'Paragrafen und Prosecco' von Janine Achilles und Katharina Mosel
Die ehemaligen Studienkolleginnen Ida und Karla treffen zufällig wieder aufeinander und beschließen gemeinsam eine Kanzlei zu gründen.
Unterstützt werden beide von Susi, die das Examen wegen Prüfungsangst nicht bestanden hat und ohne die beiden Freundinnen bis ans Ende ihrer Tage kellnern müsste. Schon bald kommen die ersten Aufträge, die so bunt sind wie das wahre Leben. Die jungen Frauen erkennen schnell, dass die Lösung nicht immer im Gesetz steht, sondern Einfühlungsvermögen und Herz erfordert. Während sich Ida mit der unerwarteten Eifersucht ihres Gatten herumschlagen muss, rutscht Susi von einer amourösen Katastrophe in die nächste. Nur Karla will mit Männern nichts zu tun haben. Das sieht nicht nur der charmante Kollege aus der Nachbarkanzlei, der ihr mit Rat und Tat zur Seite steht, völlig anders …
In ihrem ersten Roman gewähren die beiden Anwältinnen Janine Achilles und Katharina Mosel einen humorvollen Einblick in die Welt einer Anwaltskanzlei.
Gleich lesen: Paragrafen und Prosecco: Justitia und das wahre Leben
Leseprobe:
Es regnete, wie so oft in Hamburg. In 14 Tagen war Heiligabend und von Schnee keine Spur. Als ob der Regen nicht schon genug wäre, peitschte der Wind die Nässe auch noch in eine horizontale Richtung. Regentropfen klatschten ans Fenster und liefen von dort in breiten Schlieren nach unten. Alles in allem herrschte ein Wetter, welches eigentlich dazu einlud, es sich mit einem guten Buch und einem Glas Rotwein auf der Couch gemütlich zu machen.
Karla stand seufzend vor ihrem Kleiderschrank, der nur noch zur Hälfte mit Klamotten gefüllt war, die andere Hälfte befand sich bereits auf ihrem Futonbett – Hosen, Röcke und Blusen wild durcheinander auf einem großen Haufen. Wie so oft konnte sie sich nicht entscheiden, was sie anziehen sollte. Genau genommen hatte sie auch nichts Vernünftiges. Sie besaß zwar Jeans und einige Blazer in verschiedenen Farben, eine Jeans wäre heute Abend aber nicht das Richtige. Sie ging immerhin zur Weihnachtsfeier einer renommierten Anwaltskanzlei in der Stadt. Vielleicht sollte sie ihr dunkles Examenskostüm anziehen? Das war zwar eher sommerlich, erschien ihr für den Anlass aber noch am geeignetsten. Schließlich konnte sie nicht in ihrem vom Flohmarkt erstandenen indischen Wollrock in der Kanzlei auflaufen. Dann lieber frieren. Fahrrad fahren konnte man bei diesem Wetter vergessen, ein Taxi wollte sie sich nicht leisten und die U-Bahn Haltestelle war schließlich nicht so weit entfernt. Immerhin hatte sie noch keinen neuen Job in Aussicht und die Aushilfstätigkeit in der Anwaltskanzlei Kaspa würde mit Ablauf dieses Jahres enden.
Karla sah auf ihre Armbanduhr: 19.30 Uhr! Wenn sie noch weiter vor dem Schrank meditieren würde, käme sie zu spät. Das Examenskostüm also.
Sie zog eine dunkle, etwas dickere Strumpfhose an, schlüpfte in den engen dunkelgrauen Rock und die zum Kostüm gehörende weiße kurzärmelige Bluse. Beides befand sich glücklicherweise zusammen auf einem Bügel ganz hinten im Schrank. Wo war die dazugehörende Jacke bloß hingekommen? Karla geriet kurz in Panik, bis ihr einfiel, dass sie die Jacke neulich noch im Büro angehabt hatte. Weg konnte sie also nicht sein. Hektisch durchsuchte sie den Kleiderhaufen auf ihrem Bett und fand die Jacke schließlich unter einem anderen Blazer. Jetzt fehlten nur noch die dazu passenden Schuhe.
Sie starrte auf die überschaubare Anzahl ihrer Schuhe, die auf dem Boden des Schrankes aufgereiht waren. Warum hatte sie nicht auf ihre Mutter gehört, die ihr noch vor zwei Wochen Stiefel kaufen wollte, damit sie endlich einmal ordentliche Schuhe hätte, in denen ihre Füße warmgehalten werden würden? Karla hatte das Ansinnen ihrer Mutter zurückgewiesen und sie stattdessen überredet, ihr als Weihnachtsgeschenk einen Buchgutschein zu kaufen. Falsche Entscheidung, wie so oft. Vermutlich würde sie sich in ihrem einzigen Paar Pumps auf dem Weg ins Büro den Tod holen. Wie machten das die Frauen in New York? Die trugen auf dem Weg zur Arbeit Sportschuhe und in der Hand einen Beutel mit ihren Büroschuhen. Das hatte sie vor einiger Zeit beim Friseur in der Instyle gelesen und noch gedacht, dass das ja besonders dämlich sei. Egal. So würde sie es heute auch machen. Sie musste nur darauf achten, in der Kanzlei schnell in der Damentoilette zu verschwinden, um dort den Schuhtausch vorzunehmen.
Karla zog ihre Joggingschuhe an. Das sah zusammen mit dem Kostüm zwar merkwürdig aus, für das kurze Stück würde es aber gehen. Bei dem Wetter hatten die Menschen hoffentlich etwas anderes zu tun, als anderen auf die Schuhe zu starren. Sie packte ihre Pumps in einen Stoffbeutel und verstaute alles in ihrer großen Handtasche. Dann hüllte sie sich in ihren farbenfroh bestickten Wintermantel, wickelte sich einen bunten selbst gestrickten Schal um den Hals, ergriff ihren neben dem Schrank stehenden Regenschirm und ließ die Tür ihres kleinen Einzimmerappartements ins Schloss fallen. Gott sei Dank war die nächste U-Bahn Station nur 200 Meter entfernt.
Draußen angekommen versuchte sie den Schirm aufzuspannen. Eine Sturmböe erwischte ihn von der falschen Seite und mit einem knackenden Geräusch brachen mehrere Speichen.
»So ein Mist! Das hat mir gerade noch gefehlt.« Sie schleuderte die Überreste des Schirms voller Wut auf den Bürgersteig.
Der Wind klatschte ihr einen kalten Regenschauer ins Gesicht. Karla spürte, wie ihr das Wasser in die Augen lief. Ihr Make-up würde sie in der Damentoilette also auch auffrischen müssen. Nicht, dass sie sich viel schminken würde, sie besaß gerade einmal einen Kajalstift, Wimperntusche, Puder und einen Lippenstift, aber zur Feier des Tages hatte sie von allem Gebrauch gemacht. Um ihre Frisur musste sie sich immerhin keine Sorgen machen. Ihre dunkelbraunen Haare hatten einen praktischen Kurzhaarschnitt, der sich mit den Fingern wieder in Form bringen ließ.
Mit einer Hand versuchte sie ihren Schal um den Kopf zu wickeln, während sie im Laufschritt zur U-Bahn-Haltestelle lief. Natürlich fuhr ihr die U3 direkt vor der Nase weg, die nächste würde erst in zehn Minuten kommen. Damit käme sie etwas zu spät, was hoffentlich nicht auffallen würde.
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