein Spargelfeld gerast, mehrere Personen wurden getötet. Wer oder was steckt dahinter? Wer sind die Opfer und warum mussten sie sterben?

Während Hannah, Hardy und Çetin gemeinsam mit Kollegen aus Groß-Gerau ermitteln, wird Mitheimer zu einem Leichenfund im Ostpark gerufen. Anne Seltmann begleitet ihn und muss sich, schneller als erwartet, ins Team einfügen und erste Bewährungsproben bestehen. Derweil gerät Hannahs Leben auch privat aus den Fugen. Die Kommissarin steht vor einer Entscheidung, die alles verändern wird.

Hannah Bindhoffer ermittelt: Rhein-Main-Krimis.

Anleser:
16. Mai 2017, Landesstraße L3012, Rand eines Spargelfeldes
Gleißende Sonne fiel auf die Felder rechts und links der Landstraße. Bei angenehmen dreiundzwanzig Grad wurde der fröhliche Vogelgesang nur gelegentlich von vorbeifahrenden Autos übertönt.
Die Gruppe Feldarbeiter lief zu einem schmalen Grasstreifen am Rand des Spargelfelds. Mit geübten Handgriffen breiteten sie Decken aus, holten ihre Mahlzeiten heraus und ließen sich schwatzend zur Mittagspause nieder. Ein schwarzhaariger Junge lauschte mit blitzenden Augen den Erzählungen eines vollbärtigen Mannes. Das fröhliche Lachen und Gerede der Gruppe klang weit über das Feld hinaus.
Der Fahrer des Mercedes eVito nahm den Fuß vom Gas. Ich muss es tun! Er holte tief Luft, zog die Maske übers Gesicht und blickte in den Rückspiegel. Keiner da. Auch die Gegenspur war unbefahren. Tu es! Simon ist ohne dich verloren! Entschlossen drückte er das Gaspedal durch und nahm Kurs auf die angewiesene Stelle am Spargelacker. Mit beiden Händen hielt er das Lenkrad fest umklammert und starrte nach vorn, durch die zusammengekniffenen Augenlider scannte er die Personen am Feldrand.
Scheiße, wo ist er? Und wo kommen die anderen Leute her?
Gequälte Schreie ertönten, als der Mercedes eVito ungebremst in die versammelte Gruppe schoss.
Sie hatte doch extra gesagt, dass Kolbe allein dort sitze. Jetzt musste er auf Nummer sicher gehen. Mit schweißigen Händen legte er den Rückwärtsgang ein, warf einen Blick auf die weiterhin unbefahrene Straße und setzte zurück. Es darf keine Zeugen geben, dachte er und versuchte damit, sein Tun vor sich selbst zu verteidigen. Bevor die Arbeiter die Situation realisiert hatten und fliehen konnten, fuhr er ein zweites Mal mit Vollgas auf den Spargelacker.
«Verfluchter Mist!», schrie er und schlug mit beiden Fäusten aufs Lenkrad. «Was habe ich getan? Alles, was sie mir erzählt hat, war gelogen!» Er sah aus dem Fenster zu den am Boden liegenden blutigen Körpern und unterdrückte ein verzweifeltes Schluchzen. Nichts wie weg! Wenn die Polizei mich schnappt, ist Simon verloren!
Als er rückwärts auf die Landstraße zurücksetzte, erspähte er einen kleinen Jungen, der vom Feld in die Wälder lief.
«Verdammt, ein Kind? Davon war nie die Rede gewesen, ich kann einpacken!», schrie er verzweifelt und riss das Lenkrad herum. Mit klopfendem Herzen trat er aufs Gaspedal. Der Wagen schlingerte kurz und schoss danach über die verlassene Straße davon. Am Hals spürte seinen rasenden Puls an der Halsschlagader und bremste, einem Reflex folgend, ab. Die aufkommende Panik und die Bilder der Toten schnürten ihm die Kehle zu.
Hol tief Luft und schnapp dir den Jungen.
Kalter Schweiß trat ihm unter der Maske auf die Stirn. Er darf nicht entkommen! Aber was, wenn es überlebende Erwachsene gibt? Die gehen sofort zur Polizei und erzählen alles.
Nein, das würden sie nicht wagen. Sie arbeiteten doch fast alle schwarz.
Denkst du wirklich, dass sie deshalb schweigen?
«Ja», gab er sich selbst die Antwort. «Es ist meine einzige Chance.» Er schob die Wollmaske zurück und wischte Schweiß und Tränen fort, bevor er sie erneut übers Gesicht zog. Ich muss den Jungen finden.
Er sah in die Richtung, in die das Kind verschwunden war, und fuhr mit quietschenden Reifen an.

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