31. März 2014

"Ein Licht hinter der Tür" von Janka Jakobi

Eine Reiseerzählung aus dem Jenseits. Nach einer Operation wacht Ursula nicht im Krankenhaus, sondern im Jenseits auf - und stellt fest: den Tod gibt es überhaupt nicht ... und 'der Tod ist eine echt einfache Angelegenheit'. Ursula trifft auf Celine, ihre Seelenbegleiterin, die sie an der Decke des Operationssaales in Empfang nimmt. Celine führt sie in eine neue Welt ein und begleitet sie durch beängstigende, verwirrende und beglückende Erlebnisse. Ursula gewinnt tiefe Einsichten in ihr Dasein, in ihre Existenz.

Ursulas Tochter Sabine versucht derweil im Diesseits mit ihrer Trauer zurecht zu kommen und den Nachlass ihrer verstorbenen Mutter zu regeln. Schließlich verarbeiten beide ihr gemeinsames Leben als Mutter und Tochter: Sabine im Diesseits, Ursula im Jenseits und zusammen in einer Zwischenwelt, die Sabine im Traum betreten kann.

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Leseprobe:
Ich bin ganz leicht. Geradezu beschwingt. Ich sehe alles von oben. Menschen in grünen Kitteln sind ganz aufgeregt. In der Mitte ist ein länglicher Tisch. Darauf liegt jemand. Neben dem langen Tisch steht ein kleiner Tisch. Darauf liegen allerhand Geräte. Messer, Skalpelle, Scheren und weiteres Werkzeug, das ich nicht näher zuordnen kann. Die Menschen in den grünen Kitteln, wahrscheinlich Ärzte, versuchen aufgeregt etwas mit demjenigen, der da auf dem Tisch liegt, zu machen. Ich träume wohl gerade von einer Operation. Kein Wunder bei den vielen, die ich jetzt schon hinter mir habe. Interessant ist, dass ich alles von oben betrachte. Lass sie nicht sterben. Bitte nicht. Sie hat bis hierhin so tapfer durchgehalten. Ritte nicht…Wessen Stimme ist das? Ich glaube, ich höre die Gedanken der im Raum anwesenden Menschen. Oh nein, sie wird es nicht schaffen. Ich frage mich, um welchen armen Teufel es sich da auf dem OP-Tisch handelt. Scheint nicht gut um ihn zu stehen. Plötzlich werden alle im Raum ganz ruhig. Seltsam. Ihre Bewegungen werden langsamer. Sie drehen an den Knöpfen der Geräte, die um den Tisch herum aufgebaut sind. Die Person auf dem Tisch ist durch mehrere Kabel mit den Geräten verbunden. Nachdem die Ärzte an den Knöpfen gedreht haben, entfernen sie die Kabel von der Person, dann ziehen sie ihr ein weißes Tuch über den Körper. Die Person auf dem Tisch scheint soeben gestorben zu sein. Ja, so kann es gehen. Ganz schnell. Ich sehe einen Mann, der sich seinen grünen Mundschutz langsam über den Kopf streift. Er sieht erschöpft und unendlich traurig aus. Ich zoome näher heran und erkenne Dr. Hilbig. Dr. Hilbig? Wen hat er denn da gerade operiert? Er sollte doch mich jetzt eigentlich unter seinem OP-Messer haben? Wieso hat er denn jemand anderen operiert? Ich versuche mich bemerkbar zu machen. „Dr. Hilbig? Dr. Hilbig…“ Aber er reagiert nicht.
„Er kann dich nicht hören.“, sagt eine Stimme links neben mir. Ich schaue mich um. Da ist eine Frau. Sie lächelt mich an. Wer ist sie? Sie kommt mir seltsam vertraut vor. Aber ich erkenne sie nicht. Ich habe sie noch nie in meinem Leben gesehen. Meint die wirklich mich? Oder ist da noch jemand? Aber sie scheint mich zu meinen. Wie ich schwebt sie in der oberen linken Ecke des Raumes. Ich bin irritiert. Das ist bestimmt noch die Auswirkung der Narkose. Man hört ja schon mal, dass man so allerlei Phantasien während der Narkose hervorbringt. Ich habe sogar mal gelesen, dass man dann alles von oben sehen kann.
„Nein, die Narkose ist es nicht. Du träumst auch nicht.“
Mir wird langsam mulmig. Was hat das hier alles zu bedeuten? Wer ist diese Frau?
„Die Person auf dem Tisch da, das bist du. Du bist soeben gestorben.“
„Ich? Blödsinn! Ich bin doch da! Hier….“, sage ich, und während ich an mir herunter sehe, bemerke ich eine leichte Durchsichtigkeit meines Körpers. Das muss eine sehr heftige Narkose gewesen sein.
„Doch Ursula. Du bist eben gestorben, aber wie du richtig feststellst, lebst du auch noch. Nur deine Zeit auf der Erde ist soeben abgelaufen“, sagt diese seltsame Frau nüchtern.
Ihre Lippen bewegen sich beim Sprechen keinen Deut, obwohl ich ihre Worte klar und deutlich höre. Aber was sagt sie denn da? Ich soll der arme Teufel da unten sein?
„Abgelaufen?“, frage ich, „Wie meinst du das?“ Ich stelle plötzlich fest, dass mein Körper nicht schmerzt. Er schmerzt seit den letzten sechs Monaten eigentlich dauernd. Außer wenn ich schlafe. Dann habe ich Ruhe. So wie jetzt.
„Du schläfst nicht. Du träumst auch nicht. Du bist nur gestorben. Du hast die Ebene gewechselt. Hier gibt es keine körperlichen Schmerzen. Deine Zeit ist soeben abgelaufen.“
Absurderweise fällt mir gerade jetzt die Zeile eines Sankt-Martin-Liedes aus meiner Kindheit ein: Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus. Rabimmel rabammel rabum bum bum …

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30. März 2014

'Rettende Engel' von Ingrid Glomp

Ein Kaha-Fischer-Krimi. Eltern sollen für ihre Kinder sorgen und sie beschützen. Rena Karst hat das nicht getan. Wurde sie deshalb ermordet? Kaha Fischer ermittelt im Mordfall Rena Karst, einer Frau, die ihre Kinder oft tagelang allein ließ. Wollte der Täter den Kindern helfen? Der Vater der Ermordeten ist Mitglied der „Rettenden Engel“, die sich militant für vernachlässigte Kinder einsetzen. Auch Sandra, eine engagierte Sozialarbeiterin, ist in den Fall verwickelt.

Gleichzeitig ruft der 17-jährige Cem, der einen Penner getötet haben soll, in Kaha Erinnerungen an seine eigene schwierige Jugend wach – und an die Menschen, die damals seine „rettenden Engel“ waren.

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Leseprobe:
„Noch einen auf den Weg und dann geh ich.“ Rena Karst hielt dem Wirt ihr Glas hin. Sie war eine zierliche Blondine, deren Haar schon bessere Zeiten gesehen hatte. Die Spitzen zerfaserten strohig und am Ansatz zeigte sich zentimeterbreit die natürliche braune Farbe. Rena war die einzige Frau in der heruntergekommenen Mannheimer Stadtrandkneipe. Trotzdem beachtete sie niemand.
Die Männer umlagerten die Theke. Sie grölten und lachten. Der Grund für die Feier war auf dem Tresen zu besichtigen: ein großer Berg Geldscheine.
Routiniert kippte Rena den Schnaps hinunter. Sie griff sich ein großes Bündel von Scheinen, drehte sich zu dem Mann neben ihr um, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leidenschaftlich.
Mirko Kerner, Ende zwanzig, genau wie Rena, umfasste sie und zog sie zu sich heran. „Ach, komm. Ein paar Minuten kannst du sicher noch bleiben. Jetzt geht’s doch erst richtig los.“
Rena entwand sich seinen Armen. „Nee, ich muss jetzt. Bis morgen.“
Sie stopfte das Geld in ihre Umhängetasche und trat aus dem Kneipendunst hinaus in die klare, kühle Nachtluft.

Die Musik in der Wohnung der Marewskis war voll aufgedreht und die Bässe wummerten so gewaltig, dass die Möbel und die Fensterscheiben zu vibrieren schienen. Im Fernsehen lief unbeachtet ein Sportsender. Der Herr des Hauses stand in der Küche im Unterhemd vor dem geöffneten Kühlschrank und schaute missmutig hinein. Dann brüllte er über die Schulter: „Verdammte Scheiße, wieso ist schon wieder kein Bier da? Wo bist du überhaupt, du Schlampe? Komm her, wenn ich mit dir rede.“
Nadine, seine Frau, tauchte aus dem Kinderzimmer auf und betrat zögernd die Küche. Hinter ihr versteckte sich ein kleiner Junge. Sie zeigte zaghaft auf die leeren Flaschen, die den Küchentisch bevölkerten. „Ich habe gestern erst Bier gekauft.“
„Und siehst du hier jetzt vielleicht welches? Kriegst du denn gar nichts gebacken?“
„Angelina war heute krank und da …“
„Das ist mir doch scheißegal, du dumme Kuh.“ Marewski zog seine Frau in die Küche und schubste sie gegen den Tisch. Einige der Flaschen kippten um und eine rollte vom Tisch und fiel auf den klebrigen Fußboden. Zu Nadines Erleichterung blieb sie ganz.
Marewski hatte inzwischen ein anderes Ziel für seinen Zorn gefunden. Er trat nach dem Jungen. „Und was machst du hier? Schlaf endlich. Bier und meine Ruhe, ist das denn zu viel verlangt?!“ Mit diesen Worten stürmte er aus der Wohnung und schlug die Tür hinter sich zu.
Nadines Blick wechselte von verängstigt zu hasserfüllt. Mit einem Klick der Fernbedienung stellte sie die Musik aus.

Rena Karst stöckelte mit unsicheren Schritten eine Straße zwischen heruntergekommenen Mehrfamilienhäusern entlang. Die wenigen Laternen, die noch funktionierten, weil die gelangweilten, steinewerfenden Jugendlichen der Siedlung sie verfehlt hatten, beleuchteten die Szenerie nur sporadisch. Zum Glück schien der Mond hell genug, dass Rena ihren Weg halbwegs ausmachen konnte. Die Schatten zwischen den Häusern und in den Hauseingängen hätten bedrohlich wirken können — wäre sie nicht zu betrunken gewesen, um sie wahrzunehmen. Sie unterschätzte die Höhe der Bordsteinkante, stolperte und wäre um ein Haar der Länge nach auf dem Bürgersteig hingeschlagen.
„Verdammt“, entfuhr es ihr und der Klang ihrer eigenen Stimme ließ sie aufschrecken. Doch dann zuckte sie die Schultern und betrat einen Trampelpfad, der quer über ein unbebautes Grundstück führte.
War da ein Geräusch hinter ihr? Schritte, ein Rascheln im hohen Gras?
Langsam, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, drehte sie sich um.
Das Gesicht kannte sie doch.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte sie genervt.
Einen Moment später zerriss ein Schrei die Stille.

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29. März 2014

"Durch Tod heilbar" von Bernd Niklas

Ein dramatischer Wissenschaftsroman. Was darf ein Leben kosten? Und Überleben um jeden Preis? Entfremdet uns vielleicht die moderne Medizin von unserer Menschlichkeit oder sind die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft die gesuchte Chance, die erhoffte Rettung? Sowohl für Sven und Heidi als auch für das Management der OnkoPharm AG sind diese Fragen plötzlich keine ferne Theorie mehr.

Sven steht auf der Sonnenseite des Lebens als eine Krebsdiagnose dieses bedroht. Seine Beziehung zu Heidi wird auf eine harte Probe gestellt, zumal Heidi gleichzeitig an zwei Fronten kämpfen muss. Ihr Arbeitgeber, die wirtschaftlich angeschlagene OnkoPharm AG, hat eine neuartige Krebstherapie entwickelt. Diese bahnbrechende Entdeckung der Krebsforschung könnte Svens Lebens retten. Gleichzeitig dürfte dadurch auch das wirtschaftliche Überleben der OnkoPharm AG gesichert sein. Allerdings wird schnell klar, die Therapie hat einen unerwarteten Haken. Und das führt alle Beteiligten in ein unlösbar erscheinendes Dilemma.

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Leseprobe:
Licht.
Gelb.
Nein … hell.
Ich sehe? … Weiß.
Aber wieso sehe ich?
Ich bin gar nicht müde.
Und … ich spüre … nichts!
Kein Brennen. Überhaupt keinen Schmerz.
Ich bekomme Luft … nicht künstlich, sondern echt!
Fühlt sich kühl und frisch an. Spüre … Ja! Keinen Schlauch!
Ich habe riesigen Durst. Tatsächlich? Hatte ich schon ewig nicht mehr.
Ob eine Wasserflasche hier ist? Da, ich hab den Kopf gedreht. Hab ich mich bewegt?
Aber ich empfinde doch nichts. Ich fühle überhaupt keinen Schmerz. Bin ich jetzt tot?
Das kann nicht sein! Die Luft hier riecht deutlich … nach … Putzmitteln und … ja, nach Schnee.
Ich sehe ein Fenster. Dahinter einen Park. Kahle Bäume, Sträucher und eine Wiese unter weißem Tuch. Zwei große schwarze Krähen, die über den Schnee stolzieren und orange Beeren von einem Busch zupfen.
„Sehen Sie“, die Stimme erschreckt mich. Ich erinnere mich an sie. Professor Hilbing. Der neue Arzt mit der neuen Therapie. Ich habe sein Kommen nicht bemerkt. „Hab ich es Ihnen nicht gesagt? Es gibt immer Hoffnung! Dank meiner Therapie werden Sie bald wieder draußen spazieren gehen können.“

... UND NICHTS IST MEHR WIE ZUVOR!
„Apotheke heute - Themenheft Krebs“:

>> Tumorleiden: Der Kampf gegen Krebs geht alle an!
Düstere Prognose - in wenigen Jahren doppelt so viele Krebskranke
Frankfurt. In Deutschland leben über 1,5 Mio Menschen mit einer Krebserkrankung! Tendenz steigend! Der Zuwachs beträgt, nicht zuletzt aufgrund optimaler medizinischer Diagnostik, seit 1980 bei Frauen +40 % und bei Männern sogar +85 %.
Jede Minute kommt ein Krebskranker hinzu.
Jährlich kommen über 500 000 Neuerkrankungen hinzu. Gleichzeitig sterben jedes Jahr weit mehr als 250 000 Menschen an Krebs. Damit ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Stand dabei vor 50 Jahren der Magenkrebs noch an erster Stelle, sind es heute der Brustkrebs der Frau und der Prostatakrebs des Mannes.
Weil 75% aller Patienten älter als 60 Jahre sind, könnte Krebs auf den ersten Blick leicht als Alterserkrankung erscheinen. Nur sollte man dabei nicht vergessen, dass gut 25 % der Patienten deutlich jünger sind. Und diese Menschen stehen noch voll im Arbeitsleben. Zu den hohen Kosten für die modernen Therapien addieren sich zusätzlich die Kosten des krankheitsbedingten Arbeitsanfalls. So wird klar, warum Krebserkrankungen diese immense volkswirtschaftliche Bedeutung haben. Nur eine Gesellschaft als Ganzes kann eine derartig hohe und wachsende Belastung tragen. Der Kampf gegen den Krebs lässt deshalb sowohl den einzelnen Menschen als auch ganze Volkswirtschaften leiden. <<

Landeanflug Düsseldorf, Sonntag, 18. Dezember, 13.20 Uhr
Fliegen kann also tatsächlich ein Vergnügen sein!
First Class. Hatte Heidi ihm geschenkt. Sie hatte ohnehin alles organisiert, die ganze Reise vom Flug über das Hotel bis hin zu dem besonderen Untersuchungstermin heute in der Uniklinik bei Prof. Dr. Dirk Unkelbach.
Sven genießt es, so zu fliegen, umgeben von diesem ihm ungewohnten und ungeahnten Komfort. Alles hier ist auf Wohlfühlen ausgerichtet. Die Stewardessen lesen ihm jeden Wunsch von den Lippen ab. Selbst der Sitz, sonst angesichts seiner stattlichen 1,95 m immer zu klein, ist echt klasse, ganz besonders in der Schlafposition. Kein Wunder, dass ihn deshalb die Stewardess vor ein paar Minuten hatte wecken müssen.
Wider Erwarten hatte ihn dieser Komfort den Anlass seiner Reise vergessen lassen und er hatte den Großteil des Fluges verschlafen.

Sven streckt und dehnt sich. Einen duftenden Kaffee, zwei Croissants und ein Glas frisch gepressten Orangensaft hatte die Stewardess lächelnd neben ihm abgestellt. Bisher hat er nur den köstlichen Geruch genossen, lediglich kurz am Kaffee genippt. Heiß, schwarz, stark. So mag er ihn. Allerdings muss er immer häufiger feststellen, dass er ihn nicht mehr verträgt und ihm schnell danach übel wird. Deshalb lässt er den Kaffee schweren Herzens stehen und isst die Croissants nur mit dem Orangensaft. Sven wischt sich eine blonde Strähne aus der sonnengebräunten Stirn, spielt immer wieder gedankenverloren mit dem Gummiband seines Pferdeschwanzes. Dabei ist sein Blick auf die Wolken vor dem Fenster gerichtet. Wirklich wahr nimmt er sie freilich nicht. Seine Gedanken drehen sich um die bevorstehende ärztliche Untersuchung. Er fühlt sich unbehaglich bei dem Gedanken daran. Anders als Heidi hält Sven es in seinem Innersten für möglich, dass die Diagnose der Ärzte in Kapstadt kein Fehler gewesen sein könnte.
Gänzlich in seine Betrachtungen vertieft, erfasst Sven nur am Rande, dass der Flieger sich langsam Düsseldorf nähert und die Landung bald bevorsteht.
Ein oder zwei Wochen nach Heidis letztem Besuch … Anfang Oktober … hat dieser Scheiß angefangen. Hab mich da weder richtig krank noch schlecht, lediglich tierisch schlapp gefühlt. O. K., übel war mir immer wieder. Und dann oft Durchfall.
Das kann Sven absolut nicht brauchen, nicht in seinem Job. Frühling und Sommer sind für Sven als Kitesurftrainer Hochsaison. Da verdient er das Geld zum Leben. Immer mehr vom Kitesurfen begeisterte US-Amerikaner und Europäer finden schließlich den Weg nach Kapstadt zum Bloubergstrand. Längst ist dieser tolle Sport kein echter Geheimtipp mehr.
Irgendwann hatte Sven es nicht mehr ausgehalten und war doch zum Arzt gegangen. Sein letzter Arztbesuch war da Jahre her. Er tastet nach der großen Narbe auf dem rechten Oberschenkel.

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28. März 2014

"Solom: Der Wanderprediger" von Scott Nicholson

Ein Roman, der das Gruseln lehrt. Die kleine Bergstadt Solom hütet das dunkle Geheimnis des Wanderpredigers Harmon Smith, der einst durch die Berge ritt, um die Menschen zu bekehren. Dann jedoch wurde er wegen seiner seltsamen religiösen Gepflogenheiten umgebracht. Seine Leiche liegt in drei verschiedenen Gräbern begraben. Obwohl er seit über hundert Jahren tot ist, haben die Solomer ihn nicht vergessen. Sie sitzen um den alten Ofen im Tante-Emma-Laden und erzählen sich flüsternd die alten Geschichten.

In der kleinen weißen Kirche beten sie dafür, nicht von ihm geholt zu werden, und sie müssen immerzu an ihn denken: beim Heumachen, bei der Maisernte, bei der Gartenarbeit. Denn vor kurzem ist eine geheimnisvolle Gestalt mit schwarzem Hut aufgetaucht, und des Nachts hallen Hufschläge aus der Ferne. Die schlummernden Geister von Solom sind erwacht. Die Ziegen werden unruhig. Mit vereinten Kräften wollen sich die Bergstädter gegen die dunkle Macht wehren, die sie zu zerstören droht. Denn Harmon Smith, der Wanderprediger, ist wieder da. Er ist gekommen, um alte Rechnungen zu begleichen. Und bezahlt wird mit Blut.

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Leseprobe:
Mäusedrecker.
Sarah Jeffers fegte mit dem Besen um den Ladentisch. Das gute Stück aus dunklem Ahornholz stand gleich neben der Eingangstür des Tante-Emma-Ladens von Solom. Wohl zwei Millionen Mal waren Geld und Waren über diesen Ladentisch gegangen, und das sah man ihm auch an. Die meisten Lampen waren schon ausgeschaltet, denn es war kurz vor Ladenschluss. All die Puppen, Werkzeuge, Kunsthandwerksartikel aus den Bergen und der ganze andere Plunder, der von den Deckenbalken herabhing, warfen lange Schatten an die Wand. Nach all den Jahren in diesem Laden war ihr der Geruch von Tabak, Holzofenrauch, Cola und Schuhwichse in Fleisch und Blut übergegangen.
Als das Geschäft eröffnete, erlebte die Stadt gerade ihre Blütezeit, kurz vor dem ersten Weltkrieg. Damals fuhr die Holzindustrie ihren großen Angriff auf die Laubhölzer der Gegend. Am Bahnhof war ein ständiges Kommen und Gehen. Mit der Eisenbahn waren auch Sarahs Großeltern aus Pennsylvania in die Berge gekommen. Die Jeffers – früher trugen sie den Familiennamen Jaffe – bauten den Laden praktisch aus dem Nichts auf. Sie sammelten Flusssteine für das Fundament, handelten und tauschten, um ihren Warenbestand zu vergrößern, ja sie zogen sogar ihre eigenen Arbeitskräfte heran. Sie waren Juden, aber das war den Leuten egal, denn sie hielten ihren Gottesdienst hinter verschlossenen Türen im Wohnzimmer ab. Hauptsache der Laden war samstags und sonntags geöffnet. Als auf den Hängen nur noch Stümpfe standen und die Holzfäller weitergezogen waren, schlossen die Sägewerke. Danach schien es, als liefen die Uhren rückwärts. Der Damm am Flussufer begann zu zerfallen, und die kleine Siedlung, die rund um das Sägewerk entstanden war, war nach und nach dem Verfall preisgegeben. Zwar gaben sich ab und zu die ersten Fords ein Stelldichein auf den staubigen Bergstraßen. Am Steuer saßen meistens Holzbarone, die nach ihren Investitionen sehen wollten. Dennoch waren vor allem Pferdefuhrwerke Zeugen des schleichenden Todes der Stadt. Als die Weltwirtschaftskrise kam, war Solom nur noch eine Durchfahrtsstation an der Virginia Creeper Eisenbahnlinie. Dann kam das Hochwasser von 1940 und riss den Bahnhof mit sich fort, ebenso wie ein Drittel der noch verbleibenden Gebäude und ein Dutzend Menschenleben.
Sarahs Großeltern waren im Abstand von wenigen Wochen gestorben. Ihre drei Kinder stritten sich darum, wer hier bleiben und den Laden fortführen musste. Sarahs Vater Elisha zog den Kürzeren. Er nahm sich unverzüglich eine Baptistin der alten Schule zur Frau, denn sie konnte Plus und Minus rechnen und wusste sich ruhig zu verhalten. Sie hieß Laurel Lee. Der Tante-Emma-Laden stand die ganze Zeit unbeirrt auf seiner kleinen Anhöhe über dem Fluss. Mit den Zeiten wandelte sich auch das Warenangebot. Tabakbeutel und Zigarettenpapier machten Platz für Marlboro Filterzigaretten, Lackritzstangen verschwanden aus den Regalen, die nun mit Schokoriegeln gefüllt wurden. Früher lag ein Versandhandelskatalog neben der Kasse, der es den Familien aus den Bergen ermöglichte, praktisch alles zu bestellen, was man auch im mondänen New York kaufen konnte, doch in der Clinton-Ära war der Katalog verschwunden und durch einen Computer ersetzt worden. Sarah traute dem Ding nicht. Sie nannte ihn »Schleimiger Willi« und hegte sogar den Verdacht, dass er ab und an einen Dollar verschlang. Und so blieb der Bildschirm schwarz, außer wenn Gretta Dienst hatte, die Studentin mit den dicken Knöcheln, die manchmal im Laden aushalf.
Der Computer war eines der wenigen Dinge, die etwas Modernität in den Laden brachten. Außer vielleicht noch die Unmengen an billigen Kunstgewerbsartikeln aus Fernost, die original und authentisch aussehen sollten. An der Wand hingen rostige Werbeschilder, Werkzeuge, die man auf dem Bauernhof brauchte, und Regale voller geriffelter Glasflaschen. All diese Dinge verstärkten den Eindruck, dass der Laden aus einer längst vergangenen Zeit stammte, als das Leben noch in Ordnung war. Sarah glaubte zwar selbst nicht an diese Illusion, aber sie verkaufte sie. Es war einfacher, sein Geld mit Sachen zu verdienen, für die die Leute gern etwas ausgaben, als immer wieder seinen paar Kröten hinterherzurennen.
Sarah war in dem Laden groß geworden. Sie hatte Staub gewischt auf den Regalen und in ihrem einfachen Baumwollkleidchen eingelegte Eier abgezählt. Sie erinnerte sich noch daran, wie das erste WC im Haus eingebaut wurde, so dass man nicht mehr aufs Klohäuschen rennen musste, um seine Notdurft zu verrichten. Damals war sie gerade mal vier, und sie hatte eine Höllenangst vor dem Rauschen der Wasserspülung gehabt. Aber noch fürchterlicher fand sie es, ihren nackten Hintern über das stinkende Plumpsklo im Aborthäuschen zu hängen. Schon damals war sie immer mit dem Besen unterwegs gewesen und hatte sich gewundert, was das für kleine schwarze Krümel waren, die zwischen den herumflirrenden Haaren und Zuckerkristallen, den Grashalmen und dem ganzen Dreck lagen.
»Mäusedrecker«, hatte Laurel Lee dann immer gesagt. »Für eine Maus ist ein Laden wie unserer das reinste Himmelreich.« Sarah hatte sich die Mäuse immer als glückselige Wesen vorgestellt, die unter den Dielen herumhuschten und deren einzige Sorge es war, wie sie es schaffen sollten, sich durch all die Säcke mit Saatgut zu knabbern und die Ecken der Cornflakespackungen aufzubeißen. Doch nachdem sie nun seit fast siebzig Jahren ihren verdammten Dreck wegkehren musste, war sie kurz davor, sie alle zum Teufel zu wünschen.
Wenigstens hatte sie jemanden, den sie für die komischen Geräusche in den Gängen verantwortlich machen konnte. Sie war nicht gern allein im Laden, aber das Geld reichte schon so kaum für die zwei Aushilfen. Und so hatte sie sich in den vergangenen Jahrzehnten die Zeit mit dem Besen vertrieben und die Beweise ignoriert, die ihre Ohren lieferten. Sie dachte einfach nicht an die Vogelscheuche. Über der Fliegengittertür läutete die Klingel. Es war zehn nach sieben, der Laden hatte zu, aber sie hatte die Tür nicht abgeschlossen. Vom Vordach fiel ein gelber Lichtstrahl auf den Eingangsbereich. Im Gegenlicht sah Sarah einen gewaltigen Schatten.

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27. März 2014

'Blut und Harz - Der Orden erwacht' von Timo Leibig

Thriller mit einem erfrischenden Mix aus Mystery und Fantasy. Ein verheerender Tornado fegt über die deutsche Hauptstadt, Großbritannien versinkt im Schneechaos und die spanische Küste wird von einem gewaltigen Tsunami überflutet. Doch den Hotelbesitzer und Investor Erik Ritter plagen ganz andere Sorgen: Ein kleines Kloster in Mittelfranken stellt sich seinem neuesten Hotelprojekt in den Weg, ein alter Bekannter taucht nach Jahrzehnten plötzlich wieder auf und Eriks Sohn Elias wird bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt.

Als dann auch noch ein osteuropäischer Auftragskiller nach Eriks Leben trachtet, gerät seine Welt aus den Fugen.

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Leseprobe:
Dichtes Blattwerk verbarg den Mönch vor neugierigen Blicken.
Mit seinem erdbraunen Überwurf und dem moosgrünen Untergewand war er hinter den Blättern nicht zu erkennen. Auf einem Schotterweg, nur wenige Meter entfernt, schlenderten Menschen an ihm vorbei, während die Sonnenstrahlen, die schräg durch das herbstliche Blätterdach fielen, bizarre Muster auf den Boden zeichneten. Kinder spielten auf der Wiese des Tiergartens Fangen. Ihre Eltern genossen die letzten Tage des lauen Herbstes und ließen sich von der Sonne kitzeln.
Doch all diese belanglosen Menschlichkeiten interessierten den Klosterbruder nicht, der seinen Blick ohne Hast von den Leuten abwandte und zielstrebig gen azurblauen Himmel wandern ließ. Kein Wölkchen war zu sehen. Der Mann schloss seine Augen.
Minuten vergingen.
Hunde bellten, das neckende Lachen eines jugendlichen Liebespaares drang zu ihm hindurch und für einen Moment hing der intensive Geruch nach Currywurst und Fritierfett in der Luft. Die Sonne fühlte sich warm auf seiner Haut an.
Als ein Windhauch die schlaffen Blätter wispern ließ, öffnete der Mann seine Augen und starrte erneut in den Himmel.
Wieder vergingen Minuten.
Schweigend beobachtete er im Schutz der Bäume und Büsche den Berliner Himmel. Nach einer scheinbaren Ewigkeit entdeckte er sie, die erste Kumuluswolke, ein weißer Wattebausch am Firmament. Er musste lächeln. Zärtlich berührte er nun mit der Linken die raue Rinde einer Buche, die sich hinter ihm in die Lüfte streckte. Die Borke war warm, als pulsiere Leben hindurch. Leise intonierte er Worte, Worte einer uralten Sprache, die fast niemand mehr kannte. Andächtig hob er seinen rechten Arm und deutete mit dem Zeigefinger auf das kleine, einsame Wölkchen. Langsam begann sein Finger zu kreisen. Einer Spirale folgend wurde der Weg immer länger, bis der Mann anfing, auch das Handgelenk mitkreisen zu lassen. Sein Blick war starr in den Himmel gerichtet, an dem sich mittlerweile mehrere weiße Fetzen sammelten. Sie vereinigten sich, wurden mächtiger, wuchsen an, wurden zu ersten Wolken. Leichter Wind kam auf und ließ die Blätter um ihn herum rascheln. Der entfernte Horizont verfärbte sich in ein milchiges Weiß.
Mittlerweile bewegte er den ganzen Arm und die Spiralbahn wuchs unaufhaltsam an. Eine Windböe streifte durch die Äste, ließ sie auf und ab wogen, und brachte den Geruch nach Regen mit sich. Wenige Sekunden später folgte die zweite - merklich stärker - und intensivierte den Geruch des nahenden Sturms. Als die dritte Böe die Äste wanken ließ, kauerte sich die Sonne hinter die sich auftürmenden Wolkenburgen. Damit erlosch die Wärme auf seiner Haut. Die Welt wurde schlagartig in Grau getaucht. Es wurde diesig, fast neblig anmutend nach dem blendenden Sonnenschein.
Der Mann bewegte mittlerweile den ganzen Arm und begann sogar mit dem Oberkörper die Kreise zu vergrößern. Der Radius wurde immer weiter. Sein Blick war immer noch auf die Wolkenmasse gerichtet, die immer dunkler wurde als mischte ein Maler beständig Schwarz hinzu. Als der Mönch mit seinen Bewegungen den größtmöglichen Durchmesser erreicht hatte, hielt er inne. Wie erstarrt, einer Momentaufnahme einer Kamera gleich. Er schloss die Augen. Seine gemurmelten Worte verstummten. Der Wind peitschte ihm die spärlichen, grauen Haare ums Gesicht.
Ein Herzschlag verging.
Andächtig nahm der Mann seine Linke vom Stamm des Baumes und öffnete wieder die Augen. Er wusste, was ihn erwartete: ein bleifarbener Wolkenhimmel, mehr schiefergrau, dessen unterer, wogender Rand bereits die Spitzen der höchsten Häuser Berlins streifte. Die Luft strotzte vor Feuchtigkeit und hinterließ einen ungesunden Geschmack von saurem Regen auf seiner Zunge. Schweiß stand ihm auf der Stirn.
Für einen letzten Moment genoss der Mann in der waldfarbenen Robe die Ruhe vor dem Sturm. Dann riss er beide Arme in die Höhe. Er ballte die Hände zu Fäusten, als packe er einen Gegner am Kragen. Seine Muskeln spannten sich unter dem wallenden Gewand. Mit einem Ruck ließ er sich auf die Knie fallen und wuchtete seine Fäuste in die noch warme Erde. Altes Laub wirbelte auf und Erdkrumen spritzten davon. Seine Hände rissen dabei den Himmel nach unten. Ein Wolkenfetzen löste sich und wirbelte als dunkler Sog dem Boden entgegen.
Noch bevor ein weiterer Atemzug seine Lungen füllte, brach der Tornado mitten auf der Straße des 17. Juni los.
Mit dem Tosen des Sturms setzten Schreie ein, klagende Rufe von Menschen, die sich plötzlich einem tödlichen Tornado gegenüber sahen. Kreischend stoben Besucher des Tiergartens in alle Richtungen davon, suchten ihr Heil in der Flucht. Mütter rissen ihre Kinder mit sich. Viele starrten paralysiert in den Himmel. Sie konnten nicht glauben, was sich abspielte. Ein Tornado in Berlin! Handys wurden gezückt, Kameras aus Hosentaschen genestelt, und alles in der Gier, das grausige Naturschauspiel zu dokumentieren.

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24. März 2014

'Die schmutzigen Geschäfte in der Verlagsbranche' von Alice Stein

Dieser Ratgeber soll sowohl begeisterte Leser als auch angehende oder bestehende Autoren, sowie Schriftsteller über die Hintergründe der Verlagsbranche informieren. Die Autorin gibt dabei zahlreiche Informationen aus ihrer eigenen Erfahrung weiter. Ein ausführlicher Teil beschäftigt sich mit wichtigen Hinweisen für alle, die selbst schreiben: Stolperfallen in Verträgen, unfaire Geschäftspraktiken, Literaturagenten bis hin zu Selbstvermarktungsstrategien für das eigene Werk.

Außerdem gibt sie noch brisante Insiderinformationen, die jeder wissen sollte, der gerne und oft Bücher kauft. Für Leser, die einen Blick hinter die Kulissen der Verlagsbranche werfen möchten.

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Leseprobe:
Meine erste Buchpublikation lief noch ohne weitere Schwierigkeiten ab. Ich hatte mir zwar wesentlich mehr von der Vermarktung erwartet, aber zumindest hatte ich mit diesem Verlag sonst keine negativen Erfahrungen gemacht. Entgegen meinen Erwartungen war es für meine folgenden Publikationen nicht einfacher, einen Verlag zu finden, im Gegenteil - es schien immer schwieriger zu werden. Ich dachte, mit dem ersten Buch wäre der Bann einigermaßen gebrochen, und von da an würde es schneller gehen. Doch es stellte sich heraus, dass die Zeit, die ich für die Verlagssuche brauchte, bei meinem ersten Buch noch am kürzesten war. Das mag auch daran liegen, dass ich häufig das Genre gewechselt habe. Alle meine Bücher bei ein und demselben Verlag zu publizieren, war daher nicht möglich.
Zuschussverlage kamen für mich nicht in Frage, denn diesbezüglich hatte ich bereits sehr viele Warnungen gelesen. Solche Angebote habe ich sofort abgelehnt. Doch dann unterlief mir ein entscheidender Fehler bei meiner dritten Buchpublikation. Ich ziehe diese nun vor, da es sozusagen der Auftakt der eigentlichen Schwierigkeiten war, und ich in diesem Zusammenhang sehr viel erkennen musste, was in der Verlagsbranche so abläuft. Bald darauf gesellten sich Probleme mit meinem zweiten Buch und meiner Softwarepublikation dazu, die ich davor abgeschlossen hatte.
Aber nun zu meinem dritten Buch und dem Fehler meinerseits bei der Verlagsauswahl, die Probleme in einem Ausmaß nach sich zog, wie ich es nicht erwartet hätte.
Aufgrund meines Exposés von meinem dritten Buch (Manuskript), das ich an verschiedene Verlage geschickt hatte, bekam ich von einem Verlag eine Zusage, und sie teilten mir mit, dass sie mir den Vertrag zuschicken. Sie waren äußerst interessiert. Das ist schon einmal sehr ungewöhnlich, denn selbst wenn ein Verlag an einem Thema sehr interessiert ist, so trifft er nie eine endgültige Entscheidung aufgrund eines Exposés, wohlgemerkt noch ohne Leseprobe. Ich hatte es verschickt, da ich vorab ein Interesse am Thema abklären wollte, und gegebenenfalls hätte ich danach mehr geschickt. In dieser Phase bekommt man von einem seriösen Verlag noch kein Vertragsangebot. Das gab mir schon einmal zu denken, und ich hatte den Verdacht, dass es sich um einen Zuschussverlag handeln könnte. Mein Verdacht hatte sich bestätigt, sie wollten 3000 Euro von mir. Dies stand zwar nicht im Vertrag, aber in einem Begleitbrief. Obendrein wollten sie sich vertraglich die Rechte an nachfolgenden Werken zu den gleichen Konditionen sichern, und zwar für die Dauer von sechs Jahren. Das ist natürlich ebenfalls nicht in Ordnung.
Aufgrund dessen war das Thema für mich erledigt, und ich erteilte diesem Verlag per Mail eine höfliche aber deutliche Absage. Damit gaben sie sich jedoch nicht zufrieden, sie wollten dieses Buch unbedingt. Ich muss dazu sagen, dass die Thematik dieses Buches zu dem Zeitpunkt sehr aktuell war, gleichzeitig aber noch so gut wie keine Konkurrenzbücher der gleichen Art auf dem Markt waren. Letzteres macht es für die Verlage oft schwierig das Verkaufspotenzial einzuschätzen, weil keine Vergleichswerte vorliegen. Aber das Buch hätte durchaus Potenzial gehabt, das sah wohl auch dieser Verlag so. Telefonisch gingen sie mit mir die einzelnen Punkte im Vertrag durch, mit denen ich nicht einverstanden war, und versuchten mit mir zu verhandeln.
Doch ich blieb unnachgiebig auf meinem Standpunkt. Ich hatte ja nichts zu verlieren, denn ich hatte diesen Verlag bereits abgehakt. Nach kurzer Rücksprache mit der Verlagsleiterin gaben sie mir in allen Punkten nach, sicherten mir zu, die Finanzierung alleine zu tragen, und stellten mir eine schnellst mögliche Veröffentlichung in Aussicht. Der Vertrag wurde dementsprechend geändert. Die rasche Veröffentlichung war übrigens der einzige Punkt, den sie tatsächlich eingehalten haben, wenngleich auch mit einer kleinen Verzögerung. Da ich ein ungeduldiger Mensch bin und ohnehin bereits fast ein Jahr wieder auf Verlagssuche war, war ich damit leicht zu ködern. Obwohl ich eigentlich stolz darauf hätte sein können, dass ich gut verhandelt habe, war ich es nicht. Mein erster Gedanke war: "Jetzt habe ich keinen Grund mehr abzulehnen" - aber ich hatte irgendwie ein ungutes Gefühl. Eigentlich hätte ich immer noch gerne "Nein" gesagt, doch ich hatte keinen rationalen Grund mehr. Hätte ich bloß auf mein Gefühl gehört. Aber das tat ich nicht, denn ich wollte mein Buch so bald wie möglich veröffentlicht haben, also redete ich mir meine Entscheidung schön und verdrängte das negative Gefühl.

Im Kindle-Shop: Die schmutzigen Geschäfte in der Verlagsbranche

Mehr über und von Alice Stein auf ihrem Blog zum Buch.

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18. März 2014

'Das Erbe der Carringtons (Lunadar 1)' von Betty Schmidt

Die Geschichte einer unerfahrenen Hexe.

Nach dem Tod ihrer Mutter entwickelt Sarah Lewis magische Fähigkeiten. Fasziniert von der neuen Welt, die sich ihr offenbart, findet sie jedoch heraus, dass das Leben einer Hexe nicht nur verführerisch, sondern auch tödlich sein kann.

Umgeben von Magie, Dämonen, Werwölfen, Vampiren und einem mysteriösen Verfolger, der sie einfach nicht in Ruhe lassen will, versucht sie, die Geheimnisse ihrer Vergangenheit aufzudecken. Darüber hinaus muss sie lernen, sich selbst zu verteidigen, um sich zu schützen und das Leben, und den Willen, des Mannes zu retten, in den sie sich mehr als nur ein bisschen verlieben könnte.

Gleich lesen: > > > Auf dem Kindle


Leseprobe:
Es war bereits dunkel. Nur der sanfte Schein der Straßenlaternen erhellte den Bürgersteig ein wenig. Ein leichter Wind wehte. Sarah Lewis zog ihre Jacke enger, um sich warm zu halten. Mit jedem Schritt schien es jedoch kälter zu werden. Oder war es gar nicht die Kälte, die sie beunruhigte? Sie war sich nicht mehr sicher. Vielleicht hätte sie nicht allein nach Hause gehen sollen? Es waren nur fünf­zehn Minuten zu Fuß von der Party, auf der sie gewesen war, bis zu ihrem Studentenwohnheim. Jetzt kam es ihr sehr weit vor.
Verunsichert sah sie sich um. Nichts. Nur Dunkelheit. Sie war allein. Langsam ging sie weiter, lauschte angespannt. Da war doch etwas. Hinter ihr. Abrupt blieb sie stehen. Schritte verhallten. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Eine Gänsehaut ließ sie erschauern. Hastig suchte sie die nächtliche Straße ab. Nichts. Bildete sie sich das alles ein? Vermutlich. Sie seufzte über sich. Dennoch ging sie schneller. Das unangenehme Gefühl wollte nicht von ihr ablassen.
Plötzlich hörte sie ein Knacken. Direkt hinter ihr. Leise nur. Für sie klang es laut wie ein Pistolenschuss. Erschrocken wirbelte sie herum und starrte in das von Dreck verschmierte Gesicht eines Mannes. Unter seiner Kapuze konnte sie nur einen grimmigen Mund erkennen. Ihr Herz fing an, laut zu schlagen. Blitzschnell griff er nach ihrer Tasche. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Wäre sie nicht so überrascht gewesen, hätte Sarah ihm die Tasche aus Angst überlassen. Stattdessen klammerte sie sich mit aller Kraft daran fest.
„Gib her, Göre“, rief der Mann und zog fester. Sarah konnte seinen nach Alkohol stinkenden Atem riechen.
Als sie immer noch nicht losließ, zog er ein Messer. Starr vor Angst, verfolgte sie die blitzende Klinge, die in rasender Geschwindigkeit näher kam. Sie kniff die Augen zu, ließ die Tasche los und betete, dass er sie nun in Ruhe ließ. Abgesehen von einem leichten Ziehen in ihrem Magen passierte nichts. Sie blinzelte zaghaft und sah sich um. Der Mann war verschwunden, die Gefahr gebannt.
Mit hämmerndem Herzen atmete Sarah tief ein und aus, bevor sie ihre Umgebung genauer wahrnahm. Verwirrt drehte sie sich einmal um ihre Achse. Der Raum wurde nur notdürftig von einer Straßenlampe durch das Fenster beleuchtet, dennoch erkannte Sarah, dass sie in ihrem Zimmer war. Das Ziehen in ihrem Magen fiel ihr wieder ein. Als sie es gefühlt hatte, war ihr nicht klar geworden, was es bedeutete. Sie hatte sich unbewusst in Sicherheit gebracht. Erleichtert atmete sie auf, schaltete das Licht ein und setzte sich auf ihr Bett.
Das Gesicht in den Händen vergraben, saß sie für einige Minuten still. Es war wieder geschehen. Seit Monaten passierten ihr bereits seltsame Dinge. Sarah konnte sich die Ereignisse nicht erklären und hatte sich immer gewünscht, sie würden aufhören. Diesmal war sie jedoch froh darüber. Der Mann hätte auf sie einstechen und sie töten können, wenn sie nicht wieder auf mysteriöse Weise von einem Ort verschwunden und an einem anderen aufgetaucht wäre.

Im Kindle-Shop: Das Erbe der Carringtons (Lunadar 1)

Mehr über und von Betty Schmidt auf ihrer Website.

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17. März 2014

"Zart besaitet" von Bianca Braxton

Ein Liebesroman. Eva Bauer, eine 26 Jahre junge Wiener Cellistin, die aus einer angesehenen Gemüsebauern-Familie stammt, erhält die Chance in New York am Broadway bei einem der bekanntesten Musicals mitzuwirken. Sie bricht alle Zelte in Wien ab und Ihre Leidenschaft, die Musik, führt sie über den Ozean, um sie dort mit dem Publikum zu teilen.

Kaum ist sie in den USA gelandet, wird sie schon in einen regelrechten Sog an Möglichkeiten gezogen und entscheidet sich, ihrem Herzen zu folgen. In New York warten neben Erfolg, Ruhm und Reichtum auch männliche Bekanntschaften auf sie.

Zwei Männer treten bereits nach einigen Tagen, in ihr turbulentes Leben. Jonathan und Juan fühlen sich beide von Evas starker Ausstrahlung magisch angezogen und es entfachen sich leidenschaftliche und von Liebessehnsucht geprägte Momente. Sie ist hin und her gerissen zwischen den beiden Männern und dem inneren Verlangen, Ihrer Berufung zu folgen.

Gleich lesen: > > > Auf dem Kindle

Leseprobe:
„Hier ist Ihr Schlüssel, Ms. Bauer. Schön Sie in unserem Hause begrüssen zu dürfen. Bleiben Sie wie geplant, die ganze Woche?“, fragte der Portier des Mittelklasse-Hotels in Manhattan, in das Eva Bauer gerade eincheckte. In gutem Englisch, antwortete sie: „Ja, ich bleibe bis zum Sonntag. Ab Montag habe ich ein Zimmer angemietet.“
Sie hatte dieses Hotel gewählt, da es im Theatre-District lag, und sie von dort aus all ihre Termine gut erledigen konnte, und ein wenig Einblick in New York City bekommen würde. Das letzte Mal war sie gute zehn Jahre zuvor in der Stadt gewesen, als junge Frau, mit ihren Freundinnen, um die Matura (österr. Abitur) zu feiern. Seither war viel Zeit vergangen, und sie hatte eine Ausbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien gemacht, und diplomiert. Es waren zwölf Semester, und sie hatte Glück es gemeistert zu haben. Einige ihrer Kolleginnen waren noch lange nicht fertig, und quälten sich weit über die normale Studienzeit hinaus. Eva hatte gewusst, sie würde es schaffen, doch blieb immer ein kleiner Zweifel der sie gerade in den letzten zwei Semestern immer wieder blockierte und Ängste in ihr hochwallen ließ. Die Erinnerungen an diese Zeit wollte sie in New York hinter sich lassen. Nach der Matura hatte sie sich nicht sofort dafür entschieden Cellistin zu werden, sie hatte auch keinen Druck seitens ihrer Eltern bekommen. Diese förderten ihre Fähigkeit und erkannten, dass sie ein Geschick besaß, das selten war, doch wussten sie auch, dass Eva eine sensible Persönlichkeit war, die man so sein lassen musste, wie sie war. Mit Gewalt hätte man ihr die Freude und die Sanftmut, die sie auch in der Musik so feinsinnig vermittelte genommen, und so hielten sie sich zurück. Sie boten ihr an, im großen Gärtnereibetrieb am Stadtrand mitzuhelfen, und sich eigenes Geld zu verdienen. Das tat sie mit Freude. Sie war schon seit ihrer Kindheit involviert. Ein Teil des Unternehmens wurde von ihrer Mutter geführt, die sich um Blumen und Gestecke kümmerte. Den anderen Teil, führte der Vater. Er baute auf einem Feld in Niederösterreich Karotten und Spargel an. Sie hatten auch zwei Gewächshäuser, in denen sie Gurken und Kräuter anbauten. Ein dutzend Mitarbeiter waren alleine in den Häusern und im Handel beschäftigt, und noch etliche Saisonarbeiter am Feld. So konnte sie sich immer aussuchen, wo sie gerade mithelfen wollte und welche Art von Tätigkeit sie bevorzugte. Sie schonte allerdings so gut sie konnte ihre Finger, denn Abends spielte sie fast immer ein bis zwei Stunden Cello, um in Übung zu bleiben.

Das wundervolle Violoncello, das man auch als kleinen Bass bezeichnete, hatte sie schon als zwölfjähriges Mädchen begeistert. Sie durfte mit ihrer Mutter in den großen Konzertsaal in der Wiener Innenstadt zu einem Konzert der italienischen Gruppe „Rondo Veneziano“ mitgehen, und war begeistert von den Streichern. Die Gruppe brachte zwar eigene Variationen und spielte alles in abgewandelter Form, aber dennoch brachte es Evas Blut in Wallung. Das ruhige Mädchen war tagelang aufgekratzt, bis ihre Mutter Heidemarie, ihr vorschlug, sich über Geigenunterricht zu informieren. Die Lehrerin mit der sie einen Termin vereinbart hatten, war auch mit dem Cello vertraut und Eva war sofort von diesem Instrument und seinem Klang begeistert. Von da an, war das Cello nicht mehr aus ihrem Leben wegzudenken. Anfangs dachten Evas Eltern, vorallem ihr Vater Karl, es wäre nur eine vorübergehende Begeisterung, so wie dies bei Kindern öfter der Fall ist, doch wurden sie eines Besseren belehrt. Sie ließ alles andere liegen und stehen, damit sie Zeit fand, sich mit dem Üben zu beschäftigen. Und die Musik bildete ihren Charakter zunehmend.
Sie wurde sattelfest in vielen Stücken, und dadurch gewann sie auch an Selbstvertrauen im Alltag. Es war alleine ihre Entscheidung, die Schule bis zur Matura zu besuchen. Ihre Eltern ließen ihr die Wahl. Sie hätten es genauso begrüsst, wenn sie in den Familienbetrieb eingestiegen wäre und eine Lehre als Floristin oder für den Einzelhandel begonnen hätte.
Und nun war sie hier in New York gelandet, mit ihren knapp sechsundzwanzig Jahren und hatte mehrere Engagements bekommen. Sie würde am Broadway im Orchester für „The Lion King“ spielen und sollte fix bei einer Bankers-Familie zwei Teenager unterrichten. Ihre Lehrerin war Teil eines großen Künstlernetzwerkes und hatte erfahren, dass ein Cellist wegen familiären Angelegenheiten aus dem Ensemble aussteigen musste. Da es sehr dringlich war und auch die Ersatz-Cellistin nur eine gewisse Zeit aushelfen konnte, aufgrund einer langfristig vorgeplanten Tournee, wurde Eva die Chance eingeräumt. Das war wieder einer der Glücksfälle, die sie bereits in ihrer Studienzeit erlebt hatte. Ihre Lehrerin meinte nur: „Kindchen, Du bist mit Leib und Seele eine Cellistin und Gott hat Dir dieses Talent gegeben, damit Du viele Leute damit berührst. Und wenn Gott nunmal für Dich ist, dann werden es letztlich alle sein.“ Sie hatte daher auch sofort an Eva gedacht und sie empfohlen und ihre Webseite weitergeleitet. Dort gab es einige Links zu Videos, auf denen man Auftritte in Wien ansehen konnte, bei denen sie mitgewirkt hatte. Sie spielte hier und da in Kirchen und auf Festivitäten, aus reinem Vergnügen und um das Lampenfiebergefühl zu spüren. Noch eine Besonderheit, die ihr scheinbar in die Wiege gelegt worden war. Sie war zwar sehr aufgeregt und zappelig vor einem Auftritt, aber das Publikum war ab dem Moment, als sie sich auf ihren Stuhl setzte, für sie einfach nicht mehr anwesend. Sie konnte es niemandem richtig erklären, aber sie war auf ihrer Klangwolke und die bestand nur aus Liebe, dem Cello, das sie liebevoll „Archibald“ nannte, und ihr. Wenn sie dann den Applaus hörte, kam sie erst wieder zurück von ihrer speziellen Reise. „Behalte Dir das bei, Eva! Du kannst völlig abschalten und bist ganz in Deiner Seele, das wird Dir helfen, egal wie groß Dein Publikum je sein wird.“, gab ihr Frau Heidenreich, ihre Cello-Lehrerin mit, und schickte sie somit auf die Reise übers Meer, weit weg von Wien, ihren Eltern und dem Gärtnereibetrieb, und weit weg von ihren Freunden.
Da Eva in den letzten zwei Jahren keine Beziehung gehabt hatte, gab es auch keinen Mann, den sie hätte vermissen können. Sie broch also ihre alten Zelte ab und baute neue Zelte in den USA auf. Und nachdem sie rein aus Spaß gut eineinhalb Jahre zuvor bei der „Green Card-Lottery“ mitgespielt hatte, und auch noch eine Card gewonnen hatte, benötigte sie keinerlei andere Aufenthaltsgenehmigungen und musste sich um nichts kümmern. Markus, ihr Kollege aus Studienzeiten, hatte ein wenig neidisch gemeint: „Du bist mir Eine. Wettest mit Deinen Freundinnen, Du würdest sicher eine Green-Card bekommen, wenn Du es Dir wünscht, verwettest die Gage vom kleinen Badener Musik-Reigen und gewinnst dann auch noch. Irgendwie schnalle ich das nicht. Und damals hattest Du doch noch nicht mal den Ansatz einer Idee, nach New York zu gehen? Du bist mir ein Rätsel Eva!“ Sie hatte im Nachhinein erfahren, dass sie zwar als Künstlerin eine Art Sonderbehandlung bekommen hätte, aber die Green-Card war doch das Beste, was ihr passieren konnte. Sie war einfach nur frei.

Im Kindle-Shop: Zart besaitet

Mehr über und von Bianca Braxton und weitere Kurzromane auf der Website der "One Moment Edition".

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16. März 2014

'Rachezwang' von Michael Linnemann

Der achte Teil der "Rache"-Thriller mit einem neuen Fall für Nora und Tommy.

Innerhalb weniger Tage erschießt ein Heckenschütze mehrere Frauen in Göttingen. Anfangs sieht es für die Hauptkommissare Nora Feldt und Thomas Korn danach aus, dass der Täter die Opfer wahllos getötet hat. Dann finden sie jedoch eine entscheidende Verbindung zwischen den Frauen, wodurch sie auf die Spur des mutmaßlichen Mörders stoßen.

Doch noch während sie ihn jagen, nimmt der Fall eine plötzliche Wendung – und Nora und Tommy müssen einsehen, dass es um viel mehr geht als um einen wahnsinnigen Heckenschützen …

Gleich lesen: "Rachezwang - Der neue, achte Fall für Nora und Tommy" von Michael Linnemann

Leseprobe:
Vor ihrem inneren Auge sah sie das Blut bereits aus der Wunde fließen. Die rote Farbe hypnotisierte sie. Sie konnte ihren Blick kaum abwenden. So wunderbar war der Anblick.
Wenn bereits meine Vorstellung von dem Mord so unbeschreiblich ist, wie muss sich dann erst die richtige Tat anfühlen? Ich kann es mir kaum ausmalen. Wann kommt er endlich zurück? Wann kann ich ihm das Messer in seine Brust jagen?
Beate Hinterthal tippte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Ihre Fußspitzen wippten seit geraumer Zeit auf und ab. Ihr Herz pochte von Minute zu Minute schneller. Sie wusste, dass es absoluter Irrsinn war, den Mord zu begehen. Aber es musste sein. Es gab nun einmal Dinge, die sie sich nicht bieten lassen konnte. Von niemandem. Mochten die Konsequenzen auch noch so grausam sein – manchmal musste ein Mensch zum äußersten Mittel greifen.
Ihr Blick fiel auf die Küchenuhr. Es war kurz nach 19 Uhr an diesem tristen Novembertag. Draußen war es bereits dunkel. Nur die Straßenbeleuchtung spendete ein wenig Licht. Allerdings war ausgerechnet die Lampe, die vor Beates Haus stand, seit einigen Tagen defekt. Zwar hatte Beate schon bei der Stadt angerufen, aber die Verantwortlichen schienen Wichtigeres zu tun zu haben, als sich darum zu kümmern. Kaffee trinken und dummes Zeug reden, vermutete Beate. Noch vor ein paar Wochen hätte sie sich richtig darüber aufgeregt. Sie regte sich liebend gerne über alle möglichen Sachen auf. Dabei bedeutete es ihr nicht einmal wirklich etwas, ob die Straßenlaterne funktionierte oder nicht. Vielmehr war sie von Natur aus eine aufbrausende, streitsüchtige Person. Das wusste sie selbst. Aber sie konnte es nicht ändern. Es lag in ihren Genen, sich immer über Kleinigkeiten auszulassen. Ihre Bekannten und Nachbarn konnten ein Lied davon singen.
Heute scherte es Beate jedoch nicht, dass wieder ein Tag verstrichen war, ohne dass die Beamten von der Stadt aufgekreuzt waren, um die Lampe zu reparieren. Wenn Beate ehrlich war, dann hatte sie sogar schon in der letzten Woche keinen Gedanken mehr daran verschwendet.
Seit dem Tag, an dem sie beschlossen hatte, eine Mörderin zu werden.
Nach einem weiteren Blick auf die Uhr trat sie vor das Fenster und schaute hinaus. Direkt vor der Haustür brannte eine kleine Lampe, die den Ausfall der Straßenlaterne zumindest ein wenig kompensierte. Dank der Lichtquelle konnte Beate alles sehen, was sie sehen wollte: Die Garage, den Vorgarten, den Kiesweg.
Noch war allerdings nichts von Werner zu sehen. Weder bei der Haustür noch bei der Garage. Wie üblich verspätete er sich. Als Steuerberater arbeitete er eigentlich von 8 Uhr morgens bis 17 Uhr abends. Dann fuhr er meistens direkt nach Hause. Doch seit ein paar Wochen war es anders. Er kam frühestens um 18 Uhr heim. Natürlich wusste Beate, woran das lag. Ihr war schmerzlich bewusst, was Werner ihr antat. Es war das typische Klischee. Dummerweise war an einem Klischee aber immer viel Wahres dran. Und Werner bewies das – vermutlich mit vollem Körpereinsatz – jeden Abend aufs Neue. Zu Beginn hatte Beate noch gehofft, dass es eine harmlose Erklärung für seine Verspätungen geben würde. Mit der Zeit war sie jedoch zu der Erkenntnis gelangt, in einer Traumwelt zu leben.
Letztlich hatte sie den Entschluss gefasst, dem ganzen Treiben ein Ende zu setzen.
Eine Scheidung kam für sie nicht in Frage. Sie wollte Werner vernichten. Das hatte er nach der Demütigung verdient. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben. Zumal er wusste, wozu Beate fähig war. Demnach hätte er sich denken können, was sie mit ihm anstellen würde, sobald sie von seiner Untreue erfuhr. Hatte er darauf spekuliert, dass sie es niemals erfahren würde? War er so naiv und dumm? Kaum jemand konnte eine Affäre vor seinem Partner verheimlichen. Schon gar nicht über einen langen Zeitraum hinweg.
Warum hatte Werner das nur gemacht? Gab Beate ihm nicht alles, was er wollte? War er mit ihr nicht immer glücklich gewesen? Verschaffte die Affäre ihm einen Kick? Es musste wohl so sein. Eine andere Erklärung konnte Beate sich nicht denken. Er schien sich dadurch stark zu fühlen. Typisch Mann.
Doch schon bald würde er nichts mehr fühlen. Gar nichts mehr.
Wieder sah Beate das Blut aus der Wunde fließen. Sie stieß ihm das Messer immer tiefer in die Brust. Mit Genugtuung schrie sie auf, während Werner völlig überrumpelt nach hinten taumelte.
Noch stand Beate aber am Fenster. Ungeduldig. Lauernd. In wenigen Minuten würde Werner in seinem Mercedes die Auffahrt hochfahren, das Garagentor öffnen und den Wagen abstellen. Dann käme er mit einem unschuldigen Dackelblick über den Kiesweg, um anschließend die Haustür aufzumachen. Ein letztes Mal müsste Beate dann sein scheinheiliges ‚Schatz, ich bin wieder da!’ hören. Denn schon im nächsten Moment würde sie auf ihn losstürmen und ihn ermorden. Möglicherweise hätte er noch genug Zeit, um die Haustür wieder zu schließen. Ja, das wäre vermutlich sogar besser, damit es garantiert keine Zeugen gab. Zwar würde bei den kalten Temperaturen sowieso niemand draußen sein, aber sicher war sicher.
Und dann wäre Beate so gut wie frei. Mit Genuss würde sie Werner bei seinem Todeskampf betrachten. Die weit aufgerissenen Augen. Der ungläubige Blick. Die Panik. Er wüsste nicht, was in sie gefahren war. Und er würde es auch niemals erfahren. Beate war sich sicher, dass er nach dem Messerstich höchstens noch zehn Sekunden leben würde. Je nachdem, wie gut sie ihn traf. Lange Zeit hatte sie überlegt, ob sie ihm die Klinge direkt ins Herz jagen sollte, um ihm einen schnellen Tod zu schenken. Aber den Gedanken hatte sie schließlich verworfen. Werner sollte leiden. Er sollte den Schmerz so intensiv und so lange wie möglich spüren. Insgeheim hoffte Beate, dass die Sekunden nach dem Stich die gebündelte Pein widerspiegelten, die er ihr in den letzten Wochen angetan hatte. Auch wenn psychisches Leid nicht mit physischem Schmerz gleichzusetzen war, wünschte Beate sich auf die Weise den größtmöglichen Horror für ihren Ehemann.

"Rachezwang" im Kindle-Shop

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15. März 2014

"Verplant verliebt" von Kerstin Böhm und Ulrike Wronski

Marie hat einen Plan, doch die Liebe hält sich nicht daran. Die 29-jährige Marie liebt geordnete Strukturen. Sie arbeitet als Business Analyst in einem Stuttgarter IT-Konzern, kocht nur nach Rezept und hält sich bei der Suche nach ihrem Traummann an eine Liste mit No-Gos. Darin steht: Nichts mit einem Kollegen anfangen, bloß keine Onlinedates, keine Karrieremenschen, keine Raucher und keine Tattoos.

Als ihr Exfreund heiratet, wirft Marie ihre Vorsicht für einen Abend über Bord und schleppt Karlo ab. Von ihm weiß sie nur, dass er in einem Matrosenkostüm verdammt gut aussieht. Was sie nicht weiß: Er wird ihr Leben gehörig durcheinanderwirbeln.

Gleich lesen: Verplant verliebt



Leseprobe:
Marie öffnete die Augen und ihr Kopf signalisierte: Eine Bewegung und ich zerspringe! Also hielt sie still. Sie hörte jemanden neben sich atmen und die Neugier siegte. Millimeter für Millimeter drehte sie ihren Kopf nach rechts, bis sie im Augenwinkel einen Mann mit kurzen dunkelblonden Haaren erblickte. Der Matrose.
Die Erinnerung kam zurück: seine grauen Augen, die sie festhielten, die Überwindungskraft, die es sie kostete, seinem Blick nicht auszuweichen, und das Erstaunen über ihre eigenen Worte, als sie Karlo bat, sie nach Hause zu begleiten. Er begleitete sie nicht nur, sondern trug sie auf Händen. Zunächst die Treppe hinunter, als er merkte, dass sie mit ihrem Fischschwanz nur Trippelschritte machen konnte. Dann hob er sie vor sich aufs Fahrrad und fuhr mit ihr zwei Straßen weiter zu ihrer Wohnung. Der laue Sommerwind löste ihre Haare vom Nacken und brachte angenehme Abkühlung. Sie hielt sich mit einer Hand am Lenker fest und schlang die andere um seinen Oberkörper. Mehrmals wären sie fast umgekippt und ihr Lachen hallte durch die leeren Straßen des Stuttgarter Westens.
Nachdem er sie in ihre Wohnung getragen hatte, lief es anders, als sie sich einen One-Night-Stand vorgestellt hatte: Statt sich hastig auszuziehen, hatte Karlo sie in den Arm genommen, gedankenverloren mit ihren Haaren gespielt und sie dann quälend langsam aus dem Kostüm geschält. Was dann folgte, ließ sie jetzt noch erröten.
Sie beobachtete Karlo. Seine Gesichtszüge waren entspannter als am Abend zuvor. Der Anker klebte noch immer unversehrt auf seinem Oberarm. Sie streichelte vorsichtig darüber und erschrak: Das Ding war echt! Hatte sie Paula nicht erst gestern erzählt, ein Tattoo wäre für sie ein No-Go bei der Männerwahl? Sei’s drum, es war ja nur ein ganz kleiner Anker.
Und nun? Marie hatte keine Ahnung, was die One-Night-Stand-Etikette jetzt von ihr verlangte. Kuscheln am Morgen? Gemeinsames Frühstück? Oder sollte sie ihm die Möglichkeit geben, unauffällig zu verschwinden? Gestern hatte ihr Sicherheitsbedürfnis dafür gesorgt, dass sie zu ihr nach Hause gegangen waren. Jetzt wusste sie nicht, wie lange sie die Gastgeberin zu spielen hatte.
Marie entschied, beim Zähneputzen in Ruhe darüber nachzudenken und rutschte vorsichtig unter der Decke hervor.

Karlo erwachte, als Marie gerade aus dem Bett stieg, und blickte ihr verschlafen hinterher. Die rote Mähne kringelte sich über ihren Rücken und bildete einen reizvollen Kontrast zur hellen Haut. Ihr Hintern wiegte sich im Rhythmus der Schritte. Noch vor wenigen Stunden hatte er die vollen Rundungen unter seinen Händen gespürt. Was für eine Nacht! Damit hatte er nicht gerechnet. Sonst blieb er nie bis zum Morgen, doch dieses Mal war er tatsächlich eingeschlafen. Auch jetzt verspürte er kein Bedürfnis abzuhauen. Er wollte Marie wieder zurück ins Bett ziehen, aber sie schien andere Pläne zu haben und verschwand aus dem Zimmer. Er beschloss, erst einmal abzuwarten. Vielleicht kehrte sie gleich zurück.
Zehn Minuten später öffnete Marie vorsichtig die Tür. Sie war in einen weißen Frottee-Bademantel gehüllt. „Guten Morgen. Kaffee ist gleich fertig. Willst du kurz ins Bad?“
Noch lieber wollte Karlo sie aus ihrem Bademantel schälen. Er schlug die Bettdecke zurück, stand auf und ging langsam auf sie zu. Er spürte, wie ihr Blick seinen nackten Körper hinunterglitt, bevor sie verlegen auf den Boden schaute. Karlo fasste nach ihrer Taille, zog sie an sich und platzierte einen Kuss auf ihren Mund.
Sie sah ihn überrascht an, wich einen Schritt zurück und wies mit einer Hand auf die Tür am Ende des Flurs. „Dort ist das Badezimmer.“
Karlo musste über ihre Schüchternheit schmunzeln. Letzte Nacht war davon nichts zu spüren gewesen. Vielleicht würde sie beim Frühstück etwas auftauen.
Er ging ins Bad und stieg unter die Dusche. Während das Wasser über seinen Körper rann, hörte er ein Kratzen an der Tür und das Quietschen der Klinke. Hatte es sich Marie anders überlegt?
Karlo wartete, doch nichts passierte. Er spähte hinter dem Duschvorhang hervor: Kalte Luft wehte durch den offenen Türspalt herein. Zu sehen war niemand. Dann hörte er ein leises Schnurren direkt vor sich und blickte nach unten.
Auf dem Vorleger saß eine schwarze Katze, die ihn erwartungsvoll anblickte.
„Was machst du denn hier?“ Karlo stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und knotete das Handtuch um die Hüften.
Die Katze schlich um seine Beine und schnurrte lauter.
Plötzlich steckte Marie ihren Kopf durch die Badezimmertür. „Ist Simba vielleicht hier? Sie kann dummerweise Türen öffnen.“
Als sie ihre Katze erblickte, eilte sie auf Karlo zu. „Tut mir leid, ich hoffe, sie hat dich nicht verletzt.“
„Meinst du nicht, dass ich mit einem schwarzen Wollknäuel fertig werde?“ Karlo nahm die Katze auf den Arm.
Marie starrte mit großen Augen auf Simba, die genießerisch ihren Hals reckte. „Das verstehe ich nicht. Sonst faucht sie jeden männlichen Besucher an und bei dir schnurrt sie und verschmäht sogar ihr Frühstück. Wie hast du denn das gemacht?“
„Frauen zum Schnurren bringen?“ Karlo zog eine Augenbraue hoch und lächelte anzüglich.
„Oh, bitte! Verschon mich damit!“ Marie griff eines der Handtücher und warf es lachend in seine Richtung.
Auf so eine Aufforderung hatte Karlo nur gewartet. Er zog sein Handtuch von der Hüfte und machte einen Schritt auf sie zu. „Bist du sicher, dass ich dich verschonen soll?“

Im Kindle-Shop: Verplant verliebt

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10. März 2014

"7 Kreuzer schieferblau" von Guido Seifert

Kurzgeschichten aus dem Leben eines Arbeitslosen.

In sieben tragikomischen Episoden führt Guido Seifert den Leser an die unterschiedlichsten Orte, zum Beispiel in die Räumlichkeiten einer privaten Arbeitsagentur, in ein Briefmarkenfachgeschäft oder schlicht in eine Kneipe.

An die Stelle von Hartz-IV-Tristesse setzt der Autor hintergründig-humorvolle Texte, die zwischen satirischer Überzeichnung und scharf beobachteter Alltagswirklichkeit pendeln.

Gleich lesen: "7 Kreuzer schieferblau" von Guido Seifert




Leseprobe:
»Haben Sie schon mal an eine Versteigerung gedacht?«, versuchte Hammacher dem Sachsen-Steffen gut zu tun.
»Versteigerung?«, war in Steffens Gedanken offenbar nie aufgeblitzt.
»Die nächste haben wir hier im Januar im Hause. Ich kann Ihnen allerdings nicht versprechen, dass Sie da mehr erzielen, als ich Ihnen zahlen könnte.«
»Versteigerung, Versteigerung …«, spielte Steffen mit dem Wort.
»Alle mit Falz«, meckerte der Alte dazwischen.
»Aber das war doch so üblich damals!«, konterte Steffen geschickt.
»Das gilt für die Württemberger und Schleswig-Holsteiner Marken«, nörgelte der graue Knecht, »aber nicht für die Danziger. Da hat man schon in Einsteck-Alben gesammelt. Praktisch will ein Sammler nur postfrische Marken, nur postfrische, postfrische, anspruchsvoll, alle anspruchsvoll geworden.«
»Ich weiß ja nicht, was Sie sich da ausgerechnet haben«, und Hammachers Hand wies zärtlich-gelassen, geradezu herrschermild auf die Nadeldruckerliste, die Steffen in der tapferen Pranke hielt. »Ob Sie da jetzt zweitausend Euro Michelpreis errechnet haben oder was …«, und da, siehe, öffnete sich Steffens Miene, Glanz und Herrlichkeit tummelten sich um Augen, Nase, Mund. Obschon Hammachers letzter Satz zweifelsfrei negativ zu deuten war, in dem Sinne, dass ein von Michel abgeleiteter hoher Verkaufspreis als abwegig betrachtet werden müsse, war doch erstmals eine konkrete Zahl genannt worden, und die lautete gleich zweitausend. Mir schien, dass allein dieses Zahlwort Steffen in zeitaufhebende Verzückung schickte, ja, seine Miene erstillte sanft im Glück einer Vorfreude, die zwar auch mit den zweitausend Euro nicht rechnete, aber ihre Genese wohl der Vorstellung verdankte, dass mit jener magischen Zahl der Ausgangspunkt weiterer Verhandlungen gesetzt worden sei.
»Was würden Sie sagen, Herr Hockauf?«, forderte Hammacher eine realistische Zahl.
»Tja, also, alles zusammen –?«, und der alte Gauner wiegte bedenklich den Graukopf. »Nicht mehr als vierhundert«, stand er für die Geschäftsinteressen der Hammacher GmbH ein. Ich sah, wie Steffens Lippen diese neu ins Spiel gebrachte Zahl lautlos wiederholten.
»Vielleicht denken Sie ja wirklich einmal über eine Versteigerung nach«, bewies Hammacher, wie leicht er auf dieses Geschäft verzichten konnte. »Sehen Sie, wirklich gute Exemplare sind kaum dabei. Es ist schwer, sehr schwer, das zu verkaufen.«
»Also«, forderte Steffen jetzt roh, »was zahlen Sie?«
»Dreihundert Euro kann ich Ihnen geben«, versprach der Herr der Rundstempel.
»Dreihundert?«, repetierte Steffen, und der Rest bürgerlichen Benimms, der den Sachsen bislang befähigt hatte, sein Aufstoßen leidlich unter Kontrolle zu halten, wich offenbar von ihm, so dass ein halblauter Rülpser entkommen konnte, der denn auch sogleich den beiden platten Herren die olfaktorische Information über ihres Geschäftspartners bevorzugte Art von Getränk lieferte.
»Hör’n Sie, Herr Hammacher«, und Steffen würgte einmal kurz im Kielwasser seiner Efflation, »ein paar gute Marken sind dabei. Definitiv. Die verscheuern Sie locker für Hälfte Michel und kassier’n – nur für die paar Marken! – fünfhundert oder siebenhundertfünfzig Euro. Ich sage Ihnen was, ich verkaufe Ihnen alles für dreihundertfünfzig Euro. Dreihundertfünfzig Euro und der Deal ist perfekt.« Doch Hammacher schüttelte nur zierlichst das glatte schwarzhaarige Haupt, eine Geste, die recht nett mit den Nadelstreifen seines Jacketts korrespondierte.
»Herr Hammacher, sei’n Sie kein Frosch! Dreihundertfuffzich! Schlagen Sie ein!«, lockte der Philatelie-Novize kameradschaftlich.
»Mehr als dreihundert kann ich Ihnen dafür nicht geben«, bestätigte der Dunkle.
Steffen blickte mich kurz an, aber ich konnte nur hammacherzierlich mit den Schultern wippen. Ich klebte Briefmarken immer bloß auf Briefe, und die Kenntnis, die nötig gewesen wäre, Steffen zu unterstützen, hatte mit dem heutigen Tag nur einen ersten zarten Keim getrieben.

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9. März 2014

'Operation Roter Himmel' von Skyla Lane

Dieser postapokalyptische Roman wirft einen düsteren Blick auf eine denkbare Zukunft, wie wir sie uns niemals wünschen werden. Der junge Informatiker Chris Glade aus New York ist einer der wenigen Überlebenden des großen Kahlschlags. Mit eigenen Augen musste er vor drei Jahren dabei zusehen, wie die Menschen um ihn herum zu Tode kamen: auf eine Weise, die sich bis heute niemand erklären kann. Das Leben ist mittlerweile zum täglichen Kampf ums Überleben geworden. Wer es alleine bewältigen muss, wird von der Natur verschlungen; wer in den Sektoren lebt, unterwirft sich den Anführern und ihrer Willkür.

Pater Brannon, der Anführer des Siebten, ist ein guter, aber naiver Mann. Chris fristet unter ihm ein Dasein in Arbeit und Depressionen. Versteckt im Bighorn National Forest, muss die Gemeinschaft das Dilemma einer zerstörten Welt ertragen und immer wieder mit dem Verlust neuer Gefährten umgehen. Wölfe sind nur eine Bedrohung; hungrige Wölfe, die damals die Leichen in den Städten gefressen haben und denen es seither nach Menschenfleisch giert. Aber auch die Menschen selbst werden zur Gefahr: In einer Welt, in der es keine Gesetze mehr gibt, und in denen Regeln nach den Vorstellungen mächtiger Männer geschaffen werden, sind Plünderer und herumstreunende Banden das größte Übel. Als eine dieser Banden Sektor Sieben ins Auge fasst, steht Chris ein Unheil bevor, dem sich der schmächtige Informatiker nicht gewachsen sieht. Doch es ist die eine Frage, die ihn nicht aufgeben lässt; auch nicht, als er in Gefangenschaft gerät und die Folter eines wahnsinnigen Mannes erdulden muss. Was geschah wirklich während der Operation Roter Himmel vor drei Jahren?

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Leseprobe:

Big Al war Mechaniker und arbeitete für Cliff Winston auf der Upper East Side. Er besaß nicht viel Grips, was nichts zur Sache tat, weil seine Hände die geschicktesten von ganz New York waren. Als es passierte, wies er grade Pete Benders zurecht, der den Wagen eines Kunden in Sand gesetzt hatte.
Später hat er mir erzählt, dass er in dem Moment wirklich glaubte, den armen Pete mit seinem Wortschwall umgebracht zu haben. Er wäre ganz verrückt geworden und hätte den Jungen bei den Schultern gepackt und durchgeschüttelt, wie er im Leben noch keinen geschüttelt habe. Pete aber sei mausetot geblieben und da hätte er den alten Cliff gesucht, und den ebenso mausetot in seinem Büro gefunden. Er kauerte seinen massigen Körper neben Cliffs Leiche und blieb dort viele Minuten sitzen, bis ihn das Poltern und Knallen draußen am Times Square so in den Wahnsinn trieb, dass er aufsprang und nachsah.
Es muss Big Als Glück gewesen sein, dass Gott ihm zwei starke Hände in die Wiege gelegt und am Verstand gespart hat, denn er realisierte das Sterben auf den Straßen auf seine ganz eigene Art und Weise. Später sagte er mir, er hätte helfen wollen. Wollte sich um die Leute kümmern, die überall herumlagen, drehte aber durch, weil er nichts ausrichten konnte. Danach hätte er alles nur noch verschwommen gesehen und wäre über Leichen und ramponierte Autos getaumelt. Als wir uns in der Park Avenue über den Weg liefen, sah er aus, als wäre er durch ganz Manhattan gesprintet.
Wahrscheinlich mochte ich Big Al deswegen so sehr. Wenn man flennend über unzählige Tote stolpert und glaubt, der einzige Überlebende zu sein, dann ist selbst ein speckiges Gesicht wie das von Big Al eines der schönsten, die man je gesehen hat.
Ich war fünfundzwanzig, als das große Sterben seinen Höhepunkt in dieser apokalyptischen Darbietung fand. Inzwischen nähert sich das dritte Jahr danach, und von der Welt, wie wir sie kannten, ist nichts mehr übrig. Eine komplette Zivilisation, boom, einfach weg. Die Leute in den Straßen sind umgefallen wie Scheißhausfliegen; kein Schimmer, warum es mich nicht erwischte. Aber ich glotzte sie an, als würden sie mich alle verarschen. Als wäre das der größte Gag der Geschichte. War‘s vermutlich auch, obwohl niemand gelacht hat.
Eine Million Menschen lebten damals noch in New York und sie alle krepierten innerhalb von Stunden. In meiner Gegend hielt sich das Chaos in Grenzen, doch am Times Square brach die wahrhaftige Hölle aus. Big Al hat es mir gesagt, und der wusste es doch am besten.
Das Ende unserer Welt hatte ich mir anders vorgestellt. Es war keine Todesflut, die die Menschheit niedermachte. Es war weder der nukleare Zerstörungskrieg, noch der terroristische Superanschlag. Aber in den letzten Jahren hatten uns viele Infektionswellen heimgesucht, und Tausende waren gestorben, bevor es zum endgültigen Kahlschlag kam. Im Fernsehen hieß es bis zum bitteren Schluss, sie hätten alles im Griff und niemand, wirklich niemand, müsste sich Sorgen machen.
Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich mich morgens zu Mom in die Küche setzte und das uralte Radio aus Grandmas Zeiten anschaltete. Bevor alles zu Grunde ging, bevor es kein Live TV, Strom und nichts mehr gab, sagten die Sprecher der Behörden, dass alles unter Kontrolle sei. Alles wäre cool, Mann. In der nächsten Sekunde hörte die Welt auf, zu atmen, und jeder, den ich kannte, war einfach tot.
Ich wette, dass die wenigen Überlebenden diesen Augenblick genauso in Erinnerung haben wie ich; den Moment, indem absolute Stille einkehrte, als hätte jemand auf den Lautlosknopf gedrückt. Ich meine nur den Sekundenbruchteil, bis meine Mom auf den Boden sackte; den, in dem nicht mal die Sperlinge zwitscherten oder der Wind wehte.
Danach erst kam der gewaltige Badaboom: zusammenkrachende Autos und Busse, abstürzende Flugzeuge, entgleisende Bahnen und der ganze andere Dreck. Wen’s erwischte, der hatte Pech. Und wer nicht aufpasste und zwischen kollidierende Karren geriet, klebte breit geschmiert auf den Straßen von New York. Einige Blocks weiter explodierte die Bäckerei von Bobby Bing, weil ein Hubschrauber in sein Dach krachte, und ich schätze, die halbe Westseite des Hudson war später so ausradiert wie ein Schuhladen im Ausverkauf.
Es war mein Vorteil, dass ich ziemlich flinke Beine und eine gehörige Portion Glück besaß, denn obwohl Stunden danach die ganze Stadt in einem überdimensionalen Flammenmeer versank, lebte ich noch und lag unter keinem Haufen aus Metall und Beton begraben. Doch egal, wo ich hinrannte; egal wie laut ich brüllte und Leute bei den Schultern packte und durchschüttelte: Es stand keiner mehr von ihnen auf. Aus ihnen wurden auch keine Zombies oder Vampire oder weiß der Teufel. Sie lagen überall verstreut, als wären sie an Ort und Stelle eingeschlafen.

"Operation Roter Himmel" im Kindle-Shop

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8. März 2014

'Mission Alpha: Landung im Paradies' von Sonja Schuhmacher

Ein sommerlicher Frauenroman. Es scheint fast, als wäre Lara im Paradies gestrandet - Meer, Sonne, Palmen, fröhlich spielende Delphine. Doch der gutaussehende Fremde, der sie aus dem Wasser fischt und aus der Bewusstlosigkeit zurückholt, gibt ihr Rätsel auf. Die jungen Bewohner seines Dorfes leben wie Steinzeitmenschen, kennen weder Metall noch Glas, und haben anscheinend keine Ahnung von der hochtechnisierten Welt, aus der Lara stammt.

Warum die jungen Leute fern von ihren Familien auf einer einsamen Insel hausen, warum sie essen, was sie finden, ohne sich zu vergiften, ist Lara ebenso unklar wie ihre eigene Mission, deren düsteres Geheimnis sie Schritt für Schritt enthüllt.

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Leseprobe:
Es war heiß, viel zu heiß. Sie spürte, wie ihr der Schweiß übers Gesicht lief. Atmen war eine mühsame Sache, stickige Luft drang durch die Maske, die sich über Nase und Mund schloss. Blinzelnd schlug sie die Augen auf, grelles Sonnenlicht blendete sie. Sofort machte sie die Augen wieder zu. Sie fühlte sich schwerelos, gefangen in einer Hülle, die sie trug, aber unfähig, sich zu bewegen. Sauerstoffmangel dachte sie noch, ehe sie wieder das Bewusstsein verlor.
Ein Stupsen gegen die Rippen holte sie zurück. Mit größter Anstrengung atmete sie ein. Nur wach bleiben, sonst würde sie wieder ins Dunkel abgleiten, für wer weiß wie lange. Sie musste es versuchen. Die Hand heben, wenigstens das. Ankämpfend gegen das monotone Schaukeln, das sie einzulullen drohte, bewegte sie die Finger. Auch sie waren gefangen in einer Hülle, einem Handschuh? Wieder ein Stupsen, und sie stieß mit dem Ellbogen gegen ein Hindernis, etwas Hartes. Sie nutzte die Chance, nahm ihre ganze Kraft zusammen, öffnete wieder die Augen, stützte sich mit dem Arm auf, rutschte ab, versuchte, Halt zu finden. Sie brauchte Luft, Abkühlung, irgendwie . . . Ankämpfend gegen die Verlockung, sich in die Dunkelheit fallen zu lassen, hob sie die Hand.
Wieder ein Stupsen, und sie spürte festen Untergrund an ihrem Rücken. Das Schaukeln hörte auf. Noch einmal und noch einmal wurde sie energisch angestupst, bis sie auf der Seite lag. Jetzt konnte sie die Augen offen halten. Hell, unerträglich hell war es, aber die Sonne schien ihr nicht mehr ins Gesicht. Eine Welle schwappte gegen das Visier ihres Helms – unverkennbar war es ein Helm, in dem ihr Kopf steckte – und ihr wurde klar, dass sie von Wasser umgeben war. Nun konnte sie den Arm leichter bewegen, tastend entdeckte sie den Handschuh ihrer anderen Hand, riss daran. Nichts bewegte sich. Noch ein Versuch. Mit aller Kraft, die ihr geblieben war, zerrte sie an dem Ding. Vergeblich.
Nur ruhig, keine Energie verschwenden. Sie war gefangen in dieser Hülle, aber wenn die einen Sinn haben sollte, außer sie umzubringen, musste es eine vernünftige Möglichkeit geben, sie loszuwerden. Eine Schutzhülle, ein Gefängnis, das sie abschirmte, beschützte, das sie aber töten würde, wenn sie sich nicht befreite. Lösungen kommen von selber, wenn man loslässt, sagte sie sich. Woher stammte der Satz?
Allmählich beruhigte sich ihr Atem. Nicht gegen die Maske ankämpfen, gegen die vermeintliche Atemnot. Sie schlug wieder die Augen auf, betrachtete den Handschuh ihrer rechten Hand. Es schien, als wäre er nahtlos mit dem Ärmel verschweißt. Ruhig atmen.
Zentimeterweise schob sie den anderen Handschuh in ihr Blickfeld. Etwas war anders. Ein rotes Band umschloss ihn. Aus der makellosen Oberfläche ragte etwas heraus. Die Lösung. Sie wusste es.
Behutsam zog sie an der Schnur, die sich aus dem Band herauswand. Ein kleiner Ruck, nicht einmal, dreimal zog sie ruckartig daran, eine Bewegung wie eingeübt, wie tausendmal schon ausgeführt. Aber dieses Rucken war für sie eine große Kraftanstrengung. Das rote Band gab eine zweite blaue Schnur frei. Wieder zog sie dreimal daran, und jetzt lösten sich wie von selbst beide Handschuhe von den Ärmeln, und sie konnte endlich ihre Hände befreien. Nur die blaue Schnur verband die Handschuhe noch mit dem Schutzanzug.
Das kühle Wasser an ihren glühenden Fingern war das Köstlichste, was sie je gespürt hatte. Die Handschuhe füllten sich mit Wasser, egal, es lief ihr in die Ärmel, umso besser. Sie ertastete glatten Stein, der ihr Halt geboten hatte, versuchte sich hochzustemmen, sank wieder in die halb liegende Position und atmete schwer. Sie fühlte sich völlig geschwächt. Beim nächsten Anlauf gelang es ihr, sich zu setzen. Jetzt der Helm. Auch er war nicht mehr mit dem Rest ihres Anzugs verbunden, sie umfasste ihn mit beiden Händen, nahm ihn ab – er schien Tonnen zu wiegen – und legte ihn neben sich ins flache Wasser. Den Schweiß auf ihrer Stirn ließ sie von einem sanften Wind trocknen. Als sie nach der Maske tastete, blitzte die Furcht auf, die klare Luft könnte verseucht sein. Im selben Augenblick fiel die Entscheidung, sie gab dem Impuls nach, die Maske loszuwerden, streifte das Band ab, das sie hielt. Fuhr mit dem Finger zwischen den Gummirand und die Haut, löste das Ding von ihrem Gesicht und atmete gierig frische köstliche Luft. Von dem Sauerstoff war sie wie berauscht.
Sie hockte auf dem glatten, flachen Felsen und sah sich um. Nichts als Wasser ringsum und blauer Himmel. Wie war sie nur hierher geraten?
Auch die Naht an der Vorderseite ihrer klobigen weißen Schutzhülle öffnete sich, als sie an den roten und blauen Schnüren am Halsausschnitt ruckte. Sie schlüpfte aus den Ärmeln. Darunter trug sie einen Anzug aus einem dunklen glatten Stoff, der sich wie eine zweite Haut an ihre mageren Arme anschmiegte. Sie fand die Schnüre, mit denen sich die schweren Stiefel von ihren Füßen lösen ließen und grub erleichtert die Zehen in den Sand, der die Felsplatte umgab. Da bewegte sich etwas. Ein Schwarm kleiner lila glänzender Fische. Sie näherten sich zutraulich, als sie die Hand ins Wasser steckte, knabberten an ihren Fingerspitzen. Ein nie gekanntes Gefühl erfasste sie, als sie die Tiere beobachtete. Mit einem Mal glaubte sie, Teil des Schwarms zu sein, spürte die Neugier der Fische, ihren Spieltrieb, die schiere Freude, sich in diesem glasklaren Wasser zu tummeln. Ein Wort holte sie aus ihrer Trance. Grammatidae. Feenbarsche.

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7. März 2014

'Nico in Mirathasia' von Veronika Aretz

Wenn plötzlich alles anders ist ... Ein Kinderbuch mit Problemthema. Der 13-jährige Nico ist durch einen Unfall an den Rollstuhl gefesselt. Für ihn bricht eine Welt zusammen, Freunde und Mitschüler wenden sich von ihm ab und eigentlich ganz alltägliche Dinge sind nun für ihn ein Problem. Hoffnungslosigkeit und Zorn machen ihn immer trauriger – wäre da nicht Mirathasia, das Land, das nur Kinder besuchen dürfen.

Das so fantastisch ist, das nicht mal die ständig ärgernde Bande mit Carlos als Anführer ihn davon abhalten können, es zu besuchen. Denn dort kann er seine Beine wieder bewegen, dort findet er neue Freunde, und außerdem gibt es da noch dieses Mädchen Sarah …
Band 1 der fantastischen Serie um ein Land, in das man nur durch das kindliche Sehen gelangen kann.

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Leseprobe:
Nico sah die Mädchen durch das hohe Unkraut kommen. Sein eben noch lachendes Gesicht erstarrte und wurde ganz fahl. Das durfte doch nicht wahr sein! Gerade erst war er den geheimen Weg hierher geschlichen und unmittelbar darauf erschienen die beiden. Folgten sie ihm etwa auf Schritt und Tritt?
Nur mit Mühe konnte er den Kloß in seinem Hals lösen und seine Freunde warnen: „Achtung!“ Er hatte es geahnt! Janine und Isabelle hatten ihm bereits heute nach der Schule aufgelauert und versucht, ihn auszuquetschen. Sie wussten schon lange, dass er sich mit ein paar Jungs traf und tolle Sachen unternahm – obwohl er nie ein Sterbenswörtchen darüber erzählt hatte. Das konnte er schwören! Der Unterschlupf, den er mit seinen Freunden Lucas, Dominik und Felix fast täglich aufsuchte, war nur für ihre Clique gedacht – und für sonst niemanden.
Hektisch sah sich Nico um. Er musste für sich und seine Kameraden ein Versteck finden! Auf dem alten Bahnhofsplatz lag genügend Schutt herum, meist zerrissene Polster aus den Zügen oder verrostete Teile einer Maschine. Sogar ein ausgebrannter Waggon war dabei, den sie häufig als Picknickplatz benutzten. Das Coole war, dass sie dort Würstchen grillen konnten, ohne in Gefahr zu geraten, alles niederzubrennen. Jeder von ihnen hatte natürlich noch seinen geheimen Platz, wo er sich verbergen konnte. Das musste sein, damit sie nicht gesehen werden, wenn ein Zug vorbeigerauscht kommt. Das Gebiet weiter vorne mieden sie, denn da lag auch schon der Bahnhof. Dicke Stromkabel führten quer über das Gelände und außerdem trieben sich dort häufig Arbeiter herum. Erst vor ein paar Tagen hatten sie sieben Waggons abgestellt.
Mittlerweile hatten die Mädchen sie offenbar doch entdeckt, denn sie winkten ihnen zu. Janine zeigte ein breites Lächeln und warf ihre langen braunen Haare über die Schultern. Auch Isabelle lachte die Jungen an und wippte im Gehen mit ihren Hüften, wie Mädchen das halt manchmal taten. Wie sie so vieles taten, was Jungen nicht verstanden. Sich zum Beispiel umziehen. Die beiden hatten andere Sachen an als heute Morgen in der Klasse. Nette Sachen. Aber auf die Idee, sich etwas Neues anzuziehen, wäre Nico trotzdem nie gekommen.
„Woher wissen die hiervon?“, brauste Dominik auf. Stirnrunzelnd blickte er Nico an. „Ich hab dich heute mit Janine und Isabelle zusammen gesehen. Hast du uns verraten?“
Nico ballte die Fäuste. „Nein! Ich hab nichts verraten! Das würde ich niemals tun!“
Aber sie mussten ihm gefolgt sein. Sie mussten gesehen haben, wie er sich durch die Büsche gezwängt hatte und dann durch das Loch im Zaun geschlüpft war. Vielleicht hätte er sich doch besser noch einmal richtig umschauen sollen, dann hätte er die Mädchen wahrscheinlich rechtzeitig bemerkt. Die Jungen hatten sich geschworen, niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen über diesen Ort zu erzählen. Jetzt aber war ihr Geheimnis für immer verloren …
„Hi!“, rief Janine schon von Weitem und schwenkte dabei einen prall gefüllten Beutel. „Wir wollen bei euch mitmachen!“
„Wie habt ihr uns gefunden? Hat Nico uns etwa verpetzt?“, platzte es aus Felix heraus.
„Nein, nicht direkt“, antwortete sie und wiegte den Kopf hin und her. „Wir sind ihm gefolgt. Aber rausbekommen hätten wir es sowieso.“
Also doch! Nico wollte vor Scham im Boden versinken.
„Das wirst du büßen!“, fauchte ihn Felix auch schon an.
„Ich hab doch gar nichts gesagt!“, protestierte Nico. „Ich hab nicht mal …“
„Halt die Klappe! Du machst alles nur noch schlimmer!“ Felix straffte sich, bevor er sich den beiden Mädchen wieder zuwendete.
„Wir haben euch was mitgebracht. Sozusagen als Einstand“, säuselte Isabelle. „Ich hab Kuchen und Limo.“ Sie hielt den Beutel bereitwillig auf, damit die Jungen einen Blick hineinwerfen konnten.
„Und ich hab Nüsse und Schokoriegel“, ergänzte Janine ebenso begeistert und klimperte mit den Wimpern. Sie strahlte, als Dominik anerkennend die Augenbrauen hob. Er war ein Vielfraß, das wusste jeder. Ihn hatten sie also bereits eingewickelt, aber bei den anderen würde ihr Bestechungsversuch ins Leere laufen. Da war sich Nico ziemlich sicher.
„Schokoriegel?“, fragte Lucas auch prompt.
Nico stöhnte auf. Lucas war der Jüngste in ihrer Clique und leicht zu beeinflussen.
Immerhin guckte Felix die Mädchen ziemlich grimmig an. „Verschwindet!“, sagte er, doch längst nicht so böse, wie Nico es sich gewünscht hätte. „Für euch ist hier kein Platz!“
„Oookaaayyy …“ Janine zog das Wort in die Länge. Ihr Lächeln hatte sich in ein Grinsen verwandelt, ganz beiläufig, aber Nico erkannte es sofort. „Tja, das ist schade. Isabelle, dann müssen wir doch noch bei Herrn Siebendorf vorbei. Er ist sicher froh, wenn wir …“
„NEIN!“
Nico hatte es ausgerufen, voller Zorn und Abscheu. Sie wollten tatsächlich beim Bahnhofsvorsteher petzen gehen, wollten sie glatt erpressen! Der Mann würde ihr ganzes Reich zerstören und alles vernichten, was sie sich hier aufgebaut hatten.
„Wartet mal!“ Felix hielt Janine am Ärmel fest. „Darüber können wir doch reden. Vielleicht finden wir ein kleines Plätzchen für euch.“
Dominik grunzte, aber Nico konnte nicht erkennen, ob es zustimmend oder ablehnend war. Vielleicht hielt er sich auch nur aus der ganzen Sache raus, um es sich mit Felix nicht zu verscherzen, der sich hier eindeutig als Boss aufspielte.
„Kommt mit in unser Versteck!“, wandte sich Felix nun an Isabelle und Janine. „Gleich müsste ein ICE vorbeirattern. Wäre doch blöd, wenn uns einer hier sehen würde.“
Nur widerwillig folgte ihnen Nico. Er war enttäuscht. Sie hätten die Mädchen lieber vom Grundstück verjagen sollen, sie rausekeln oder was auch immer. Ihr Geheimnis würde sich so schnell in der Schule herumsprechen wie Hitzefrei im Sommer – und dann wäre es aus mit ihrer Freiheit.

Im Kindle-Shop: Nico in Mirathasia: Wenn plötzlich alles anders ist ... (Sarah & Nico (Qindie) 1)

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