29. Juni 2021

'Erben wollen sie alle' von Tessa Hennig

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Website Tessa Hennig
Wer erben will, muss leiden

Bianca will es noch mal wissen: In ihrer Finca auf Mallorca auf den Tod warten? Kommt nicht in Frage! Zusammen mit dem liebenswerten Rentner Wolfgang will die rüstige 75-Jährige die Welt bereisen und dabei ihr Vermögen verjubeln. Doch Bianca hat die Rechnung ohne die bucklige Verwandtschaft gemacht. Sohn Steffen und Tochter Anja glauben, ihre Mutter sei auf einen Heiratsschwindler reingefallen und sehen ihr Erbe zerrinnen. Mit Kind und Kegel reisen sie nach Sóller, um ihre Mutter umzustimmen. Doch die denkt gar nicht daran, das Erbe einfach so den Nachkommen zu überlassen. Nur wer sie wirklich liebt, soll etwas bekommen, und sie weiß auch schon, wie sie die Familie auf die Probe stellen kann ...

Anleser:
Bianca klappte ihr Notebook entschlossen zu und trank den letzten Schluck ihrer zweiten Tasse Kaffee. Mit nur einer waren Albträume kaumzu vertreiben. Ein Hirnputzer, dieser spanische Lösliche. Und der Kreislauf kam dabei auch noch in Schwung. Biancas Blick fiel auf die Uhr über ihrem Sekretär. Schon halb neun, und sie saß immer noch im Schlabber-T-Shirt vor der Schlafzimmerkommode. An sich kein Problem, wennman allein lebte, doch solche Dinge durften gar nicht erst einreißen. Disziplin ist das halbe Leben! Bianca betrachtete sich bei diesem Gedanken im Spiegel und erschrak über ihren Gesichtsausdruck, die schmalen, zusammengekniffenen Lippen, aber auch über ihr Haar, das noch kreuz und quer abstand. Keine gute Idee, diese Kurzhaarfrisur. Gib’s zu! Haste dir doch nur so machen lassen, weil Wolfi die Beimer aus der Lindenstraße so toll findet. Der bloße Gedanke an ihn zauberte die erschreckende Strenge ihres Spiegelbilds sofort weg und belebte es mit einem Lächeln. Das verschwand aber, als sie die Haustür ins Schloss fallen hörte. Teresa!
Bianca stand auf und huschte hinüber zum begehbaren Kleiderschrank, in dem nun, seitdem Ernsts Sachen entsorgt waren, alles viel übersichtlicher auf den Stangen hing. Obwohl Bianca sich eigentlich nur ihre bequemen Leggings herausholen wollte, schnappte sie sich gleich noch ihr blaues Kleid und legte es sich für später auf dem Bett zurecht. Wolfi liebte Blau, das gefiel ihm auch an ihren Augen so, und früher hatte die Farbe sowieso perfekt zu ihren naturblonden Haaren gepasst. Zu Friedhofsblond passte gottlob alles. Einer der Vorzüge des Alters. Hinein in die Hose. Das T-Shirt ließ sie gleich an. Für eine Zugehfrau musste man sich schließlich nicht schick machen.

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24. Juni 2021

'Die letzte Prophezeiung des Isaac Newton' von Darius Quinn

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Darius Quinn | Band 1
»Wisst ihr, was das bedeutet?«, schoss Frank ein Gedanke durch den Kopf. Lena und Cooper blickten ihn fragend an. »Die Prophezeiung: Newton hatte recht!«

Vor mehr als 300 Jahren sagte Isaac Newton das Ende der Welt voraus. Jetzt berechnet die fortschrittlichste KI der Welt, dass am Freitag, den 13. April, der Asteroid Apophis die Erde treffen wird. Erneut sieht sich Frank Fischer mit einer ausweglosen Lage konfrontiert. Und er ahnt nicht einmal im Ansatz, mit welchen Mächten er es zu tun hat …

Fortsetzung des Bestsellers »Die letzte Prophezeiung des Nostradamus«. Für Fans von Michael Crichton, Dan Brown, M.C. Roberts, R.F. Maclay, Joshua Tree, Alex Lukeman und Ian Caldwell.

Anleser:
Bleierne Stille lag über dem gewaltigen Raum. Er spürte sie förmlich in der Magengrube. Sie übte eine physische Macht auf ihn aus, als wolle sie ihn lähmen und so von seinem frevelhaften Vorhaben abhalten. Eine falsche Bewegung, nur das geringste Geräusch – und seine Anwesenheit wäre so offenkundig wie das Silvesterfeuerwerk, mit dem ein neues Jahr eingeläutet wurde. Er durfte sich nicht den kleinsten Fehler erlauben.
Sakis schlich durch das Halbdunkel wie in Zeitlupe, als traue er sich kaum, den heiligen Boden mit seinen Füßen zu beflecken. Behutsam setzte er zuerst die Zehen auf und ließ dann den Ballen folgen, die Ferse aber behielt er in luftiger Höhe. Er war fit, gerade einmal 28 Jahre, athletisch gebaut und hätte kilometerweit auf Zehenspitzen laufen können. Trotzdem war er froh, dass sein Ziel lediglich 30 Meter entfernt lag. Je kürzer die Distanz, desto weniger konnte schiefgehen.
Schritt um Schritt glitt er lautlos von seinem Versteck in der Kreuzigungskapelle, deren Altar aus versilberter Bronze auf der Rückseite einen nur wenigen Eingeweihten bekannten Hohlraum besaß, in Richtung Hauptschiff. Tagsüber tummelten sich hier viele Tausende Gläubige. Denn für gleich drei Weltreligionen stellte das Bauwerk einen der heiligsten Orte auf Erden dar: für Christen, Juden und Muslime. Jetzt aber, mitten in der Nacht, war er allein in dem weitläufigen Gebäude. Allein mit sich und den Geistern einer zweitausendjährigen, ereignisreichen Geschichte.
Vorsichtig bewegte sich Sakis im schwachen Schein der vereinzelten Öllampen, die niemals verloschen und den allgegenwärtigen Odor von Weihrauch und Myrrhe verströmten, den selbst der Stein ringsum aufgesogen hatte. Geschwind nahm er die sechs Stufen zum Katholikon, wobei seine engstehenden, dunkelbraunen Augen von links nach rechts huschten. Sie verliehen ihm, zusammen mit der langen, stark gekrümmten Nase, das Aussehen eines Adlers. Seine langen, rabenschwarzen Haare hatte er wie immer am Hinterkopf zusammengebunden. Seine gesamte Erscheinung wirkte, als stamme er direkt aus dem antiken Olympia.
Jetzt lag die schwierigste Etappe vor ihm, eine gerade Linie ohne jegliche Deckung, mitten durch das Hauptschiff zur Rotunde. Noch gut 20 Meter bis zum Ziel, dem Zentrum von allem, über dem sich die 20 Meter breite und 50 Meter hohe Hauptkuppel der Basilika erhob. Durch das verglaste Opaion in der Mitte ergoss sich silbern schimmerndes Mondlicht auf das Ziel und markierte es, wie ein Schauspieler auf der Bühne von gleißenden Profilscheinwerfern hervorgehoben wurde.
Plötzlich hallte ein unheimliches Fauchen durch das Gebäude und ließ ihn aufschrecken. In einer geschmeidigen Bewegung drückte sich Sakis an die südliche Wand. Im sanften Licht erspähte er die Ursache des Lärms: Zwei Katzen trugen einen kurzen, aber heftigen Kampf aus. Nicht nur die Menschen mussten sich diese heilige Stätte teilen. Wie er wusste, waren die Mönche äußerst froh um die Vierbeiner, dämmten sie doch die Mäuse- und Rattenplage in dem uralten, verwinkelten Gemäuer im Herzen der Jerusalemer Altstadt auf ein halbwegs erträgliches Maß ein.
Sakis wartete eine Weile, bis das Echo der Streitigkeit verklungen war, und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Schon nach halb drei, er musste sich beeilen. Kurz vor drei würden die armenischen Mönche ihren nächsten Gottesdienst beginnen, und um vier öffneten sich schon wieder die Pforten der Grabeskirche für das Publikum. Ihm blieben nur die nächsten 18 Minuten. Maximal.
So schnell er es auf Zehenspitzen vermochte, setzte er seinen Weg fort.
Schließlich hatte er sein Ziel erreicht, den Eingang zur Grabkapelle. Nach einem letzten prüfenden Blick in die Runde schlüpfte er durch das Portal in die Engelskapelle. Er umrundete den so genannten Engelsstein, der die Mitte des lediglich drei Meter langen Vorraums einnahm. Der Überlieferung zufolge handelte es sich um ein Bruchstück desjenigen Felsens, der das Grab Jesu versiegelt hatte und am dritten Tag von einem Engel beiseitegeschoben worden war.
Doch Sakis ignorierte die Reliquie ebenso wie alle anderen. Er wollte in die nächste Kammer, die allein durch einen niedrigen schmalen Durchgang zu erreichen war.
Die Grabstelle von Jesus Christus.

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22. Juni 2021

'Wellenglanz und Inselträume' von Christine Jaeggi

Kindle | Tolino | Ullstein (ePub)
Website | Autorenseite
Eine Liebe auf Mauritius

Die ehrgeizige Aurélie rechnet fest damit, zur Vizedirektorin ihres Traumhotels befördert zu werden. Stattdessen wird sie in das älteste und heruntergekommenste Hotel der Kette versetzt und bekommt den Auftrag, es wieder auf Vordermann zu bringen. Doch das ist alles andere als leicht.

Die Mitarbeiter sind faul, unmotiviert und nicht gewillt, Aurélie als neue Vorgesetzte zu akzeptieren. Allen voran der zynische Engländer und Golflehrer Jasper, der zwar attraktiv ist, aber Aurélie fast in den Wahnsinn treibt. Dann sorgt auch noch eine trächtige Riesenschildkröte für Aufregung. Bei ihren nächtlichen Besuchen der Schildkröte kommen sich Aurélie und Jasper näher. Auch im Hotel geht es langsam bergauf. Schließlich erhält Aurélie ein verlockendes Angebot. Doch um ihren Traum zu verwirklichen, muss sie sich zwischen Karriere und Liebe entscheiden …

Anleser:
Wie jeden Morgen bei Tagesanbruch ging Aurélie am Strand entlang und genoss es, ihn noch so unberührt und in seiner vollen Schönheit erleben zu können. Keine Sonnenanbeter, keine Schnorchler, keine Kite- oder Windsurfer. Nur ein Fischerboot am Horizont und Möwen, die ihre Runden drehten. Es war fast halb sieben, und allmählich ging die Sonne auf, färbte den Himmel in den unterschiedlichsten Orange- und Gelbtönen. Die Luft war erfüllt von Salz und Seetang, und Aurélie fühlte sich durch diesen Duftcocktail wie gestärkt, vergaß sogar für einen Moment das deprimierende Gespräch mit dem General Manager von gestern Abend. Sie ließ den gepflegten Hotelstrand mit seinen Strohschirmen und Liegestühlen hinter sich. Anstelle von Kokospalmen – die nur gepflanzt worden waren, weil sie der Idealvorstellung eines Paradieses entsprachen – säumten nun Filaos den Strand. Ihre benadelten Zweige wippten im Wind. Aurélie wusste, dass Touristen die Filaos, die auch Kasuarinenbäume genannt wurden, oft mit Pinien oder Lärchen verglichen.
Sie blieb stehen und atmete tief durch. Ein Gefühl tiefen Friedens breitete sich in ihr aus. Hier kam das wahre Mauritius zum Vorschein, sogar der Sand war rauer und wilder durch das vermehrte Schwemmholz und Korallengestein. Sie setzte sich in den Sand und betrachtete das Meer, dessen schäumendes Wasser über das Ufer und wieder zurück schwappte und unzählige Muscheln und Gestein zurückließ.
Plötzlich überfiel sie wieder eine bleierne Schwere, und auch wenn sie sich noch so sehr dagegen wehrte, kreisten ihre Gedanken erneut um das Gespräch von gestern Abend. Enttäuschung, aber auch Wut überkamen sie. Sie hätte diesen Posten als Vizedirektorin bekommen sollen, sie! Als sie erfahren hatte, dass Divash Gungaphul in Rente gehen würde, hatte sie sich gleich beworben und war zuversichtlich gewesen, als seine Nachfolgerin auserwählt zu werden. Tja, so konnte man sich täuschen.
Energisch ergriff sie etwas Sand und warf ihn weg. Dann sprang sie auf, zog ihre Tunika über den Kopf und rannte ins Meer hinein, tauchte ins Wasser und kraulte hinaus. Sie liebte dieses Gefühl der Schwerelosigkeit und Befreiung, wie wenn alles Negative von ihr abgewischt würde.
Als sie sich mit den sanften Wellen wieder ans Land spülen ließ wie eine gestrandete Meerjungfrau, sah sie drei Jeeps mit Surfbrettern auf den Dächern heranfahren, die hinter den Bäumen parkten und mehrere Leute in Neoprenanzügen ausspuckten. Aurélie seufzte. Die Windsurfer kamen auch immer früher. Aber kein Wunder, denn der Le Morne Public Beach gehörte zu den beliebtesten Surf Hotspots der Welt. Eigentlich umgab ein Korallengürtel die Insel – bis auf den Süden – und hielt Wellen und gefährliche Fische von den Stränden fern. Hinter dem Riff jedoch befand sich ein Surferparadies, welches sich von der Flachwasserlagune über das Little Reef entlang des Platin Rouge bis nach Manawa, Chameau und den berühmten Wellenspot »One Eye« erstreckte.
Aurélie hatte es auch schon versucht, aber leider war sie mehr im Wasser gewesen als auf dem Brett und musste irgendwann aufgeben. Bis auf das Schwimmen war sie leider vollkommen unsportlich.
Sie beobachtete, wie die Surfer mit erwartungsvollen Gesichtern auf das Meer schauten, und entschied sich zu gehen. Auf dem Weg zurück fiel ihr auf, dass über den Le Morne Brabant ein paar orange gefärbte Wölkchen zogen, die aussahen wie eine Schäfchenfamilie. Der 556 Meter hohe Berg, zu dessen Fuße die weißen Korallenstrände lagen und um den herum sich viele Hotels angesiedelt hatten, war das Wahrzeichen der Halbinsel Le Morne im Südwesten der Insel, wenn nicht sogar von ganz Mauritius. Seine Vergangenheit war jedoch überschattet von einem Drama, über das Aurélies Großvater oft sprach. Nach der Abschaffung der Sklaverei 1835 schickten die Briten eine Armee auf den Berg, um die versteckten Sklaven von ihrer neu gewonnenen Freiheit in Kenntnis zu setzen. Die Sklaven jedoch – überzeugt, man würde sie zurückholen – stürzten sich den Berg hinunter in den Tod, um einer erneuten Versklavung zu entgehen. Aurélies Großvater erzählte jeweils von einem Vorfahren namens Nouel, der den Tod gewählt hatte und seine schwangere Frau Gaelle zurückließ. Es existierte sogar eine Aufzeichnung von Gaelle, die Aurélies Großvater hütete wie einen Schatz. Trotz dieser Tragödie fühlte sich Aurélie durch Le Morne Brabant auf eine besondere Art beschützt, und für die Kreolen war er ein heiliger Berg.

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15. Juni 2021

'Truckerglück' von Sylvia Filz und Sigrid Konopatzki

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website | Autorenseite
Dreams and Love 2

Amy arbeitet nun bereits seit einiger Zeit im Old Roadhouse. Nur mit den Gefühlen ist das so eine Sache. Immer, wenn sie glaubt, Joes Liebe gewonnen zu haben, flutscht er ihr wie ein Stück Seife durch die Hände – und sie fühlt sich wieder auf den Anfang zurückkatapultiert. Sie setzt sich eine Deadline, nicht wissend, dass Oma Lina im Geheimen zu ihren Gunsten taktiert.

Tessa hingegen hat ihr Ziel unerschütterlich im Auge. Mit Bravour meistert sie den Lkw-Führerschein und ergattert glücklich ihren ersten Job als Truckerin. Außerdem genießt sie ihre junge Liebe zu Liam. Leider türmen sich leise und unerkannt dunkle Wolken am siebten Himmel auf.

Toto wird im Roadhouse als lästiges Übel angesehen und niemand hat auch nur die leiseste Ahnung von seinem perfiden Plan. So kommt es zu einem schrecklichen Vorfall.

Anleser:
»Mmh, es duftet so was von gut!« Erwartungsfroh und mit glänzenden Augen bückte sich Amy, um in Oma Linas Ofen zu linsen.
»Ja, frische Hefe, soeben geerntete Johannisbeeren und süße Butterstreusel sind eine unschlagbare Kombination.« Oma Lina sah prüfend auf die digitale Anzeige des Backofens, die im gleichen Moment mit einem lauten Piepen das Ende der Backzeit signalisierte.
Mit zwei Topflappen bewaffnet, holte Amy andächtig den süß duftenden Blechkuchen aus der Backröhre. Wie schön er aussah! Der Hefeboden war wunderbar fluffig aufgegangen und es schien, als gäben die leuchtend roten Johannisbeeren alles, um mit den feinen Vanille-Butterstreuseln um die Wette zu punkten.
»Gönnen wir ihm ein paar Minuten zum Abkühlen, dann können wir ihn warm essen.« Oma Lina kramte ihren Mixer aus der Schublade. »Ich schlage in der Zwischenzeit Sahne und wenn du möchtest, deck bitte den Tisch auf der Terrasse.«
Und ob Amy wollte!
Mittlerweile kannte sie sich in Linas Haus so gut aus, als wäre es ihr eigenes. Sie lief zu dem alten Eichenholz-Buffetschrank und holte das weiße Service mit den kleinen blauen Streublümchen heraus. Es war so herrlich antiquiert, aber sie hatte inzwischen schon so manche schöne Kaffeestunde damit verbracht. Das Geschirr passte einfach zu Oma Lina, zur Blümchencouch, zu diesem Haus im Allgemeinen, zum blühenden Bauerngarten. Und es war Wochenende, also Mußezeit. Joes Old Roadhouse war geschlossen, erst Montag würde es arbeitstechnisch weitergehen.

»Wenn das kein Glück ist! Ofenfrischer Kuchen macht einfach happy«, schwärmte Amy, wenig später in dem bequemen Stuhl auf der Terrasse sitzend und sich ein Stückchen von dem warmen Johannisbeerkuchen mit der kühlen Sahne genussvoll in den Mund schiebend.
»Finde ich auch«, stimmte Oma Lina zu. »Es ist herrlich, bei Sommersonnenschein die Seele baumeln zu lassen. Und in Gesellschaft sowieso.« Sie lächelte und schaute zu Buddy hinüber, der es sich mit einem Leckerchen auf der angrenzenden Obstwiese bequem gemacht hatte.
»Es tut mir echt leid, dass es mit einer Wohnung für mich noch nicht geklappt hat«, schämte sich Amy.
»Das braucht es überhaupt nicht«, winkte Oma Lina beiläufig ab. »Lieber ein bisschen länger warten, dafür eine schöne Wohnung, anstelle einer inakzeptablen Notlösung. Dann würdest du dir auf kurz oder lang wieder was Neues suchen müssen. Und wir beide haben es hier doch ganz angenehm, oder?«
»Oh ja! Ich fühle mich total wohl.«
»Ich denke, Buddy freut sich auch, dass du bei uns bist.«
Der Labrador hob bei der Erwähnung seines Namens aufmerksam den Kopf, widmete sich dann aber wieder ausführlich seinem Leckerchen.
Das Telefon im Haus schellte laut und Oma Lina entschuldigte sich daraufhin für einen Augenblick.

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'Der Unbefugte' von Lynn J. Moran

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Elmquist-Editions | Facebook
Alles, was Sie schon immer über die moderne Job-Welt wissen wollten!

Rufus LeBlanc ist ein Nichtsnutz, wie er im Buche steht. Ausgestattet mit dem IQ eines Hochbegabten und gleichzeitig zu zerstreut, um sich die Schuhe zu binden, erntet er im Leben nichts als Kopfschütteln. Schon in jungen Jahren setzt er sich ein ehrgeiziges Ziel: Jeden Beruf der Welt wenigstens einen Tag lang auszuprobieren. Seine Ausflüge in die moderne Arbeitswelt enden stets in einem Fiasko. Ob vor Lachen oder vor Weinen: Rufus LeBlanc lässt kein Auge trocken.

Wer sich schon immer gefragt hat, welchen skurrilen Problemen die Generation Y, die Millenials in der modernen Jobwelt ins Auge sehen müssen, für den ist dieses kleine, schonungslose und absolut (rotz-)freche Buch ein Must-have!

Anleser:
An einem Wochenende irgendwann zu der Zeit, als ich meine neu auserkorene Ausbildungsstelle noch nicht angetreten hatte, lud mich einer meiner Ex-Studienkollegen namens Peer zu sich in sein kleines Bausparer-Paradies ein. Wir saßen mit seiner Familie in einem etwa kaninchenstallgroßen Gärtchen hinter einer minzgrün gestrichenen Doppelhaushälfte, seine Frau servierte sündhaft teuren Bio-Kombucha und Peer grillte bei Bestlaune 99-Cent-Steaks auf einem 4000-Euro-Elektrogrill, der den halben Rasen ausfüllte.
Seine zwei Kinder (5 und 7) bewarfen sich gegenseitig mit ihren neuen iPads und rannten kreischend um uns herum, während Peer und ich uns über alte Zeiten unterhielten.
Es war für mich ein höllisch gemütlicher Abend. Ich war froh über die warme Mahlzeit und es tat mir gut, Peers Stimme zu hören. Es war die Stimme eines Mannes, der einen gut überschaubaren Weg eingeschlagen hatte und gewillt war, diesen stolz und munter bis zum Ende seiner Tage zu gehen. Auf dem Campus hatte Peer gern Retro-Sportschuhe und zerschlissene Hoodie-Pullover getragen. Jetzt steckte sein etwas unförmiger Torso in einem petrolfarbenen Pollunder und an seiner rechten Hand schnürte sich ein eng gewordener Ehering in seinen Finger. Er erzählte viel von seiner Arbeit als Human-Resource-Manager und er war drauf und dran, mich nach ein paar Drinks noch einmal durch sein Haus zu führen, um mir alles zu zeigen. Er hatte schlichtweg vergessen, dass er die Besichtigungstour mit mir schon gleich zu Beginn zweimal durchexerziert hatte und ich erinnere mich, dass ich mir zwischendurch auch immer wieder kilometerlange Bilderstrecken von Peers neuem Auto auf seinem Smartphone ansehen musste, obwohl es ja gleich nebenan in der Garage stand.
Ganz nebenbei: Peers Auto war ein leistungsstarker Kombi in einer Farbe namens Braun-Metallic. Eine perfekte und zugleich zutiefst kastrierte Mischung, ein gequälter Kompromiss aus Sportwagen und Familienkutsche. Es machte mir nichts aus, mir mit ihm die Bilder rauf und runter anzusehen. Ich war fröhlich, weil ihn die ganze Nummer absolut selig machte.
Peer war wie ein kleiner Junge, der einem zeigte, was er alles zu Weihnachten bekommen hatte. Der Unterschied bestand darin, dass um seine molligen Mundwinkel zusätzlich noch das Siegerlächeln eines arrivierten Ausgewachsenen, eines Büro-Alphamännchens spielte. Für alle die nicht wissen, was ein HR-Manager tut: Früher nannte man Peers Beruf einfach Mitarbeiter der Personalabteilung. Seit das zweckmäßige Denglisch in allen Branchen Einzug gehalten hatte, wurden aus dem Personal schließlich Human Resources, was soviel wie menschliche Rohstoffe, Menschenmaterial bedeutet. Just for your Information. FYI.
Irgendwann zu späterer Stunde, als das schwere Essen und Peers anfänglich funkensprühender Elan ihren Tribut forderten, legte sich eine ernste Nachdenklichkeit auf sein erhitztes Gesicht. Wir hatten uns nach drinnen begeben und saßen träge in der Sitzgruppe vor dem Flatscreen-Fernseher, der größer war, als das Bett, in dem ich für gewöhnlich schlief.
»Was man so hört, bist du noch nicht wirklich sesshaft geworden«, sagte er und ächzte in den Designer-Sackleinen-Polstern.
»Stimmt«, sagte ich gähnend. »Man probiert sich so aus.«
Peer lehnte sich zurück und sah mit seinen müden und leicht geröteten Schweinsäuglein seiner Frau nach, die gerade zwei Schüsseln mit Tapas-Resten abtrug. »Ein Mann in einem gewissen Alter, Rufus, ohne Familie und ohne etwas, das ihm gehört. Ohne etwas, auf das er bauen kann. Klingt für mich alles ziemlich gewagt.«
Ich war beschwipst von dem Sangria-Verschnitt, den wir uns seit geraumer Zeit hinter die Binde gossen und verstand nicht so recht, worauf er hinaus wollte. Meine Laune war ungetrübt. Ich war zwar müde, aber auch überdreht und fühlte mich dazu aufgelegt, blödes Zeug zu reden. Ich hatte das irgendwie missverstanden. Ich dachte, dass genau darin das Spiel bestand, das wir zu unserer Belustigung als nächstes spielen würden und dass auch Peer in einer albernen Laune war. »Wie meinst du das, gewagt?«, fragte ich näselnd.
»Du fährst volles Risiko, mein Freund«, sagte er. »Du hast kein Haus gebaut, keinen Baum gepflanzt und das alles. Es gibt viele, die dich dafür bewundern, hast du das gewusst? Bei den Jahrgangstreffen, bei denen du nie auftauchst, bist du praktisch Dauergespräch.«
»War mir nicht bewusst.«
Er nickte vielsagend. »Kannst du ruhig glauben. Die reden mit Hochachtung von dir, als wärst du ein Outlaw, der letzte Renegade. Rufus, unser König der Freigeister. Ich hab denen gesagt, dass das alles Quatsch ist. Dass du deine wahre Berufung einfach noch nicht gefunden hast und dass du deinen Weg bestimmt bald irgendwie machen wirst. Manche brauchen einfach bisschen länger, hab ich recht?«
»Ich fürchte, ich weiß nicht so gaaanz genau, was du meinst, Partner«, kicherte ich naiv und dämlich vor mich hin und musste aufstoßen. Im Hintergrund ging irgendwo ein iPad zu Bruch und ein Kind schrie wütend auf das andere ein.
»Ich will damit sagen, wir alle hatten mal ’ne wilde Phase. Manche bleiben ’ne Zeit lang drauf hängen, glauben, dass sie ewig jung sind und dass das Leben eine Party ist, oder was weiß ich. Aber früher oder später rücken alle in den Hafen ein. Darauf kannst du einen lassen.«
»Hafen?«
»Du sagst es. Es ist nichts Verwerfliches daran, wenn man am Anfang ’n bisschen rudert. Quasi ohne Orientierung. Das is uns allen so gegangen. Sieh mal, ich hatte ’nen Kumpel, der unbedingt Künstler, Bildhauer oder irgend so ’n Lulli-Kram werden wollte. Hat immer davon gefaselt, dass das seine Bestimmung ist und dass er nur das machen kann. Nur das! Ganz einfach weil es das einzige ist, wobei er wirklich Leidenschaft entwickeln kann. Ich hab ihm gesagt, dass das Bockmist ist. Jetzt hat er Kinder und verdient vernünftiges Geld. Zwar nur in Teilzeit, aber immerhin. Ich hab ihm gesagt, siehst du, man muss nur wollen, Kollege. Wenn man nur das machen kann, wofür man Passion, Spaß und Trallalla entwickelt, wo würden wir dann hinkommen, mein Alter? Genau. Ins Chaos, mein Freund. Reine Anarchie. Es gibt einfach Leute, die das nicht kapieren. Die können nicht bis drei zählen.« Er klopfte mir ein bisschen zu fest auf die Schulter und rieb sich über die verschwitzte Stirn.

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12. Juni 2021

'Weißer Ritter rotes Herz: Dean Reed in der DDR' von Tanja Stern

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website Tanja Stern
Dean Reed (1938 - 1986), amerikanischer Schauspieler und Sänger, zog in den 1970-er Jahren freiwillig aus dem Westen in den Osten, aus der großen weiten Welt in die kleine DDR – der Liebe wegen, aber auch aus Idealismus: Als überzeugter Kommunist sah er in der Gesellschaftsform des Sozialismus sein Lebensideal verwirklicht. Er wurde Honeckers Propagandasänger, der rote Vorzeige-Amerikaner, der die Faust zum „Venceremos!“ hob, und er wurde ein beliebter Unterhaltungsstar. Doch irgendwann mochten die DDR-Bürger seine Lieder und vor allem seine Sprüche nicht mehr hören ...

Eine Biographie zwischen Komik und Tragik, zwischen Glanz und Elend, zwischen Show und zertrümmerten Show-Kulissen.

Anleser:
Er war eine Lachnummer meiner Jugend. Wir zogen den Namen in die Länge: Diiiiiiiiiin Riiiiiiiiiid! Das klang dann wie Igittigitt. Nie hätten wir uns einen Film wie „Sing, Cowboy, sing“ angesehen – igitt, allein schon dieser Titel! – und nie hätten wir uns, verwöhnt, wie wir waren, vom musikalischen Reichtum der Beatles-Ära, die tumben Folksongs angehört, die dieser Cowboy zu singen pflegte. Doch was eigentlich unser Naserümpfen hervorrief, war nicht die Plattheit seiner künstlerischen Produktion. Es war die Staatsnähe, die er verströmte, das ständig penetrant zur Schau getragene Image des eifrigen Klassenkämpfers gegen den Kapitalismus. Der Mann schien aus einer anderen Welt, aus einer anderen Zeit zu kommen. Wer die DDR kritisch sah, empfand ihn als groteske Figur, als wandelnde Primitivpropaganda.

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11. Juni 2021

'Wir werden einander viel, sehr viel zu vergeben haben' von Detlef M. Plaisier (Herausgeber)

edition Kronzeugen | Erstausgabe | Juni 2021
ISBN 978-3-9821953-3-9
Erhältlich bei Detlef M. Plaisier
und überall im Buchhandel
Ungehörte Corona-Biografien von Ostfriesland bis Neuseeland.

70 Beiträge auf 370 Seiten, davon zehn Texte aus dem Ausland mit englischer und russischer Übersetzung sowie zehn Texte auf Plattdeutsch, beschreiben persönliches Erleben in der Zeit der Corona-Pandemie. Die Gefühle der Verfasser reichen von Wut und Verzweiflung über Trotz bis zu festem Gottvertrauen. Die Fragen lauten: Werde ich mich in der neuen Realität noch zurechtfinden? Will ich in dieser Gesellschaft noch leben? Werden meine Werte noch Bestand haben? Und ist Corona nur eine Episode oder ein Epochenbruch?

Die Zeugnisse wurden über den Zeitraum eines Jahres gesammelt. Es sind subjektive Moment-aufnahmen, es gibt keine endgültigen Antworten, und doch gehören alle Schilderungen als „oral history“ zur Erbschaft unserer Kulturgeschichte. Besondere Akzente setzen die Beiträge von Street Art-Künstlern und Texte junger Leute aus Indien, Peru und Ruanda.

Den Texten vorangestellt ist ein Schreibdialog zwischen Herausgeber Detlef M. Plaisier und Pastor Dreesch-Rosendahl aus Westrhauderfehn zu dem Begriff der Vergebung.

Der Verkaufspreis des Buches beträgt 20,00 Euro. Es kann direkt bei Detlef M. Plaisier (gerne mit Widmung, versandkostenfrei gegen Rechnung) bestellt werden.

Anleser:
Ich habe gelernt,
dass mir nach drei Tagen Arbeit ein Tag Ruhe guttut. Das bleibt.
Ich lese jetzt jeden Abend, bevor ich das Licht lösche. Das bleibt.
Ich bin dünnhäutiger geworden.
Ich bin sensibler geworden auf Lärm und Gerüche.
Ich träume intensiver, sehe Farben und Gesichter.
Ich erinnere vieles beim Erwachen.
Ich habe Lust auf Leben und Liebe.
Ungebrochen.

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'Space Jobs - Buch 1 » Odyssey' von Leonard Lionstrong

Kindle (unlimited)
Website Space Opera
Vom Hüllenputzer zum Millionär.

Im Weltraum arbeiten, in Raumschiffen zwischen den Sternen tätig sein? Das klingt toll, oder? Wenn da nicht die miesen Arbeitsbedingungen und die fiesen Arbeitgeber wären.

Der Weltraum ist ein schmutziger Ort, das weiß niemand besser als der naive Hüllenreiniger Immik. Er versucht alles, heuert an als Handelsreisender, klaut Satelliten, lässt sich als Feldarbeiter ausbeuten und geht mit einem Weltraumzirkus auf die Reise. Und dann kommt alles ganz anders ...

Space Jobs zeigt eine Version des totalen Kapitalismus. Jeder kämpft für sich. Völker und Rassen sind kaum noch entscheidend. Es zählt die Gruppe – oder die Notgemeinschaft. Menschlich geht es nur bei denen zu, die selbst Ausgestoßene sind. Erlebe eine fantasievolle und abenteuerliche Reise durch einen überraschenden Kosmos.

Anleser:
Lagermonde und -asteroiden sind ein Geschäftsmodell, das sich an Fernraumfahrer, Unternehmer und Abenteurer richtet. Auch wer häufig umzieht oder in den Vollzug wandert, weiß einen trockenen, verschwiegenen und sicheren Platz für seine Habseligkeiten zu schätzen. Für den Großbedarf lässt sich ein kompletter Mond mieten. Solche Mietmonde sind allerdings nicht eben günstig, da ihre Zahl pro Sternensystem begrenzt ist. Sie sind auch deshalb so beliebt, weil eine lückenlose Überwachung inbegriffen ist. Weniger anspruchsvolle Kunden setzen auf Lagerasteroiden, die massenhaft zu kriegen sind. Viele davon sind in Freizeitarbeit ausgehöhlt worden und gelten nach offiziellen Maßstäben als sicherheitstechnisch bedenklich. Pech, wer mit mühsam angehäuften Schätzen von einstürzenden Stollen begraben wurde, nur weil er ein bisschen hatte sparen wollen.
Der von Stenjo gemietete Raum befand sich in den Katakomben eines riesenhaften, weitestgehend schwarzen Asteroiden, der vorwiegend aus Ureilit bestand. Die kilometerlangen schlauchförmigen Gänge in dem Brummer konnten problemlos von kleineren Raumschiffen durchflogen werden. Die Schiffsbeleuchtung sorgte für ein fortlaufendes Glitzern der Wände. Es wurde von unzähligen Nanodiamanten verursacht.
»Willkommen in meiner Schatzkammer!«, rief Stenjo.

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10. Juni 2021

'Rügenträume und Strandgeflüster' von Evelyn Kühne

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Website Evelyn Kühne
Emmas gewohntes Leben gerät völlig aus den Fugen – doch Rügen wäre nicht Rügen, könnten hier nicht die kühnsten Träume in Erfüllung gehen.

Mit vielen verrückten Ideen und einer Portion Glück hat es Emma geschafft, der Pension Strandkieker den dringend notwendigen Aufwind zu verschaffen – nicht zuletzt dank ihres neuen Standcafés, in dem sie ihre Gäste mit leckeren Cheesecakes verzaubert.

Als sie zu einem Backwettbewerb eingeladen wird, könnte es nicht besser laufen. Tatkräftig greifen Schwester Hanna und Kollegin Fine Emma unter die Arme. Auch der charmante Segler Arne hilft Emma, und zwischen den beiden knistert es gewaltig. Als kurz darauf Emmas Ex David bei ihr auftaucht, stehen Emmas Gefühle endgültig Kopf.

Doch Emmas Erfolg ruft auch Neider auf den Plan, die ihr einen Sieg um jeden Preis streitig machen wollen.

Zwischen Kuchenchaos und Herzenswirrungen bemerkt Emma eines Morgens eine Übelkeit, die nur auf eines hindeuten kann, und sie muss herausfinden, für wen ihr Herz wirklich schlägt.

Anleser:
Mit forschendem Blick durchstöberte Emma die Erdbeerschüssel vor sich und pickte schließlich ein besonders schön anzusehendes Exemplar heraus. Sorgfältig und mit ruhiger Hand platzierte sie die Frucht neben den beiden bereits arrangierten. Dann trat sie einen Schritt zurück und betrachtete aus der Ferne ihr Werk. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Dieser Erdbeercheesecake war ihr wirklich hervorragend gelungen. Die weiße Vollmilchganache auf seiner Oberfläche schimmerte wie frisch gefallener Schnee. Und die Kombination mit den roten Beeren erinnerte sie einen winzigen Moment an die Einleitung aus Schneewittchen: ›Weiß wie Schnee und rot wie Blut.‹ Das Farbspiel war wieder einmal perfekt geraten und der Geschmack sowieso. Das wusste sie schon jetzt.
Emma wischte ihre Hände an der Schürze ab, nahm ihr Handy vom Fensterbrett und schoss einige Bilder. Diese würde sie später auf ihrer Instagram-Seite platzieren. Sie wusste, ihre Fanschar wurde immer größer, und die Menschen warteten jeden Tag auf neue Fotos.
Bevor die Torte morgen ihren Weg Richtung Café antreten würde, wanderte sie zunächst einmal in den großen neuen Kühlschrank in ihrer Speisekammer und zu den dort bereits wartenden Kameraden. Auf dem Holzbrett gleich daneben standen noch zwei weitere Kuchen. Emmas berühmter Quarkkuchen nach dem Rezept ihrer Urgroßmutter Hanni und ein einfacher Pflaumenkuchen, der es in sich hatte. Genauer gesagt eine reichliche Menge Alkohol, die für den perfekten Geschmack sorgte. Für morgen war genug getan, diese Kuchen mussten reichen.
Als Emma vor anderthalb Jahren, aus einer dringenden finanziellen Notlage heraus, ihrer Schwester Hanna den Vorschlag gemacht hatte, ein Café als zusätzliche Einnahmequelle zur Pension Strandkieker zu eröffnen, hätte sie niemals mit diesem durchschlagenden Erfolg gerechnet. Die Leute rannten ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Bude ein. Was aus einer Laune begonnen hatte, war inzwischen eine feste Institution in Glowe geworden. Das hatte anfangs nicht allen gefallen, und mancher fürchtete die Konkurrenz der Hobbybäckerin mit ihren verrückten Kreationen, doch inzwischen hatten sich die Gemüter weitestgehend beruhigt.
Die Idee war gewesen, den tagsüber leerstehenden Frühstücksraum ihrer Pension zu nutzen. Die war das Kerngeschäft des alten Hauses am Meer. Doch etwas in die Jahre gekommen und unmodern geworden, waren irgendwann die Buchungen ausgeblieben. Jahrelang hatte ihre Schwester Hanna sich mit vielen Sorgen allein herumschlagen müssen. Denn Emma war beruflich, als Gästemanagerin einer großen Hotelkette, in der ganzen Welt unterwegs gewesen. Erst als Vater Wilhelm einen Schlaganfall erlitten hatte, war sie zurückgekommen und auf Rügen geblieben. Zu groß waren die Sorgen gewesen, die auf ihrer Schwester gelastet hatten. Nach anfänglichen Problemen hatten sich die beiden ungleichen Zwillinge zusammengerauft und gemeinsam die Wende im Strandkieker eingeleitet.
Doch dann hatte Hanna endlich die Liebe ihres Lebens gefunden, und Emma war es gewesen, die sie beschworen hatte, ihrem Glück zu folgen. Seitdem hatte sie das Ruder hier fest in der Hand. Dank kleinerer, aber wirkungsvoller Modernisierungen, einem knallharten Sparkurs und steigender Einnahmen ging es allmählich aufwärts im Strandkieker. Und das stimmte nicht nur die beiden Schwestern froh, sondern auch deren Eltern.
Dieses Stück Land am Meer, bebaut mit der Pension und ihrem Elternhaus, war schon seit langen Zeiten in Familienbesitz. Ihr Urgroßvater hatte den Strandkieker damals neben dem Hauptgebäude errichtet, als Gästehaus für reichere Städter, die eine Auszeit am Meer brauchten. Seitdem standen die beiden Reetdachhäuser wie Geschwister nebeneinander, und jede Generation hatte ihnen ihren ganz eigenen Stempel aufgedrückt. Und auch sie hatte das getan und eine weitere Wendung Richtung Moderne vollzogen.

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9. Juni 2021

'Glut im Herz' von Esther Grünig-Schöni

Kindle | Tolino
Website | Autorenseite
Die Geschichte um Florent, der sein Leben meistert. Wie aus Schlechtem Gutes werden kann? Einfache Formel? Nein. Vielleicht Konstruktives versus Destruktives? Alles, was gesagt werden kann, trifft es nicht annähernd. Aber es ist.

Florents Leben wirbelt Fragen auf. Nicht immer können schlüssige Antworten gefunden werden. Sein Leben erschüttert und führt in eine Welt, die vielleicht lieber nicht betreten wird. Die Welt eines Opfers. Und doch lohnt es sich, dies kennen zu lernen.

Flo - Weggeworfenes Kind - Schönes Kind - im Heim missbraucht, gequält Objekt - Straßenjunge - Kleinkrimineller - Rocker - Biker - Lernender - Unternehmer - Mensch - Schöner Mann - Freund und Geliebter - bewegtes und bewegendes Leben. Muss er seine Kindheit töten, um seine Traumata überwinden zu können, um leben zu können. Wohin geht er?

Es kann in der Stadt, in der Gegend, im Land geschehen, wo wir uns aufhalten. Überall hautnah und bewegend eine Geschichte über die Ursachen, Hintergründe und die Folgen des Missbrauchs von Kindern und der Gewalt an Kindern. Die Folgen einer verlorenen Kindheit. Und doch ein Blick auf Hoffnung und Licht.

Anleser:
Florent schloss die Türe hinter sich, auch wenn es nicht nötig gewesen wäre. Er hörte das Einschnappen des Schlosses. Es klang übermäßig laut. Es dröhnte in seinen Ohren. Das konnte auch von seiner jetzt empfindlichen Wahrnehmung her stammen. Es war wie das Zuschlagen einer Gefängnistüre. Oder das endgültige brutale ‚Zu‘ einer dicken Kellertüre. Brutal wie das, was er gehört hatte. Das was auf ihn zukam hatte er nicht in der Hand. Das umklammerte ihn. Er nahm in seine Hände, was ihm möglich war. War es ein Tumor oder nicht? War es ein bösartiger, konnte es zu Ende sein oder er behindert weiterleben müssen. Gehindert am Leben. Verhindert zu handeln. Wenn er gutartig war, bestanden bei der Operation ebenfalls Risiken. Es konnte einiges zerstört werden, er auch da behindert hervor gehen. Aber auch das Weitergehen auf der Straße barg Risiken. Wenn ihm ein Gerüst auf den Kopf donnerte, er hinfiel oder er auf die Straße gestoßen wurde. Er lachte freudlos. Er machte sich bereits zu viele Gedanken.
Es verfolgte ihn. Er musste Lösungen finden für sein Leben und den Umgang mit der Vergangenheit. Wucherte das, was ihn seit seiner Kindheit begleitete? Es hatte ihn nicht los gelassen. Er hatte es nur eine Weile auf die Seite gelegt. Nun drängte es erneut nach oben. Er wusste, er musste es aktiv und lebendig angehen. Noch konnte er das.
Er streckte sich. Er wollte den Kopf jetzt nicht hängen lassen. Das war noch nie seine Art gewesen. Noch war das, was er gehört hatte, kein Todesurteil. Es war noch nicht einmal klar, was in ihm vor sich ging. Sie wussten noch nicht, was wuchernd um sich griff. Also wusste auch er es nicht. Und er war ein Kämpfer. Früher und heute.
Er sah den Neurologen vor sich. Sein Hausarzt hatte ihn nach einigen für ihn verdächtigen Vorfällen zu diesem Spezialisten geschickt. Zu einem Mann mit leichtem Bauchansatz und lebendigen Augen. In seinem Mund blinkte ein Goldzahn. Er trug eine Brille auf der geraden, schmalen Nase. Diese Brille gab ihm etwas Gewichtiges. Auch wenn das im Ganzen eine Nebensächlichkeit war. Es war ihm aufgefallen. Kleinigkeiten fielen ihm oft auf. Aber wozu? Er zuckte die Schultern. Er hasste Ärzte. Ein Überbleibsel aus einer früheren Zeit.

***
Weißkittel mit kalten Augen an seinem Bett, die ihn ausschimpften, wenn er weinte. Weißkittel, die lachten, wenn er um den Freund im Bett neben sich weinte. Ärzte, die ihn quälten, nicht ihm halfen. Ärzte, die Ungeheuer waren.
***

Nein! Er schüttelte es ab. Er hatte ihn aufsuchen müssen, so wie er zu seinem Hausarzt gegangen war, als ihn diese Vorfälle gebremst hatten. Manchmal diese starken Schmerzen, manchmal Ausfälle und manchmal Ausraster, die er nicht verstand. Oh, er war durchaus temperamentvoll, aber das ging darüber hinaus. Aber vor allem die Schmerzen, die Gleichgewichtsstörungen, das Flimmern vor den Augen und die schneller auftauchende Müdigkeit. Er war noch nicht alt. Sein Körper war nicht verbraucht. Der war im Gegenteil in einem fitten Zustand. Überarbeitet konnte er nicht sein. Obwohl … er arbeitete viel. Er hielt allerdings etwas aus. Das konnte es nicht sein. Er wusste noch nicht, was mit ihm los war. Aber er sah diesen Neurologen vor sich, aus dessen Praxis er gerade kam.
"Es sind weitere Untersuchungen nötig, bevor wir Klarheit haben." Er saß vor dem Arzt. Es dröhnte in seinem Kopf. Aus den Worten wurden Schläge. Sie trafen ihn am ganzen Körper, brannten, schnitten ihn, zerfleischten ihn. Da war Druck. Im Kopf. Überall. Angst. Wie früher, große Angst. Er musste es sich eingestehen. Er hatte Angst. Und er hasste dieses Gefühl ganz besonders. Und da! Wieder ein Blitzlicht. Ein Wetterleuchten aus seinem Innersten.

***
"Nein, ich will nicht. Er soll das nicht tun. Nein. Es tut weh. Es ist nicht schön. Es ist hässlich. Ich mag das nicht. Es stinkt. Ich ersticke, wenn er das tut, ich will das nicht. Es ist scheußlich. Nein, ich mag das nicht." "Du musst ein lieber Junge sein. Lächeln. Lächle in die Kamera. Schau doch, der kleine Vogel. Da. Da wird er zu sehen sein."
"Nein. Da ist keiner. Das ist gelogen." „Sieh doch. Da ist er.“ „In Kameras sind keine Vögel. Das weiß ich schon lange.“ „Wie kann man so klein nur schon so farblos sein. Sieh es dir an, stell es dir vor.“ „Ich bin nicht dumm.“ "Gut. Das ist gut. Aber... Hast du mich denn nicht lieb?" "Nein!"
"Das ist nicht schön. Da bin ich traurig. Komm, wir haben einander wieder lieb. Du bist so ein hübscher kleiner Junge. Wenn du weinst, ist dein Gesicht nicht hübsch. Es ist rot gefleckt und hat Runzeln. Komm lächle, sei lieb." "Nein!" Lippen zusammenpressen. Augen zumachen. Ganz steif. Hässlich sein. Ich will nicht. In Ruhe lassen soll er mich. Ein ärgerliches Gesicht machen, dann geht er vielleicht wieder.
"Dann muss ich es ihnen sagen." Ich reiße erschrocken meine Augen auf. "Nein! Bitte nicht. Tu das nicht." "Dann sei lieb und lach mich an. Fass mich an. Streichle. Nimm es in den Mund." Es ist grässlich. Groß. Dick. So groß. Ich mag es nicht. Es ekelt mich. Besonders das klebrige Zeug und der Geruch. Es stinkt. Es schüttelt mich. Aber sie dürfen keine Tränen sehen.
Niemand darf Tränen sehen. "Nein! Bitte nicht. Es tut weh. Nicht schlagen. Nicht das. Nein. Ich will mich nicht umdrehen …"

***

Es zerplatzte wie eine Seifenblase, aber laut und nicht sanft und weich. Nicht so wie es bunt glitzernde Seifenblasen der Clowns, der Poeten und der Kinder in der Regel tun. Nein, nicht so. Es war keine solche. Er verscheuchte es. Es dröhnte. Er kam zurück. Diese Bilder wollte er nicht zurück haben, also vertrieb er sie. Sie zerstörten sein Leben. Oder war es anders? Konnte es sein, dass sie vielmehr an die Oberfläche aufsteigen mussten, damit er weiter leben konnte? Aufsteigen - Bis alles rot war wie ein See aus Blut und Dreck, damit er ihn reinigen konnte. Das konnte sein. Die Wut kam wieder. War es nicht das … auch das ein Geschwür wie das, welches vielleicht in ihm wucherte. Geschwüre überall. Auf der Straße, in Fenstern, in Heften, in Büchern, in der ganzen Gesellschaft, in den Kirchen, im sogenannten Guten, in den Braven, den... Er schüttelte wieder den Kopf, legte es ab, wie man altes Zeug abzulegen pflegte.
Die Praxis des Neurologen stand in einer Gegend, in der er sich sonst nicht aufhielt. Er sah sich um. Es war morgens. Er mochte weder herumfahren, noch an seine Arbeit gehen. Er musste Luft holen. Aber die Landschaft bot ihm dafür zu viel an Luft. Heute fand er dort nicht, was er brauchte. Er wollte allein sein und doch inmitten der Leute. Dazu eignete sich ein Lokal, in dem er sonst nicht verkehrte.
Es gab Bereiche in seinem Leben, die klarer werden mussten. Vorsichtig nach und nach. So wollte er es. Er stand neben seiner Maschine, löste den Helm vom Haken, hielt ihn in seinen Händen, hielt inne. Warum nicht hier bleiben? Er sah das Lokal auf der anderen Straßenseite und entschloss sich dort zu frühstücken. Er fuhr sich durch seinen Haarschopf, hielt inne, als er seinen Schädel bewusst spürte. Doch er vertrieb die erneut aufkommenden Gedanken. Zum Henker noch mal. Er war jung. Vor ihm lag das Leben. Alle Türen standen offen. Er hatte Möglichkeiten wie nie zuvor. Viel hatte sich geändert. Ja vor ihm lag das Leben. Um ihn her genauso. Kein Trübsal blasen, Flo. Leben. Jetzt erst recht. Seine Augen begannen zu glitzern. Er sprintete in einer Verkehrslücke über die Straße, mit seinem Helm am Arm und betrat das Restaurant.

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1. Juni 2021

'Wenn Kavaliere reisen' von Sabine Illetschko

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Website zum Buch
Henrik und Onkel Adam sollen verreisen. Eher unfreiwillig begleitet der ewige Student den honorigen Professor. Der braucht Hilfe im Umgang mit seiner Fahrangst und Henrik selbst kann die Reise nutzen, um endlich seinen moralischen Mittelpunkt zu finden, wie es sein Vater ausdrückt. Trotz der unorthodoxen Wahl ihrer unterschiedlichen Fortbewegungsmittel gelangen die beiden an eine Art Ziel. Jeder für sich überwindet tiefsitzende Ängste und findet Antworten auf Fragen, die man sich früher oder später stellen muss.

Die Tour der beiden führt sie über Mittelitalien bis an die Peloponnes - zu einem Zeitpunkt, an dem Europa im Umbruch ist, ganz so wie zu Vorzeiten der französischen Revolution, als Gelehrte mit ihren Schutzbefohlenen Kavaliersreisen unternahmen. Ganz nebenbei wird diese moderne Grand Tour durch Einblicke in volkswirtschaftliche Fragen untermalt, denen sich der Onkel unaufgeregt und mit Hilfe von kleinen Erklärskizzen immer wieder widmet.

Buchtrailer:
Anleser:
Als wir nach weiteren zwei Flaschen Chianti die kleine Gasse, die direkt auf die Piazza führte, betraten, fühlte ich, wie mein Magen mit dem Brocken Fleisch kämpfte, mit dem ich ihn gestopft hatte. Die Straße war berstend voll mit Italienern und anderen Lärmquellen. Eine Menschenwand am Ende der Gasse versperrte den Zugang zum berühmten Hauptplatz der Stadt. Der Professore schaute den Onkel und mich an und sagte etwas, das ich in dem Stimmengewirr nicht hören konnte. Er hob seine Arme über den Kopf und beugte sich ein wenig nach vorne. Seine Hände berührten sich, als wollte er zu einem Kopfsprung in einen imaginären Pool ansetzen. Er drehte sich in die der Piazza abgeneigten Richtung und wippte mit seinen Handgelenken auf und ab. Der Komplexitätsgrad dieses außergewöhnlichen Bewegungsablaufs, der all die in seinem Körper verborgenen Kräfte zu brauchen schien, ließ mich kurz daran zweifeln, ob es sich hier tatsächlich um eine simple Richtungsanweisung handeln sollte. Onkel Adam grunzte neben mir und ich konnte die Töne, die ich von ihm hörte, nicht sofort richtig deuten. Er drehte sich weg vom Professore und hielt sich eine Hand vor seinen Mund. Die andere legte er mir auf die Schulter. Er neigte sich zu mir und ich sah, dass er sich vor Lachen krümmte.
„Lustig, oder?“, sagte der vom Wein beschwingte Onkel.
Ein weiteres Mal überraschte er mich vollends.

Wir folgten dem honorigen Ausdruckstänzer, der sich jetzt erbarmungslos durch die Massen, die in Richtung Campo drängten, quetschte. Er behielt dabei ohne Unterbrechung seine schlaksigen Arme in der Höhe, ganz wie es sich für einen ordentlichen Fremdenführer gehört, dem Schirm oder Fähnchen fehlen. Wir bogen in eine noch engere Gasse und bahnten uns den Weg bis an ihr Ende. Dann drängten wir uns weiter in Richtung des Hauptplatzes. Was war das nur mit diesem Volk? Offenbar gab es Italiener nur unter freiem Himmel und nur in Massen. Dabei bewegten sie sich unaufhörlich. Niemand stand still – und niemand war still. Es wurde gelacht, mit den Händen gefuchtelt, sich umarmt, sich geküsst, sich fotografiert, debattiert, telefoniert. Welche Leidenschaft, welche Freude! Gerade als ich das italienische Lebensgefühl ganz in mir aufnehmen wollte, spürte ich, dass ich bereits voll war. Kein Platz mehr in mir. Mir war schlecht, und zwar richtig.

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'Von Rosen und Krähen' von Annika L. Schüttler

Kindle (unlimited)
Website Annika L. Schüttler
»Sie hatten beobachtet, was geschehen war. Hatten die Schreie vernommen, das Blut und das Feuer gerochen.
Und dann hatten sie die Stille weinen gehört.«


Als der König von Lhargos stirbt, erfährt seine Tochter Salais ein furchtbares Geheimnis: Seit Jahrhunderten ist es nicht ihre Familie, die diese Welt regiert, sondern die Talisk, die den Thron vor langer Zeit geraubt haben. Auch Salais muss sich ihrem Willen beugen, wenn sie weiterleben will. Gemeinsam mit ihrem Gefährten Dallas haben sie nur eine einzige Hoffnung: den Widerstand, der sich gegen die Talisk formiert hat. Schnell wird klar, dass diese Hoffnung nicht ausreicht, denn die Gefahr greift um sich und jedes Zögern kostet Leben.

Weit von Lhargos entfernt ahnt Maira nicht, dass auch die Welt, die sie kennt, kurz vor dem Untergang steht. Erst als ein blutroter Mond aufgeht und ein geheimnisvoller Fremder ihr Briefe schreibt, wird die Gefahr offensichtlich. Vertrauen und Verrat liegen dicht beieinander und es ist längst nicht mehr nur ihr eigenes Schicksal, das Maira in den Händen hält …

Anleser:
Das Wirtshaus roch nach schalem Ahornbier und durchzechten Nächten. Iven polierte den Tresen sorgfältig, während er zugleich alle Sinne auf die letzten Gäste gerichtet hielt.
Die Monde neigten sich schon fast wieder dem Horizont zu, so fortgeschritten war die Nacht mittlerweile. Und wer zu dieser Stunde noch in einem Wirtshaus saß, der übernachtete entweder hier oder aber hatte so viel getrunken, dass er es nicht mehr nach draußen schaffte.
Iven war die erste Sorte normalerweise deutlich lieber, doch wenn er nun vom polierten Holz aufblickte, sah er nur eine Handvoll Männer verstreut über den Tischen liegen. Keiner von ihnen hatte am Abend ein Zimmer verlangt.

Und keiner würde jetzt mehr für die Nacht bezahlen.
Ein raues Lachen lenkte Iven ab und er warf einen Blick über die Schulter, wo die kleine Küche an den Schankraum anschloss. Raver wischte mit einem fleckigen Tuch über ein Bierglas. Schaumreste tropften dabei auf den Boden, doch niemand störte sich daran. Schließlich mussten die Gäste schon froh darüber sein, dass der Wirt hin und wieder überhaupt Seife zum Reinigen des Geschirrs verwendete und es nicht nur mit abgestandenem Bier und fragwürdigem Regenwasser aus dem Eimer hinter dem Haus abspülte.
Raver bemerkte seinen Blick. »Alkohol desinfiziert«, sagte er schmunzelnd.
»Auch innerlich?« Iven zog die Augenbrauen zweifelnd nach oben, aber Raver zuckte nur die Schultern und trat zurück in die Küche.
»Die bezahlen ja sowieso nicht«, hörte Iven ihn noch murmeln.
Ein durchdringendes Wiehern fegte durch die Nacht und Iven riss den Kopf hoch.
Bei den Monden!
Ohne einen Blick zu Raver hastete er durch das Wirtshaus und öffnete die Tür. Kalte Luft drang durch sein Hemd, aber Iven zitterte nicht. Sein Herz raste. Das Adrenalin brannte in seinem Blut und er wusste auch, warum.
Ein Pferd wieherte nur in panischer Angst auf diese Weise und keine Erklärung, die ihm einfiel, versprach Glück und Seligkeit. Entsetzt riss Iven die Augen auf, als er das Pferd entdeckte, das einige Schritte von der Tür entfernt zum Stehen gekommen war. Das weiße Fell blutbefleckt und auf seinem Rücken eine vermummte Gestalt, die sich mit letzter Kraft festhielt.
Iven drehte sich zum Innenraum und stieß einen kurzen Pfiff aus. Raver war sofort bei ihm und stürzte zum verängstigten Tier, während Iven gerade rechtzeitig beim Reiter war, bevor dieser ohnmächtig vom Rücken des Pferdes glitt.
Iven zog ihn ein Stück mit sich, ehe er ihn behutsam auf dem Boden ablegte. Der Mantel des Mannes war blutdunkel.
Raver hielt das Pferd an den Zügeln und bemerkte die Blutflecken auf dem hellen Fell. Er sagte nichts, aber als sich ihre Blicke kreuzten, sah Iven die Bestürzung in Ravers Gesicht.
Irgendetwas war diesem Mann zugestoßen.
Irgendetwas Schreckliches.

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