6. Januar 2021

'Lynnwood Falls - Und dann kamst du' von Helen Paris

Kindle | Tolino | Taschenbuch
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Annabellas Existenz ist bedroht, denn die Schwierigkeiten in ihrem Café häufen sich. Ganz Lynnwood Falls steht ihr zur Seite - auch Will. Er ist es auch, der ihr zur Hilfe kommt, als sie in einer kalten Winternacht mit dem Auto steckenbleibt. Dabei ist sie eigentlich gar nicht gut auf ihn zu sprechen, seit er sie einst beim Abschlussball ohne Absage hat sitzenlassen. Als sie die wahren Gründe für sein damaliges Nichterscheinen erfährt, stürzt sie das in ein tiefes Gefühlschaos.

Nachdem sie ihn bei einer Feier ihrer Freunde Elly und Brandon unter dem Mistelzweig küsst, ist es um sie geschehen: Sie verliebt sich bis über beide Ohren. Doch Will hat sich geschworen, niemals eine feste Bindung einzugehen ...

Knisternde Romantik, warmherzige Charaktere und viel Drama - das alles bietet der zweite Band der romantischen New England Love-Reihe um die idyllische Kleinstadt Lynnwood Falls.

Anleser:
Annabella war ganz darauf konzentriert, sich auf der Straße zu halten. Selbst die Katzenaugen der Seitenbegrenzungen reflektierten schon nicht mehr, weil sie von einer weißen Haube bedeckt waren. Sie lenkte den Corolla in die Mitte der beiden Spuren. Dass sie dabei die Straße für sich allein brauchte, war ihr jetzt gleichgültig. Es gab sowieso nie viel Verkehr auf dieser Strecke nach Lynnwood Falls. Die verschneiten Kiefern links und rechts des Weges leuchteten hell aus der Dunkelheit und ließen die Äste, schwer vom Schnee, tief hängen. Nur der heftige Wind riss immer wieder Schneeberge von den Zweigen mit sich und ließ sie auf die Erde klatschen.
Wie können nur in so einer kurzen Zeit solche Schneemassen vom Himmel fallen?, schoss es ihr durch den Kopf. Und der Flockenwirbel schien kein Ende nehmen zu wollen. Die Anspannung in ihr wuchs, als die Räder das erste Mal fast unmerklich durchdrehten. Ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest hielt sie das Lenkrad umklammert.
„So viel Schnee!“ Matty staunte. „Immer mehr!“
Ja. Nicht auszudenken, wenn sie irgendwo in einem Funkloch vom Weg abkamen und im Wald landeten! Eingeschneit, keiner würde sie entdecken. Sie würden glattweg erfrieren. Schnell verdrängte sie die destruktiven Gedanken. Als sie an die Steigung kamen, ging sie vom Gas, um das Automatikgetriebe zum rechtzeitigen Herunterschalten zu bringen.
Bitte lass uns nicht stecken bleiben!, betete sie stumm, doch da drehten auch schon die Räder durch, und die Front rutschte zur Seite weg. Eilig nahm sie den Fuß vom Gaspedal, stieg vorsichtig auf die Bremse. Ein banger Moment des weiteren Rutschens, dann stand der Wagen und wurde nur noch vom Wind durchgerüttelt.
Sie schlug auf das Lenkrad. „Verflixt und zugenäht!“
„Du darfst nicht fluchen, Anni“, ermahnte Matty sie.
„Ja, ja, du hast ja recht!“, seufzte sie.
Vorsichtig legte sie den Rückwärtsgang ein und gab ganz langsam Gas, ließ sich die ersten Meter der Anhöhe wieder zurückrollen. Das Schneegestöber hatte ihre Spuren bereits komplett verwischt; die Schneedecke glitzerte jungfräulich im Licht der Rückscheinwerfer. Vorsichtig manövrierte sie den Wagen an die Seite. Hoffentlich traf sie die Ausbuchtung, die hier sein musste. Sie konnte die Begrenzungspfosten erahnen. Der Herzschlag hämmerte ihr in den Ohren.
„Müssen wir jetzt hier schlafen?“ Mattys Stimme klang dünn.
„Nein, wir … fahren gleich weiter. Ich ziehe kurz Schneeketten auf.“ „Kurz“ ist gut! Den nächsten Fluch verschluckte sie. „Ich lasse dir den Motor laufen, damit es hier drin nicht kalt wird.“
„Ich helfe dir“, bot sich Matty sofort hilfsbereit an.
Zuerst wollte sie ablehnen, doch warum nicht? Ein Paar zusätzliche Hände konnte sie gut gebrauchen. „Okay, danke!“
Der stürmische Wind riss ihr beinahe die Tür aus der Hand, als sie sie öffnete. Sofort wurde sie vom Schneeflockenwirbel verschluckt. In der eisigen Luft hatte sie Mühe zu atmen, als sie zum Kofferraum spurtete und die Schneeketten herausnahm. Die Kälte kroch sofort durch ihre Stiefel, unter ihren Mantel und in ihre Ohren. Sie war total durchgefroren, als sie sich – mit der Tasche in der Hand – wieder auf den Fahrersitz fallen ließ. Die Panik drohte sie zu überwältigen. Was, wenn sie es nicht schafften?
Mit klammen Fingern schaltete sie die Innenbeleuchtung an, bevor sie die Gebrauchsanweisung aus der Tasche nestelte und anfing zu lesen:
Günstig sind Handschuhe und eine Plane zum Hinknien!
Herzlichen Glückwunsch! Handschuhe hatte sie ja, aber wo sollte sie eine Plane hernehmen? Da fiel ihr ein, dass sie noch eine Einkaufstasche dabeihatte; die sollte es zur Not tun. Als sie den Rest der Gebrauchsanweisung überflogen hatte, atmete sie tief durch. Sie durfte nicht so viel Zeit verlieren, bevor sie hier noch einschneiten. Oder der Wind womöglich einen Baum umwarf und ihnen den Weg blockierte. Eine eisige Hand griff ihr bei dem Gedanken ans Herz.
„Okay, Matty! Zieh deine Mütze fest über die Ohren und lass die Handschuhe an!“ Sie schaltete die Taschenlampe an ihrem Handy an. „Du kannst mir dann leuchten, okay?“
„Okay.“ Matty strahlte.
Sie schaltete den Motor aus, schlang fröstelnd den Schal enger um den Hals und schlüpfte in die Handschuhe. Widerwillig öffnete sie die Tür. Das Schneetreiben und der heftige Wind ließen partout nicht nach. Das Auto war bereits in eine gut zehn Zentimeter hohe Schicht gehüllt. Sie sollte sich besser beeilen.
Matty strahlte mit dem Handy in die Luft und versuchte, Schneeflocken mit dem Mund aufzufangen.
„Leuchtest du mir, bitte?“ Sie blinzelte die Schneeflocken von den Wimpern, kniete sich auf die Einkaufstasche und wuchtete die Schneeketten über den Reifen. Von wegen Easy-Klick, fluchte sie innerlich. Auf dem Foto war der Reifen nicht dick mit einer Eiskruste bedeckt gewesen. Die Anspannung ließ sie ungeduldig werden.
Matty leuchtete schon wieder in den Wald.
„Kannst du den Lichtstrahl nicht endlich mal hierher richten?“, fuhr sie ihn an.
„Da war was! Vielleicht ein Elch?“ Er klang begeistert.
Die Anspannung ging mit ihr durch. „Das interessiert mich jetzt nicht die Bohne. Ich will diese verfluchten Schneeketten montieren, bevor wir hier noch erfrieren.“
Ob es ihr gereizter Tonfall war oder ob ihn die Anspannung generell auch ergriffen hatte, wusste sie nicht. Plötzlich wurde der sonst so gutmütige Matty aggressiv. „Ich leuchte doch!“
„Tust du nicht! Hier ist der Reifen, Herrgott noch mal!“, rutschte es ihr heraus.
Matty presste sich die Unterarme auf die Ohren. „Du sollst den Namen deines Herrn nicht missbrauchen! Und jetzt ist der Elch weg.“
„Es war bestimmt kein Elch, du weißt doch, dass die hier nicht so häufig sind. Vermutlich war es ein Weißwedelhirsch!“
„Du hältst mich doch auch nur für dumm wie alle anderen. Ich weiß, was ich gesehen habe! Ich finde ihn und werde es dir beweisen!“ Bevor sie reagieren konnte, rannte Matty in den Wald.
„Matty! Warte!“ Panisch sprang Annabella auf und folgte ihm zwischen den Kiefern hindurch. „Komm zurück! Bitte!“ Sie spurtete dem hüpfenden Lichtstrahl hinterher, der durch das Schneegestöber schwächer und schwächer wurde. „Du holst dir den Tod im Wald, bitte komm! Ich glaube dir ja!“
Ihr Blick war ausschließlich nach vorn gerichtet, um Matty nicht aus den Augen zu verlieren. So hatte sie vermutlich die Wurzel übersehen. Ein Ruck, gefolgt von einem stechenden Schmerz im Knöchel und sie schlug geradewegs längs in den Schnee ein, der zum Glück den Sturz dämpfte.
Als sie sich wieder aufrappelte, war das tanzende Licht verschwunden. Auch die Fußspuren wurden vom ständig fallenden Schnee getilgt.
„Maaattyyy!“ Vor Panik überschlug sich ihre Stimme. „Matty, hörst du mich? Komm zu mir!“
Doch das Einzige, was sie um sich herum wahrnahm, war das Pfeifen des Windes, ein gelegentliches Knacken, wenn ein Ast unter der Schneelast brach, und das gespenstische Aufleuchten ihrer Warnblinkanlage.
„Matty!“ Ihr Rachen schmerzte vom Rufen und dem eisigen Wind. Sie meinte, irgendwo einen kläglichen Laut zu vernehmen. „Matty! Wo bist du?“
Aus dem Augenwinkel nahm sie einen Lichtschein wahr. Ihr Kopf fuhr herum. Doch es war nicht Matty, da musste ein Auto kommen. Sie kämpfte mit sich, dann drehte sie um und rannte auf die Straße. Vielleicht hatten die Insassen eine starke Lampe dabei. Oder konnten zumindest Verstärkung rufen. Matty war ja mit ihrem Handy auf und davon.
Der Wagen, ein schwarzer Pick-up, hatte die Fahrt schon verlangsamt. Kaum war der Wagen zum Stillstand gekommen, war sie schon bei der Fahrertür und riss sie auf. Das Bellen eines Hundes und wohlige Wärme schlugen ihr entgegen.
„Sie müssen mir helf…“ Das Wort blieb ihr im Hals stecken. Will McGinty! Doch jetzt war nicht die Zeit, an den alten Zwist zu denken. „Bitte hilf mir!“

Blick ins Buch (Leseprobe)

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