27. September 2018

'Götterfunken- Schatten der Ewigkeit' von Sabine Claudia

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Arammu Darisam (sumerisch) Liebe für immer

1768: Der junge Landadelige Dorian, ist wie viele Aristokraten seiner Zeit vom Leben gelangweilt. Als ein Zufall ihm eine schicksalhafte Begegnung beschert, erfährt er von der Einen, die er vor undenklichen Zeiten geliebt und verloren hat. Um seine große Liebe wiederzufinden trifft er eine folgenschwere Entscheidung, die ihm ewiges Leben bringt. Er wird ein Vampir. Dieser Entschluss reißt jedoch auch Jene mit ins Verderben, die ihm zur Seite stehen.

2010: Bei einer Ausgrabung am Harzhorn, machen Archäologen einen sensationellen Fund: Sie entdecken ein antikes Grab, das Symbole der sumerischen Kultur trägt und ein besonderes Geheimnis birgt. Diese Entdeckung lockt nicht nur führende Experten des Altertums an, sondern auch Vampire und übernatürliche Wesen, die ihre eigenen Ziele verfolgen.

Im Hintergrund brodelt der ewige Kampf der Götter, gegen die universellen Wächter, um die Vorherrschaft im Universum. Während sich das Rad des Schicksals für alle Beteiligten eifrig dreht, sind sie Alle mit den Abgründen ihrer eigenen Persönlichkeit und deren Versuchungen konfrontiert.

Leseprobe:
1768, Dorian
Die Schenke war gut besucht und voller Rauch. Es roch nach ranzigem Fett, ungewaschenen Körpern und säuerlichem Wein. Als Dorian eintrat, wurde er von den Anwesenden verstohlen gemustert, denn er trug feine Kleider, die ihn als Edlen kennzeichneten, während die übrigen Besucher eher einfache Leute waren. Es war kein Ort, an dem Dorian sich sonst aufhielt, er bevorzugte die feinen Salons seiner Freunde. Doch er war aus einem bestimmten Grund in diese Spelunke gekommen.
Die 24 Jahre seines Daseins, waren von Langeweile und Lebensüberdruss gekennzeichnet, wozu es absolut keinen Grund gab. Dorian sah blendend aus mit seinen dunklen Haaren und den hellen grünen Augen, war hochgewachsen, von schlanker Statur, gesund und stark. Er war privilegiert geboren, der einzige überlebende Sohn eines reichen Gutsbesitzers und somit sein Erbe. Doch sein Vater, der kalt und distanziert war, weigerte sich standhaft, ihn in die Geschäfte einzubeziehen, oder zu sterben, somit hatte Dorian nichts zu tun, als tagaus tagein sein Leben mit Sinnlosigkeit zu füllen.
Der einzige Mensch, an dem ihm etwas lag, seine Schwester Cordelia, hatte vor sechs Monaten ihre große Liebe geheiratet. Siegbert Swann, einen benachbarten Gutsbesitzer. So oft wie möglich, besuchte er die beiden, um der trostlosen Öde des großen Hauses und der Gesellschaft seines Vaters zu entgehen. Sein Schwager Siegbert, der eine Schwäche hatte für Zauberei und Übernatürliches, nahm ihn bei seinem letzten Besuch auf dessen Landgut, zur Seite und erzählte ihm von der Hexe, die in der Schenke Quartier bezogen hatte und den Leuten die Zukunft voraussagte.
Ungläubig lächelnd hatte er ihm zugehört und alles mit einem Kopfschütteln abgetan. Doch seine Frustration hatte ihn wieder eingeholt, als er alleine auf seinem Landsitz war und so entschied er sich doch dazu, die Hexe aufzusuchen.
Der Wirt kam katzbuckelnd auf ihn zu, pries ihm seine verschiedenen Gerichte an und versuchte ihn zu einem der Tische zu bugsieren.
Zwei Dirnen waren auf ihn aufmerksam geworden. Sie kamen mit tänzelnden Hüften und verführerischem Lächeln näher.
Dorian stoppte den eifrigen Gastwirt mit einer abwehrenden Handbewegung und fragte nach der weissagenden Hexe. Dieser verbarg seine Enttäuschung nur mangelhaft, doch er verbeugte sich ehrerbietig und geleitete ihn in ein stilles Hinterzimmer, in dem es stark nach Kräutern duftete.
Der schmale Raum war nur schwach von einigen Kerzen erleuchtet und Dorian sah vor sich einen kleinen runden Tisch mit zwei Stühlen.
Der Wirt bedeutete ihm, Platz zu nehmen. Als sich die Tür hinter ihm schloss, waren die Geräusche aus der Schenke nur noch gedämpft zu vernehmen.
Dorian setzte sich und maß mit gelangweiltem Blick, den spärlich eingerichteten Raum, während er wartete.
»Ihr seid gar nicht neugierig, mein Freund«, vernahm er eine dunkle Stimme, die aus dem hinteren Teil des Zimmers näher kam. Eine Frau mit schwarzen Haaren und schwarzen Augen, trat zu dem erleuchteten Tisch. Sie nahm ihm gegenüber Platz und musterte ihn.

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24. September 2018

'Restsüße' von Claudia Meimberg

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
„Und ich? Werde ich dir fehlen?“

Während ihrer Reise durch Neuseeland lernt die Kölnerin Sarah den Winzer Josh kennen. Aus ihrer unerwarteten Romanze wird schnell mehr - obwohl sie wissen, dass Sarah in wenigen Wochen zurück nach Deutschland muss.

Dann trennen sie Kontinente, Zeitzonen und das ganz normale Leben. Aber wenn guter Wein Zeit braucht, um zu reifen - wie viele Jahre braucht dann die Liebe?

Leseprobe:
Das Tropenhaus dampfte. Es war stickig, die Luft machte das Atmen schwer und legte sich feucht auf die sattgrün glänzenden Blätter und den hölzernen Steg, der durch die Anlage führte. Sarah blieb stehen und wischte sich über die Stirn. Die Hitze in diesem Bereich des Zoos machte sie träge. Ihre Augen wanderten über die exotischen Pflanzen, die sich dem gläsernen Dach entgegenstreckten. Sie entdeckten bunte Vögel, die laut rufend durch die Halle flogen und erstaunlich große Schmetterlinge, die an einer Schale mit Nektar tranken und dabei langsam ihre pudrigen Flügel schlugen. Unter ihr, am Ufer eines trüben Wassertümpels, lagen Kaimane. Sarah betrachtete die Tiere, die mit halb geöffneten Mäulern am Ufer auf Beute lauerten. Völlig regungslos, nur der Glanz ihrer Augen zeugte von ihrer Echtheit.
»Pass auf!«, rief die Stimme, als sie plötzlich nach vorn gestoßen wurde und stolperte. Sie versuchte noch, sich am Geländer festzuhalten, als im gleichen Moment zwei starke Hände sie festhielten. Ihr Herz raste, aber sie riss sich zusammen, während sie sich zu ihm umdrehte.
»Dennis! Du hast mich erschreckt!« Sie schlug ihm mit der Hand auf die Brust, und er grinste.
»Tut mir leid.« Dann zog er sie an sich und küsste sie auf die Nasenspitze. »Na, komm. Da vorne ist das Nachthaus.«
Hand in Hand ließen sie die Hitze hinter sich und traten in das rötliche Dämmerlicht der künstlichen Nacht. Die Wände waren einem Felsen nachempfunden und die Gehege der Bewohner darin hinter Glas eingelassen. Sarah und Dennis schlenderten von einem zum nächsten, nur gerade so leise flüsternd, wie es von den Besuchern erwartet wurde. Manche Tiere entdeckten sie erst auf den zweiten oder dritten Blick, bei anderen überraschte sie deren Giftigkeit. Schließlich erreichten sie ein recht großes Tiergehege und blieben vor der Trennscheibe aus Plexiglas stehen.
Dennis beugte sich zum Informationsschild und las mit zusammengekniffenen Augen vor: »Das ist ein …«
»Possum«, unterbrach Sarah ihn lächelnd. Sie konnte den Blick kaum von dem kleinen Fellknäuel abwenden, das vorsichtig auf allen vieren einen Ast hinab balancierte. Die rosa Nase schnuppernd in die Luft haltend, folgte es einer Duftspur, bis es unter einem Stein ein verstecktes Bananenstück fand und es gierig in sein Maul stopfte. Trotz der Dunkelheit erkannte Sarah die Zähne des Tieres, sein kleines, kräftiges Raubtiergebiss. Unvermittelt strich sie mit ihrem Daumen über die Narbe an ihrer Hand.
Es war jetzt fast fünf Jahre her, seit ein deutlich wilderes Possum sie dort gebissen hatte. Seit diesem Wochenende. Dem letzten Wochenende mit ihm, Josh. Bilder flackerten in ihr auf, sie sah das Zelt vor sich, ihr Kanu auf dem smaragdgrünen Wasser, sein Gesicht. Eine längst verdrängte Wehmut schlich sich in ihre Gedanken, als Dennis’ Stimme sie aus ihren Erinnerungen riss.
»Hier steht aber, dass es ein Fuchskusu ist. Das heißt, warte, du hast recht …«, er las nuschelnd weiter, »… bezeichnet als Possum, gilt in Neuseeland als Plage und wird bejagt.« Er lachte amüsiert auf und trommelte mit den Fingerspitzen an die Scheibe. »Na, da hast du ja Glück gehabt, dass du hier wohnen darfst, nicht wahr?«
Das Tier reagierte nicht auf ihn und suchte unbeeindruckt weiter nach Essbarem. Dennis klopfte etwas lauter. »Die Neuseeländer schießen Viecher wie dich über den Haufen, hörst du?« Er hielt Daumen und Zeigefinger wie einen Revolver auf das Possum gerichtet und kicherte. »Peng, peng, peng!«
»Nicht alle Neuseeländer«, murmelte sie leise.
»Was hast du gesagt, Liebes?« Er sah sie so aufrichtig interessiert an, dass sie einen Moment lang versucht war, ihm die Geschichte hinter ihrem Kommentar zu erklären.
Ihm diesen Abend zu schildern, der am anderen Ende der Welt, irgendwo auf einer neuseeländischen Küstenstraße eine abenteuerliche Wendung genommen und ihr im Nachhinein so viel bedeutet hatte. Damals, an diesem Abend, war ihr plötzlich alles so klar geworden. Aber etwas in ihr wehrte sich dagegen, Dennis davon zu erzählen. Sie mochte dieses Erlebnis nicht als lustige Anekdote darbieten. Dafür war es zu wichtig gewesen, zumindest für sie selbst. Nein, sie würde jetzt nicht darüber reden. Außerdem kannte sie Dennis ja kaum. Heute war eines ihrer ersten Dates, wer hörte da schon gerne Geschichten von vergangenen Liebschaften?
»Ach, nichts. Das erzähle ich dir ein anderes Mal.«
Sein prüfender Blick wurde schnell weich, dann lächelte er sie liebevoll an.
»Okay.« Er legte den Arm um sie und zog sie mit sich. »Lass uns weitergehen. Es gibt hier noch viel zu entdecken.

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'BLUT FORDERT BLUT' von H.C. Scherf

Kindle (unlimited)
„Der Frieden ist nur Schein - hinter ihm lauert der Tod“

Eine ganze Region zittert vor ihr, obwohl sie Schutz versprach. Eine schöne Frau regiert nach dem Tod des Don unnachgiebig eine italienische Region. Nur einer durchschaut ihr Intrigenspiel, kennt ihr Geheimnis, das sie angreifbar macht. Geduldig wartet er auf den Tag der Abrechnung.

Ein grausamer Mafiakrieg, in den die Gerichtsmedizinerin Karin Hollmann, Hauptkommissar Spelzer und ein Serienkiller unaufhaltsam hineingezogen werden. Sie versuchen, Unschuldige zu schützen.

Obwohl die Handlungsabläufe in sich abgeschlossen sind, empfiehlt es sich, die Bücher der Spelzer/Hollmann-Reihe in der Reihenfolge zu lesen:
KALENDERMORD - Band 1
DER SERBE - Band 2
MORDTIEFE - Band 3
BRANDZEICHEN - Band 4
BLUT FORDERT BLUT - Band 5

Leseprobe:
Wieder traf ihn die breite Faust mit voller Wucht auf den Wangenknochen.
»Ich kenne die Männer nicht. Ihr müsst mir glauben – bitte. Ich würde es euch doch sagen.«
Die letzten Worte waren kaum noch zu verstehen, da sich ein weiterer Schwall frischen Blutes aus Lucas Mundwinkel ergoss. Ausdruckslose Augen der umstehenden Männer waren auf sein zerschlagenes Gesicht gerichtet, warteten auf etwas Bestimmtes. Schließlich trat eine schlanke, großgewachsene Frau in den Vordergrund, die sich bisher schweigend zurückgehalten hatte und die Folterungen der Schläger mit einem genießerischen Lächeln verfolgte. Still saß sie zuvor in einem Korbstuhl, die Beine leger übereinandergeschlagen. Ihr schwarzes Haar bändigte ein großer, strenger Knoten am Hinterkopf. Die Kleidung wirkte elegant und teuer. Vor ihr hatten die Männer eine Gasse freigelassen, damit sie das Schauspiel genießen konnte. Sie berührte mit der Fingerspitze eine der wenigen Stellen am Kopf des Gequälten, die nicht mit Blut besudelt war und drückte das Gesicht so zurecht, dass sie genau in die geschwollenen Augen blicken konnte. Was sie zu sehen bekam, war pure, nackte Angst. Das Beben des Körpers war selbst bei leichter Berührung feststellbar. Unter dem Stuhl des Mannes verströmte eine breite Pfütze den Geruch warmen Urins. Unbeeindruckt von den Qualen des Mannes starrte sie mit kalten Augen auf ihr Opfer.
»Deine Eltern haben dir einen sehr schönen Namen gegeben. Luca gefällt mir. Er hat übrigens mehrfache Bedeutung. Wusstest du, dass er zum Beispiel Morgendämmerung oder der aus Lucania Stammende bedeutet? Darüber hinaus findet man seine Bedeutung auch in der Lichte, der Glänzende, aber auch der bei Tagesanbruch Geborene. Bei dem zuletzt genannten Vergleich habe ich allerdings meine Zweifel, ob du kleiner Straßenköter den Nächsten noch erleben wirst. Es sei denn, du verrätst uns innerhalb der kommenden fünf Minuten, wer dich bezahlt hat für deinen Verrat. Die Zeit läuft!«
Sie trat einen Schritt zurück, um den Blutspritzern zu entgehen, die der Mund des Opfers versprühte, als dieser zu schreien begann.
»Ich habe niemals einen Namen erfahren. Die haben mich angerufen und mir das Geld in einem Umschlag in den Briefkasten gesteckt. Selbst die Telefonnummer war unterdrückt. Glaubt mir das doch. Bitte habt Gnade mit ...«
Der Faustschlag, der Luca unterhalb des rechten Auges traf, ließ ihn gequält aufschreien. Alle Umstehenden konnten das Geräusch des brechenden Jochbeins hören. Unbeeindruckt davon wartete die Frau auf eine Antwort. Demonstrativ tippte sie im Sekundentakt auf ihre mit Brillanten besetzte Armbanduhr. Lucas Schreien wechselte mittlerweile in ein jämmerliches Wimmern. Die Hände zerrten immer wieder an den Fesseln, die ihn unerbittlich am Stuhl festhielten. Als einer der Männer gegen die Rückenlehne trat, prallte Luca mit dem Gesicht auf den schmutzigen, rauen Betonboden und riss sich die Haut von der Wange. Ein schmieriger Blutstreifen zeichnete den Weg, den Lucas Gesicht nahm, als ihn dieser Schläger über den Boden zog, hin zu einer Werkbank. Ein weiterer, auch mit einem schwarzen Anzug bekleideter Mann, zerschnitt die Fesseln, die den armen Kerl auf dem Stuhl fixiert hatten. Er fasste mit an, um das wehrlose Opfer auf die breite Holzfläche zu hieven.
Obwohl Lucas Augen fast komplett von den stundenlangen Faustschlägen zugeschwollen waren, weiteten sie sich in dem Augenblick, als er das über ihm schwebende Sägeblatt erblickte. Sein Körper vibrierte, als hätte man ihn an Starkstrom angeschlossen. Obwohl er es panisch versuchte, verließ kein Ton seine Kehle. Die Angst schnürte ihm die Luft ab. Er wusste, was auf ihn zukam, da er diese Prozedur des Öfteren selbst an anderen Opfern angewendet hatte. Wie schmerzhaft es war, bei lebendigem Leib stückchenweise zerschnitten zu werden, würde er nun zu spüren bekommen. Gnade konnte er nicht erwarten, das ließen die Gesetze der Familie nicht zu.
Wieder blickte er in das Gesicht dieser Frau, das sich für einen Moment über seines schob. Die Kälte in diesen Augen kannte das Wort Mitleid nicht. Schnell realisierte sie, dass dieser Mann nichts mehr mitzuteilen hatte. Mit einer abfälligen Handbewegung setzte sie eine Folterung in Gang, wie sie grausamer kaum sein konnte. Ein grelles, ohrenbetäubendes Kreischen erfüllte den Raum, als sich das Blatt der riesigen Kreissäge in Bewegung setzte und sich den Füßen des Opfers näherte.
Begleitet von vier Bodyguards verließ Lea Mantonelli, genervt von der Erfolglosigkeit des Unternehmens, das Lagerhaus und bestieg den silbergrauen Maserati, der im Hof wartete.

Im Kindle-Shop: BLUT FORDERT BLUT (Spelzer/Hollmann 5).
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21. September 2018

'Hungersacker: Gustl Bayers erster Fall' von Martina Schmid

Kindle (unlimited)
Die Welt ist nirgends in Ordnung!
Auch nicht in Hungersacker! – Aber er musste dorthin zurückkehren. Noch einmal, ein letztes Mal. Auf den „Mordhof“. Um zu tun, was zu tun war. Dann sollte endlich Ruhe in seinem Leben einkehren. Einem Leben, das seit jenem Tag keines mehr war und nur noch daraus bestand, an den Tag der Rache zu denken. Und der würde kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche war …

Unter merkwürdigen Umständen verschwindet in den Sechziger Jahren der Holzer-Bauer aus Hungersacker nach einem Streit von seinem Hof. Er wird nie gefunden. Jahre später: Ein vermeintlicher Zeuge macht eine Aussage und tritt dadurch eine Lawine von Ereignissen los, deren weitreichenden Folgen er sich nicht bewusst ist.

Ein heikler und sehr persönlicher Fall für Hauptkommissar Gustl Bayer! Wird er den ungeklärten Mord auf dem abseits gelegenen Anwesen im Vorderen Bayerischen Wald, der nach knapp zwanzig Jahren wieder aufgerollt wird, lösen?

Leseprobe:
Juni 1985
Nebelschwaden waberten wie eine dicke Suppe über den Tälern. Kurz zuvor hatte es auf die heißen, trockenen Wiesen und Wälder über Hungersacker ausgiebig geregnet. Hungersacker – ein kleiner, unscheinbarer Ort inmitten des Wörther Forstes im Vorderen Bayerischen Wald, umgeben von Weilern und Einödhöfen.
Wenn er nicht so abgebrüht gewesen wäre, hätte er sich bei dem Anblick, den die Natur ihm hier bot, gegruselt. Er beobachtete aus seinem Versteck heraus ein bestimmtes Objekt in der Nähe. Sein Magen knurrte. Er ignorierte es. Er hatte in den letzten Jahren viel ignorieren müssen – zu viel, um nach seiner Entlassung ein normales Leben führen zu können.
Auf einer Anhöhe erkannte er unweit hinter einer Baumgruppe den Holzer-Hof. Aus dieser Entfernung betrachtet, schien sich nicht viel verändert zu haben in den vergangenen, knapp zwanzig Jahren. Um das Anwesen herum war nichts als Natur. Eine Natur, die sich unschuldig um alles, was sie umgab, schmiegte. Das von ihm anvisierte Gehöft wirkte heruntergekommen. In dem kleinen Heustadel aber, in dem er kauerte, war es inzwischen unerträglich heiß und stickig geworden. An seiner Vorderseite lagerten etwa fünf bis sechs Ster Holz. Nur einen Steinwurf von dem Stadel entfernt standen ein größerer Schuppen und ein Wohnhaus. Nur ein schmaler, unbefestigter Fahrweg führte hierher. Aber er hatte es geschafft. Er hatte alles hinter sich. Endlich!

Im Kindle-Shop: Hungersacker: Gustl Bayers erster Fall (Ostbayernkrimi 2).
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19. September 2018

'5 Damen spielen falsch' von Lola Victoria Abco

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Sie will ein anderes Leben.
Sie hat kein Geld.
Bis sie plötzlich in einen Überfall gerät …
Ein Traum wird wahr und ein Alptraum beginnt.


Dagmar Molder träumt von einem Leben ohne ihren schnarchenden Ehemann, den nervigen Hausputz und die ewigen Geldsorgen. Unvermittelt gerät sie in einen Überfall. Die millionenschwere Beute fällt ihr in die Hände. Die Hausfrau versteckt das Geld. Ihr Traum von einem besseren Leben scheint wahr zu werden. Dagmars Romméschwestern sind ebenfalls unzufrieden und wüssten einiges mit einem plötzlichen Geldsegen anzufangen. Die fünf Damen legen die Karten zur Seite und bessern ihre Haushaltskassen heimlich auf.

Sanft rollen die Wellen an den Ostseestrand, während das verschlafene Middeldorf von weiteren Überfällen und Einbrüchen aufgerüttelt wird. Als ein Dorfbewohner ermordet wird, ist es endgültig mit der Ruhe vorbei.

Zu spät erkennt Dagmar, dass sie nicht die Einzige ist, die ein falsches Spiel treibt, in dem auch ihre eigene Tochter eifrig mitmischt. Dagmars Traum verwandelt sich immer mehr in einen Alptraum. Mit ihrer besten Freundin versucht sie die Polizei auf eine falsche Fährte zu lotsen. Gelingt es ihr, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen?

„5 Damen spielen falsch“ ist eine spannende und schwarzhumorige Dorfgeschichte. Die Krimikomödie mit ihren „kultigen Figuren“ sei sehr unterhaltsam, meinte eine Leserin, sie würde sie an „Neues aus Büttenwarder“ und „Mord mit Aussicht“ erinnern.

Leseprobe:
Auszug aus dem Tagebuch von Mareike Molder:
Middelofnichts, heute in einem Jahr minus zwölf Monate
Mama hat mich auf dem Weg zu Lisas Musikschule bei Swantje abgesetzt. Sind zusammen durchs Dorf gezogen. Maja und Miriam, die beiden Äms, haben auf dem Marktplatz rumgelungert und sich Schaufenster angeschaut. Als wenn es da was zu sehen gibt! Vielleicht hat eine ihrer Omas bald Geburtstag. Swantje hatte Ziggis mit. Haben uns auf die Bank gesetzt und gepafft. Die beiden Äms fahren am Wochenende zu Julia nach Hamburg. Mich hat die olle Kröte nicht eingeladen. Hätte eh kein Geld für die Fahrt gehabt. Trotzdem schade.
Swantje darf im Sommer mit auf die Oberstufenfahrt nach Spanien. Muss zu Hause bleiben und in die Penne gehen. Kein Geld. Als Mama es mir sagte, hatte sie Tränen in den Augen. Ich auch!


Von Norden kommend fegten Böen über die Ostsee. Regentropfen prasselten laut gegen das Panoramafenster von Biancas Wohnzimmer. Ihre Zweizimmerwohnung war eine von acht und lag im obersten Stockwerk eines Terrassenhauses direkt an der Ostsee. In der Dunkelheit waren in der Ferne die Lichter von drei Frachtern, die Kurs auf die Kieler Förde nahmen, zu sehen. »Vierhunderttausend Euro, wow!« Dagmar beugte sich vor, um sich eine Zigarette an der Kerze anzuzünden. »Damit könnte man schon eine Menge anfangen.«
Sie blies den Rauch in kleinen Kringeln aus. Ihr Blick schweifte versonnen durch das Zimmer und verweilte bei einer Fotografie. Zwei Katzen lagen verschlafen in einem geöffneten Fenster. Davor saß auf einer Gartenbank eine alte, runzelige Griechin, ganz in schwarz gekleidet. Das Foto hatte ihre Freundin während ihres Urlaubs auf Kreta aufgenommen.
»Im Grunde sind vierhunderttausend im Vergleich zum Risiko viel zu wenig.« Bianca streckte ihre langen Beine auf ihrem Sofa aus.
»Hm?«
»Vierhunderttausend sind für das, was man dabei riskiert, zu … hey, Katzenmensch, du hörst mir gar nicht zu!«
Dagmars Blick blieb am Spiegel mit dem Goldrahmen hängen. Sie liebte die gemütlich eingerichtete Wohnung. Verschiedene alte Möbelstücke waren kunterbunt zusammengemischt. Wann immer es ging, schaute Bianca bei Antiquitätenläden rein und stöberte über Flohmärkte. Von ihren Urlaubsreisen brachte sie gerne Andenken wie diesen Spiegel aus Florenz mit. Dagmar seufzte sehnsüchtig. Bei ihr gab es höchstens Sticker von irgendeinem Freizeitpark, sofern sie sie gratis zur Eintrittskarte bekam. Sie hatte die Gewohnheit, sie an die Kühlschranktür zu kleben. Mehr als einen Tagesausflug mit den Kindern dann und wann ließ ihre Familienkasse nicht zu.
»Erde an Träummine! Sofort zurückkommen, deine Meinung ist gefragt.«
Dagmar fuhr erschrocken zusammen. »Welche Meinung?«
»Wie viel müsste für dich rausspringen, dass du es riskierst, eventuell ins Kittchen zu gehen?«
»Manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte schon morden, wenn ich dafür die nächsten zehn Wochen nicht Klo putzen muss!«
»Ach komm, nicht diese Mitleidstour, Daggi.« Grazil schwang Bianca ihre Beine vom Sofa und setzte sich aufrecht hin. »Sagen wir vierhunderttausend. Würdest du dafür alles in die Waagschale werfen? Du landest vielleicht im Gefängnis. Kannst du dir das vorstellen: Andi allein mit den Kindern, völlig verwahrlost in eurem Haus dahinvegetierend. Er wird wahrscheinlich Alkoholiker.«
Dagmar kicherte. »Gib es zu, Bianca! Du liest die Zeitung mit den bunten Bildern und den Schlagzeilen, die so groß sind, dass sie auch ein Blinder entziffern kann!« »Die Kinder kommen in ein Heim, nehmen Drogen und gehen auf den Strich«, malte Bianca das Bild weiter aus.
»Nein, ich weiß.« Dagmar zeigte mit dem Finger auf ihre Freundin. »Du guckst dir heimlich diese Soaps an. Daher dein tolles Wissen um die traute deutsche Familienidylle.«
»Keiner wird dich sonntags im Gefängnis besuchen kommen.«
»Doch, du schon. Du hättest bestimmt keine Probleme damit, dich mit einem Knasti abzugeben!«
»Dankeschön, aber ich kann nicht vorbeikommen. Denk nach, Daggi, wenn du geschnappt wirst, weshalb sollte ich dann nicht auch eingebuchtet werden?«
»Du? Wieso du? Würdest du denn mitmachen?«, fragte Dagmar ehrlich erstaunt.
»Na klar! Was denkst du, hey?«
»Aber du hast doch alles!«
»Was habe ich denn schon? Einen Job, der mich auffrisst. Sicherlich, das Gehalt ist nicht schlecht. Aber ich habe es satt, den ganzen Tag die taffe Karrierefrau spielen zu müssen. Immer muss ich aufpassen, dass mir niemand die Butter vom Brot nimmt! Ich habe das alles satt, so satt, Daggi.«
»Puh! Ich denke immer, wenn ich so erfolgreich wäre wie du, dann würde ich mich wie auf Rosen gebettet fühlen.«
»Ach was, es gibt keine Rose ohne Dornen, Daggi!« Bianca trank einen Schluck Sekt und versuchte die aufkeimende Erinnerung an die heftigen Auseinandersetzungen bei ihrem letzten Projektreview zu verdrängen. »Wenn ich jetzt tot umfallen würde, was würde ich hinterlassen? Keine große Lücke, das ist schon mal klar. Die paar Spuren von mir wären in zwei Wochen verwischt. Ich möchte einfach Zeit haben und das tun, was mir wirklich wichtig ist. Dafür brauche ich aber Geld.«
»Wer möchte das nicht? Dann sind aber vierhunderttausend für uns beide zusammen wirklich zu wenig.«
»Eben.« Bianca steckte sich eine Olive in den Mund. »Vielleicht gewinne ich doch noch im Lotto. Ich warte ja erst seit neunzehn Jahren! Ich hätte das eingezahlte Geld besser auf ein Sparkonto überweisen sollen.«
Mit angespannter Miene starrte nun Bianca auf das Katzenfoto. Ohne, dass sie es bemerkte, betrachtete ihre Freundin wohlwollend ihr schlichtes schwarzes Sweatshirt, die dunkle, ausgewaschene Jeans und die dicken roten Wollsocken. »Wenn ich so etwas anziehe, wirke ich wie ein Ringer im Freizeitlook. Bei Bianca sieht es einfach gut aus«, dachte Dagmar. Sie schenkte sich noch ein Glas Sekt ein, obwohl sie ihr Limit bereits erreicht hatte, sofern sie ihren Führerschein nicht riskieren wollte.
»Egal, oder ich lasse den Bus stehen. Bewegung täte mir sowieso gut. Ich könnte ja auch hier übernachten«, ging es ihr durch den Kopf. »Ob es Andi überhaupt auffällt, wenn meine Seite vom Bett heute leer bleibt? Wo würde er mich vermuten? Bei einem anderen Mann? Wäre er eifersüchtig? Welche Chancen habe ich nach drei Kindern und fast zwanzig Jahren Ehe überhaupt noch bei anderen Männern?«
Dagmar schüttelte leicht mit dem Kopf. »Alles lächerlich. Andi würde wie ein Murmeltier schlafen und überhaupt nicht merken, dass ich nicht nach Hause gekommen bin. Verschlafen würde er, wenn ihn nicht eines der Kinder am Morgen wecken würde.«
»Die Banken haben immer nur einen begrenzten Betrag an Bargeld in den Filialen zur Verfügung«, ließ ihre Freundin verlauten. »Eine Million Euro bei einem Überfall auf eine Filiale zu erbeuten, ist nicht möglich. Eine Hauptstelle zu überfallen, ist aber viel zu riskant.«
»Weißt du, Bianca. Man müsste den Zeitpunkt abpassen, wenn der Geldtransporter gerade die Filiale mit Barem versorgt hat. Die Landbank im Ort bekommt ihr Geld zweimal am Tag. Einmal morgens kurz vor neun und einmal in der Mittagszeit.«
»Woher weißt du das so genau?«, fragte Bianca verblüfft.
»Wenn ich zur Tankstelle fahre, komme ich doch dort vorbei. Da habe ich schon mal angehalten und geschaut, nur mal so. Der Fahrer bleibt im Auto sitzen, während der Beifahrer immer zwei Taschen in die Geschäftsstelle bringt. Nachdem er zweimal gegen die Glastür geklopft hat, wird ihm von Herrn Schmitt geöffnet.«
»Schmitt?«
»Das ist der Kassierer.«
»Mann, du bist aber gut informiert, alle Achtung. Und du hast nur mal so geguckt?«
Die beiden Freundinnen schauten sich verschmitzt lachend an.
»Ich würde mir das Ganze auch gerne einmal anschauen, nur so aus Jux«, meinte Bianca nach einer Weile. »Hey, am Freitag habe ich meinen Gleittag genommen. Mit den Kindern wollen wir ja erst am Nachmittag zum Schwimmen gehen. Den Vormittag haben wir für uns. Sag, wie wär’s, Daggi? Lass uns schauen und träumen, nur mal so!«
(…)

Im Kindle-Shop: 5 Damen spielen falsch.
Für Tolino: Buch bei Thalia
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18. September 2018

'Deine Küsse schmecken wie frische Erdbeeren' von Verena Dahms

Kindle (unlimited) | tredtition | Taschenbuch
Ein herrschaftliches Weingut in der Dordogne im Südwesten von Frankreich kurz nach dem zweiten Weltkrieg.

Amélies innigster Wunsch ist es, Medizin zu studieren. Doch ihr Leben als Tochter eines Weingutbesitzers ist vorgezeichnet. Nach erbitterten Diskussionen mit ihren Eltern willigen diese endlich ein. Sie bekommt als eine der wenigen Frauen einen Studienplatz an der Universität in Bordeaux. Mit einem Doktortitel kehrt sie zurück und übernimmt eine Landarztpraxis.

Auf einem Weinfest begegnet ihr Alexandre, ein Erntehelfer. Sie fühlt sich von seiner Unbekümmertheit angezogen, er bewundert ihre Intelligenz. Trotz sozialer Unterschiede kommen sie einander näher. Es entwickelt sich eine Liebe, die nicht sein darf. Alexandre verschwindet aus Amélies Leben, ohne dass sie ihn jemals vergessen kann. Jahre später begegnen sie sich erneut ...

Ein Roman über eine selbstständige Frau, die sich den gesellschaftlichen Zwängen der damaligen Zeit widersetzt.

Lesermeinungen:
„Wunderschön, gesellschaftskritisch und speziell“
„Ein sehr menschliches Buch, das Handeln, Zweifel, Fehlverhalten der Menschen aufzeigt, das Gefühle transportiert und den Leser miterleben lässt“
„Ein unterhaltsames Buch über Frauenrollen und Wahlfreiheiten und natürlich über die verschiedenen Arten der Liebe“


Leseprobe:
Die kommenden Tage verbrachte ich wartend in meinem Zimmer. Doch es kam kein Anruf. In den Siedlungshäusern schien alles in Ordnung zu sein. Keine Schlägereien, keine Alkoholexzesse, keine Kinder, die meine ärztliche Hilfe benötigten. Ich langweilte mich. Am dritten Tag packte ich einige Fachbücher in einen Korb und ging zum Turm. Dort setzte ich mich auf einen Stein und starrte auf den Kirchturm von St. Meard. War es das, was ich wollte, warten bis ich gebraucht wurde? Ich seufzte und nahm eines der Bücher zur Hand. Lustlos blätterte ich im Buch und legte es dann ebenso lustlos in den Korb zurück. Vielleicht war die Idee, als Hausärztin zu arbeiten, doch keine so gute. In einem Spital hätte ich ganz sicher keine Langeweile.
"Ganz allein, Amélie?" Überrascht drehte ich mich um. Alexandre stand hinter mir und schaute auf mich herab. In seinen Augen funkelte Amüsement.
"Ich bilde mich weiter, wie du siehst."
"Ja, das sehe ich." Er setzte sich neben mich ins Gras, nahm eines der Bücher aus dem Korb und blätterte darin. "Das hast du alles studiert? Alle Achtung. Wieder blitzte der Spott aus seinen Augen, dann wurde er ernst. "Ich möchte mich nochmals für deinen Einsatz bedanken. Ohne dich wäre meine Mutter gestorben.
"Das ist meine Pflicht", wehrte ich ab.
"Es ist aber nicht selbstverständlich. Du bist zu uns gekommen, hast dich um sie gekümmert. Der Doktor kam allerhöchstens einmal pro Woche und hat nur kurz hereingeschaut. Er nahm sich nie die notwendige Zeit. Wir waren ihm egal. "Seine Hand strich wie zufällig über mein Knie.
Verlegen zog ich mein Kleid über die Beine. "Amélie, weshalb sperrst du dich? Klar, ich bin arm und du bist aus besserem Haus. Stört dich das?
"Das hat damit nichts zu tun."
"Doch. Und damit, dass du studiert hast und ich nur ein einfacher Erntehelfer bin."

Im Kindle-Shop: Deine Küsse schmecken wie frische Erdbeeren.
Weiterer Buchshop: Buch bei tredition
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15. September 2018

'Weißblaue Hoffnung: Flucht aus Aleppo' von Martina Schmid

Kindle (unlimited)
Dieser Tatsachenbericht basiert auf den Erzählungen einer jungen, syrischen Mutter, die unter unvorstellbaren Bedingungen im Jahr 2016 mit ihren drei Kindern (zweieinhalb, zehn und zwölf Jahre) die Flucht aus ihrer Heimatstadt Aleppo (Syrien) wagte.

Das Buch soll zum besseren Verständnis der Flüchtlingsthematik beitragen und gibt erschütternde Einblicke in die Privatsphäre der unter dem syrischen Bürgerkrieg leidenden Menschen. Dem Außenstehenden lässt es dennoch das tiefe Leid und die Verluste, die diese Familie in der schweren Zeit während und nach der Flucht ertragen musste, nur ansatzweise erahnen.

Heute lebt die Familie, der mein aufrichtiger Dank für ihre schonungslose Offenheit gilt, in einem beschaulichen, kleinen Ort in Bayern.

Die Namen der beteiligten Personen wurden zu ihrem Schutz geändert, Ortsnamen zum Teil verändert oder abgekürzt.

Leseprobe:
Sieben Jahre Krieg
„Nieder mit dir, Assad!“, lautete der Satz, den mehrere Jugendliche am 15. Februar 2011 in der südsyrischen Stadt Daraa an eine Wand sprühten. Die Schüler wollten auf diese Weise für mehr Menschenwürde in der Diktatur demonstrieren.
Nur wenige Tage später wurden die Täter, alle noch keine achtzehn Jahre alt, von der syrischen Geheimpolizei verhaftet, gefoltert und verhört. Erst gingen im Anschluss an diesen Vorfall nur in Daraa wütende Menschen, die endlich in Freiheit leben wollten auf die Straße, später auch in zahlreichen anderen Städten.
Die Antwort des Regimes jedoch bestand aus Gewalt. So entstand aus dem friedlichen Protest schnell eine bewaffnete Gegenwehr. Seitdem bestimmte ein unerbittlicher Krieg das Leben in Syrien. Das Land wurde zu einem Schlachtfeld an vielen Fronten, auf dem inzwischen nationale und internationale Kriegsparteien kämpften. Dabei hat das Assad-Regime, das die eigene Bevölkerung bombardierte, die meisten Toten zu verantworten. Auch der IS („Islamischer Staat“) und Rebellenmilizen griffen Zivilisten an. Inzwischen aber sei der Islamische Staat, so die Aussage Russlands im Dezember 2017, in Syrien besiegt. Rund um Daraa, wo alles seinen Anfang nahm, sind Dörfer und umliegende Bezirke dem Erdboden gleichgemacht.
Es wird angenommen, dass von den insgesamt circa fünfhunderttausend Opfern ungefähr neunzig Prozent durch Fassbomben, die mit Sprengstoff und Altmetall gefüllt waren, zerfetzt wurden, in Gefängnissen ermordet oder durch Belagerung ausgehungert wurden. Aber auch die Flüchtenden hat es getroffen: Bilder von Leichen, deren Körper von Nägeln und Metallsplittern zersiebt sind, gehen unter die Haut. Flüchtlingskinder verloren bei Luftangriffen Arme oder Beine. Frauen erlitten unterwegs Fehlgeburten und täglich starben Menschen an Dehydrierung.
Viele Städte sind zum Großteil zerstört. Im April des Jahres 2018 wurden drei Zentren in Damaskus und Homs das Ziel französischer, britischer und amerikanischer Militäreinsätze, da man vermutete, dass dort Chemiewaffen hergestellt werden. Der mutmaßliche Giftgasangriff auf Zivilisten im April 2018 in der Stadt Duma wurde von Russland jedoch als Inszenierung bezeichnet.
Nach Angaben des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) haben rund 5,4 Millionen Menschen das Land verlassen (Stand: November 2017). Die meisten von ihnen befinden sich in den angrenzenden Staaten Libanon, Jordanien, Ägypten und Türkei. Nur ein kleiner Teil ist nach Europa geflohen. In der Bundesrepublik Deutschland leben heute rund zwölf Prozent aller syrischen Flüchtlinge.

Im Kindle-Shop: Weißblaue Hoffnung: Flucht aus Aleppo.
Mehr über und von Martina Schmid auf ihrer Website.



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13. September 2018

'Metal ist nicht genug: Change Your Color 2' von Sontje Beermann

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Sabrina hat sich immer für unerschütterlich gehalten, doch der Musiker Ben schafft es, mit einem einzigen Song ihr Innerstes zu berühren.

Freundinnen im Heiratswahn und ein Vater, von dem sie nie gewusst hat, dass er überhaupt existiert – Sabrinas Welt steht Kopf, als sie auf einer Hochzeit Ben begegnet. Er könnte der Mann fürs Leben sein, doch ihre verschiedenen Lebensweisen lassen den Kontakt einschlafen. Bis sie sich auf der Metal Cruise erneut begegnen und keiner von ihnen die Anziehungskraft zwischen ihnen mehr leugnen kann.

Leseprobe:
Im Nachhinein fragte sie sich gelegentlich, ob ihr absonderlicher Gefühlszustand dafür verantwortlich war, dass sie den Brief anfangs nicht verkraften konnte, der sie am nächsten Tag erreichte.
Sabrina kehrte gegen Mitternacht von ihrer Schicht im Hurricane zurück, der Szene-Bar, in der sie als Barkeeperin angestellt war. Es war ein relaxter Abend gewesen, wie so oft am Mittwoch, und ihr Kollege Jens hatte sich bereiterklärt, den Kehraus allein zu machen.
In ihrem Briefkasten fand sie eine Handvoll Post, die sie in ihren Rucksack stopfte, um schnellstmöglich die drei Etagen zu ihrem offenen Dachgeschossapartment hochzulaufen. Sie öffnete die Wohnungstür und prallte vor der stickigen Hitze zurück. Das Haus war zwar vor einigen Jahren saniert und neu gedämmt worden, aber einer Hitzewelle hatte es nichts entgegenzusetzen. Sabrina riss alle Fenster auf, ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Bier heraus, die sie in einem Zug zur Hälfte leerte.
Sie kickte die Boots in die Garderobe, ging mit Flasche und Post zur Couch und warf sich darauf, schaltete die Stehlampe ein. Die Beine drapierte sie über der Rückenlehne, dann nahm sie noch einen Schluck und klemmte die Flasche zwischen Hüfte und Leder.
Bei den ersten drei Briefen handelte es sich um Werbung und Rechnungen, unspektakulärer Alltag. Der durch Brief Nummer vier in Stücke gerissen wurde.
Ein Umschlag in der Größe DIN A5, der Absender war eine Künstleragentur.
Sabrina runzelte die Stirn. Weder kannte sie diese Agentur, noch wusste sie, warum sie ihr Post schickten. Sie fuhr mit dem Finger unter die Lasche und riss sie auf. Darin kam ein kleinerer Umschlag zum Vorschein, cremefarben, auf dem in schwungvollen Großbuchstaben ihr Name stand.
Sonst nichts.
Sie drehte ihn hin und her und grübelte. Was sollte das werden?
Diesmal ließ sie beim Öffnen mehr Vorsicht walten, wollte nichts beschädigen. Sie fand zwei Bögen Papier, passend zum Umschlag. Dicht mit Kugelschreiber beschrieben, in einer nach links geneigten, ausladenden Schrift mit Schnörkeln. Im ersten Moment konnte sie nur die Unterschrift entziffern.
Chris.
Sie zog die Augenbrauen zusammen. Wer, zum Teufel, war dieser Chris?
Und warum schrieb er ihr einen Brief?
Sabrina veränderte ihre Position so weit, dass das warme Licht aus den fünf von innen goldfarbenen Lampenschirmen auf das Papier fiel. Zu ihrer Verwunderung fiel es ihr nicht schwer, die Schrift zu lesen. Der Inhalt ließ sie nach wenigen Sätzen aufkeuchen.

Meine liebe Sabrina,
ich weiß, ich bringe dein Leben mit diesem Brief gewaltig durcheinander, aber ich kann und will nicht länger schweigen. Ich habe es, aus Rücksicht, viel zu lange getan.
War der Schatten, der dich all die Jahre nur beobachten durfte.
Am besten sage ich es gerade heraus – ich bin dein Vater.
Stell dir jetzt bloß nicht Darth Vader vor! Auch wenn meine Stimme vielleicht ähnlich klingt, ich sehe auf jeden Fall wesentlich besser aus.


„Was?“ Voller Ungläubigkeit las sie den Abschnitt noch einmal, stieß ein „Pah!“ hervor.
Wollte der Kerl sie verarschen?

Ich kann mir vorstellen, wie unecht das alles für dich klingt. Du bist mit Mutter, Vater und Schwester aufgewachsen, aber Rita und Wolfgang waren noch kein Paar, als wir uns kennenlernten.
Es war eine wunderbar wilde Zeit, die wir miteinander verbrachten. Ich war mit meiner Band in Hamburg, wir wandelten auf den Spuren der Beatles. Rita war … nein, davon erzähle ich dir persönlich.
Ich möchte endlich mit dir reden, dich wirklich kennenlernen.
Welche Musik hörst du?
Spielst du vielleicht sogar selbst?
Wie sieht dein Leben aus?
Ich weiß, dass du Barkeeperin bist, aber nicht, ob es dir Spaß macht.
Welche Zukunftspläne hast du?
Hast du Familie? Ich konnte bisher niemanden entdecken.
Scheiße, du denkst jetzt bestimmt, ich sei ein Stalker.
Es tut mir leid, ich wollte dich nicht überfallen.
Bevor wir auf Asientour gingen, im letzten Jahr, habe ich erfahren, dass dein Stiefvater verstorben ist. Seitdem ringe ich mit mir. Ob ich dir schreibe oder nicht.
Wie du siehst, habe ich mich zu einer Entscheidung aufgerafft, auch wenn ich sie nur aus purem Egoismus gefällt habe.
Deine Mutter und ich sind immer in Kontakt geblieben, weil sie mir nicht verwehren wollte, dich wenigstens sehen zu können.
Sie hat mir deine Adresse nur unter dem Versprechen gegeben, dass ich nicht gleich vor deiner Tür auftauche, und daran werde ich mich halten.
Wenn du gleichfalls Kontakt mit mir haben willst – und das hoffe ich sehr! -, dann frag deine Mutter. Sie hat meine private Handynummer und die meines Agenten.
Vielleicht darf ich dich bald in den Arm nehmen? Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.
Ich warte auf deinen Anruf.
In Liebe,
Chris


Hatte der sie nicht mehr alle?
Sie überflog die Seiten ein weiteres Mal und blieb an einzelnen Worten hängen, die nicht in ihren Kopf wollten. Nein, nein, nein. Das war ein übler Scherz, den sich jemand mit ihr erlaubte. Wem hatte sie dermaßen auf die Füße getreten?
Ein winziger Teil von ihr protestierte gegen die Gedanken. Der Teil, der diesem Chris sofort glaubte. Alles.
Sabrina schleuderte den Brief von sich und schlug die Hände vors Gesicht. In ihr tobte ein solcher Aufruhr, dass sie nicht wusste, ob sie heulen oder schreien sollte.

Im Kindle-Shop: Metal ist nicht genug: Change Your Color 2.
Für Tolino: Buch bei Thalia
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12. September 2018

'Kassandras Weg' von Nona Simakis

Kindle | Tolino | Taschenbuch
Am Ende eines heißen langen Sommertages sehnt sich Kassandra Cross nach dem erlösenden Feierabend, als ihre Freundin, die alte Aborigine-Frau Eerin, plötzlich in Trance fällt und mit einer geheimnisvollen Prophezeiung Kassandras Leben auf den Kopf stellt.

Dem Ruf dieser mysteriösen Weissagung folgend unternimmt Kassandra eine Reise nach Griechenland in das Land ihrer Ahnen. Doch kaum angekommen überstürzen sich die Ereignisse. Antike Götter erscheinen, mystische Wesen und Gestalten aus einer fernen Vergangenheit machen sich bemerkbar, um das Schicksal und Kassandras Leben zu beeinflussen. Als ob das nicht verwirrend genug wäre, wird sie von einem unbekannten Feind in das antike Delphi entführt. Auf der Suche nach Antworten verlieren sich schnell die Grenzen zwischen Realität und Phantasie. Alles deutet auf eine einzige Aufgabe hin. Kassandra muss sich entscheiden, welchen Weg sie nimmt, um den Lauf der Geschichte ins Gute zu lenken.

Wird sie ihr Erbe annehmen und die Herausforderung erfolgreich bestehen? Ihr Schicksal und das Überleben ihrer Ahnenreihe hängen davon ab. Kassandras einziger Ratgeber ist eine Eule, nicht irgendeine, es ist die sprechende Eule der Pallas Athene.

Leseprobe:
Meine Augen waren geöffnet, doch konnte ich in der mich umgebenden Dunkelheit nichts erkennen. Vorsichtig fühlte ich nach der kleinen Feder, die Gott sei Dank noch in meiner Hand lag. Erleichtert seufzte ich auf. Sobald ich die knicken würde, wäre alles gut. Mein Körper lag auf einem kalten, steinigen Untergrund. Von irgendwoher streichelte ein Lufthauch mein Gesicht. Es roch nach verfaulten Eiern und verbranntem Holz.
Wo war ich verdammt noch mal? Was war passiert? Ich setzte mich auf, und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Nichts, es war nichts zu sehen. Eine lähmende Angst durchdrang mich und verhinderte jeden Ansatz logischen Denkens. Beim Aufstehen stieß ich mir den Kopf an Stein. Befand ich mich in einer Höhle?
»Hallo, ist hier jemand?«, rief ich mit schriller Stimme in die Finsternis hinein. »Das ist nicht lustig und ich habe keinem etwas getan. Hallo!«, rief ich lauter. »Bitte, hört mich denn keiner?«
Ich ging wieder in die Hocke und umarmte zitternd meine Knie. Tränen rannen über mein Gesicht und ich fühlte mich allein gelassen. Die Feder, wie konnte ich Glaukos Feder vergessen? Ich tastete mit meiner freien Hand sachte nach der kleinen Feder in meiner Handinnenfläche und knickte sie mit aller Kraft zusammen.
»Glaukos«, schrie ich, »Glaukos, bitte hilf mir.« Weinend brach ich zusammen und ließ zu, dass die Angst sich zu einem paranoiden Wesen entwickelte, das mich fest im Griff hatte.
Wo blieb nur Glaukos, was war passiert? Ein heller Lichtschein leuchtete vor meinen Augen auf und ich sah eine Laterne oder Fackel, es war nicht klar, zu erkennen. Langsam kroch ich auf das Licht zu. Dabei bohrten sich viele spitze Steine in meine Knie. Die Sicht wurde immer klarer und ich erkannte, dass ich tatsächlich in einer großen Höhle war. Da die Decke höher wurde, stellte ich mich auf. Die Feder von Glaukos lag immer noch zerdrückt, in meiner verschwitzen, dreckigen Hand.
In der Mitte der Höhle stand ein riesiger Amboss und aus der Wand gegenüber lief ein schmaler Streifen Lava herunter. Wenn es hier Geräte gab, hieß das im Klartext, dass es hier auch einen Ausgang geben musste. Dieser Gedanke gab mir neuen Mut. Suchend drehte ich mich um und starrte in die dunklen Augen eines Mannes. Erschrocken schrie ich auf, stolperte rückwärts und knickte mit meinem Knöchel um. Ein brennender Schmerz durchfuhr meinen Körper und erneut schossen Tränen in meine Augen.
»Hallo Kassandra, wie schön, dich endlich begrüßen zu dürfen«, hörte ich eine klangvolle Stimme.
»Wer bist du und warum bin ich hier?«, fragte ich ängstlich. Ich war gefangen in einer Höhle mit einem Fremden, der meinen Namen kannte.
»Nun, vorgestellt wurden wir uns noch nicht.« Der Unbekannte schnippte mit den Fingern und in der runden Höhle flammten zeitgleich mehrere Fackeln auf.
Vor mir stand Hugh Jackman, der Hollywood-Schauspieler. Ich konnte es nicht glauben und war mir sicher, dass ich alles nur träumte. Ich schloss meine Augen, zählte bis drei und öffnete sie wieder. Ich war immer noch in der Höhle und auch der Mann, der diesem Hollywood-Star auffallend ähnlich sah.
»Hast du dich überzeugt, dass dies alles kein Traum ist? Falls ja, dann lass uns doch Platz nehmen und ein bisschen weiterplaudern.«
Auf ein zweites Fingerschnipsen erschien ein Tisch mit zwei Stühlen mitten in der Höhle.
»Bitte setz dich doch. Ein Glas Wein?«
Ein weiteres Schnipsen erklang und eine goldene Weinkaraffe mit zwei Pokalen erschienen auf dem Tisch.
Unsicher nahm ich Platz, beobachtete aber weiterhin argwöhnisch meine Umgebung.
Die weiteren Abschnitte der Höhle lagen im Dunkeln, sodass ich nicht mehr viel erkennen konnte. Aber der vorherrschende faulige Geruch lag mittlerweile auf meiner Zunge und erschwerte mir das Schlucken.
»Entspann dich bitte, es tut mir leid, dass unser Treffen, nun, sagen wir mal, etwas intensiv verlaufen ist, aber du hast es ja provoziert.«
Inzwischen gelang es mir, mich zu fangen, und ich bekam es sogar hin, meiner Stimme einen forschen Klang zu geben:
»Wer bist Du?«
Dabei hielt ich immer noch die Feder von Glaukos in der Hand und ein Teil in mir hoffte, dass er aufgrund der Zeitverschiebung den Rückholbefehl nicht sofort gespürt hatte.
»Wer ich bin, meine Schönheit? Das ist eine der leichtesten Antworten, die du heute bekommen wirst. Ich bin Ares, der Sohn des Zeus und der Hera. Man nennt mich auch den Kriegsgott.«
Er deutete eine Verbeugung an und nahm Platz. Spöttisch beobachtete Ares, wie ich ihn taxierte. Ares war ein unverschämt schöner Mann. Lange, schwarzglänzende Haare wurden mit einer Goldspange gehalten. Bei jedem anderen würde das albern aussehen. Doch bei ihm unterstrich es einfach nur seine wie gemeißelte Schönheit. Seine hohen Wangenknochen lagen im bläulichen Schatten eines sehr gepflegten Dreitagebartes. Er hatte wirklich etwas von Hugh, nur seine Augen wirkten irgendwie kalt und metallisch glänzend. Breite Schultern sprengten fast den Maßanzug, der wenn mich nicht alles täuschte, ein Anzug von Brioni war, einem der teuersten Hersteller der Welt.
Je länger ich ihn beobachtete, umso mehr sah er wie ein Männermodel in Designergarderobe aus als ein Kriegsgott. Sein Handgelenk schmückte eine breite Platinuhr von Patek. Unbezahlbar für unsereins. Gepflegte Hände mündeten in makellos polierten Fingernägeln, die so gar nicht zu einem Kriegsgott passen wollten. Das war ein Mann, der Frauenherzen höherschlagen ließ und weiche Knie verursachte. Ich konnte mich von dieser hypnotisierenden Männlichkeit nicht abwenden. Es waren jedoch die kalten Augen und mein mittlerweile pochender Knöchel, die meine Wachsamkeit schärften.
Ares schenkte mir Wein ein und schob mir den mit Juwelen besetzten Pokal zu. »Trink, meine Schöne und entspann dich. Je eher du dich beruhigst, umso schneller werden wir das Loch meines Bruders Hephaistos verlassen.« Er hob seinen Pokal und nahm einen tiefen Schluck von dem Wein.
»Du bist ganz schön modern für einen Gott der Antike«, entfuhr es mir. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mich wegen einer Stilberatung entführt hast.«
»Entführt ist etwas theatralisch, meinst du nicht auch?«, antwortete er spöttisch und das süffisante Lächeln ließ ein Grübchen an seiner rechten Wangenseite erscheinen »Und eine Stilberatung, nein, die brauche ich tatsächlich nicht. Mir gefällt deine Epoche sehr gut. Hervorragende Stoffe, schöne Anzüge und die Schwertschmiedekunst sind fast perfektioniert. Warum sollte ich mich nicht so kleiden, wie es zu mir passt?«
»Es ist mir egal, wer du bist, ich verlange, dass du mich sofort freilässt.«
»Sonst noch was, meine Liebe? Möchtest du mir, kleiner Erdling, mir dem unsterblichen Gott des Krieges drohen? Falls ja, dann bist du mir ja ähnlicher als ich dachte, denn die Drohung ist ein Attribut des Krieges.«
Ein zynisches Lächeln überzog das sonst so makellose Gesicht, schmälerte jedoch nicht seine maskuline Ausstrahlung. Er ist nicht dein Typ, Cassy, reiß dich zusammen, der Kerl hat dich entführt und du weißt nicht einmal, wo du steckst.
»Nun gut, dann möchte ich dir sagen, was ich von dir erwarte und du wirst ein braves Mädchen sein und das tun, was ich dir vorschlage. Dann darfst du wieder artig in dein Bett und deinen Urlaub genießen.«
Sprachlos sah ich ihn an. Angesichts dieser triefenden Arroganz erkannte ich, dass sein Auftreten nur dem Zweck diente mir Angst einzujagen und mich kleinzuhalten. Doch der liebe Ares hatte sich in mir getäuscht. Mit seiner Art jagte er mir keine Angst ein, sondern brachte vielmehr meinen angeborenen, griechischen Sturkopf hervor. Doch war mir klar, dass ich weiterhin wachsam sein musste, wenn ich nicht in diesem Loch vermodern wollte.
»Und was erwartest du von mir, dass du dir derat große Mühe machst, mich in dieser stinkenden Höhle festzuhalten?«
»Diese stinkende Höhle, wie du sie nennst, wäre dann in Zukunft dein Aufenthaltsort, solange du lebst. Selbstverständlich würde ich, soweit es meine Geschäfte zulassen, dich hier ab und zu besuchen und dir ein paar Neuigkeiten aus der Welt der Lebenden mitbringen. Vielleicht lasse ich dich auch frei und du darfst deine ersten und letzten Erfahrungen in der Welt der Antike ohne Zahnseide und Antibiotika machen. Du kannst also einen Dauerurlaub gewinnen oder eine sichere Heimkehr.«

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Für Tolino: Buch bei TwentySix
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11. September 2018

'Seelenblut: Zwischen Liebe und Rache' von Stephanie Pinkowsky

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Katja, gefangen in dem Sog einer verbotenen Liebesbeziehung, überlebt nur knapp einen Selbstmordversuch. Alkohol und Tabletten, Essen und Erbrechen treiben sie immer tiefer in einen Teufelskreis. Doch die labile psychische Verfassung ist nicht die größte Gefahr: Ihre Geliebte, eine Frau im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, erhält plötzlich Drohbriefe samt pikanter Bildaufnahmen.

Alles deutet darauf hin, dass ein fanatischer Reporter dafür verantwortlich ist. Doch auch nachdem dieser ermordet aufgefunden wird, nimmt das Grauen kein Ende. Katja und ihre Geliebte geraten ins Zweifeln. Wem können sie noch vertrauen?

Tauche ein in eine Welt voller dunkler Geheimnisse, Intrigen und Leidenschaft!

Leseprobe:
Mark hatte zutiefst erschöpft und vom seelischen Schmerz gepeinigt vor der Tür des Krankenzimmers gewartet, als Helene herauskam und sich in seine Arme stürzte.
„Was soll ich tun?“, fragte sie ihn verzweifelt. „Was soll ich nur tun?“
Er sah seine frühere Geliebte mit einem durchdringenden Blick an. Helene zitterte, sie wirkte dünn und kraftlos. Dennoch war sie wunderschön, selbst jetzt noch.
„Du solltest dir erst einmal klar darüber werden, was du willst.“ Es kostete ihn große Überwindung, weiterzusprechen. „Wenn du Katja liebst…“ Mark unterbrach und schüttelte sich innerlich. Jeder einzelne Herzschlag pumpte Ekel und Entsetzen durch seine Adern. Die Vorstellungen in seinem Kopf waren unerträglich, auch wenn die Bilder verschwommen blieben. Vielleicht war es auch sein Selbstschutz, der hier eingriff. Helene und Katja. Nein, das Bild wollte er nicht vor seinem geistigen Auge sehen. „Wenn du mit ihr zusammen sein willst…“, fuhr er mit erstickter Stimme fort. „Dann schnapp dir dein Geld, ändert eure Namen und haut ab!“
Seine Liebe konnte er trotz des furchtbaren Verrats nicht einfach abstellen. Er kannte Helene, ihre Seele, und ein Teil von ihm würde sie immer lieben. Mark konnte die Beweggründe für ihr Verhältnis mit Katja weder verstehen oder gar verteidigen, dennoch wünschte er ihr alles Glück der Welt. Er wusste um ihre innere Zerrissenheit. Diese unglückliche und dennoch so tiefe und unerschütterliche Liebe zwischen Helene und Katja. Einfach tragisch, dass sie nie eine reelle Chance bekommen würden.

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'Wenn ich dich gehen lasse, Baby' von Franziska Sterntaler

Kindle Edition
Wie verkraftet man den Verlust eines Kindes? Nach dem tragischen Tod ihrer kleinen Tochter stehen die Bachmanns vor den Scherben ihrer Ehe.

Nina sucht Halt in einer Trauergruppe. David betäubt Kummer und Schuldgefühle mit Alkohol. Als Nina sich überraschend für die Adoption eines Säuglings entscheidet, eskaliert die Situation. Die leibliche Mutter des Adoptivkindes ist indessen todunglücklich. War es richtig, ihr Baby abzugeben? Ist ihr Sohn wirklich in gute Hände gekommen, wie man es ihr versprochen hat? Und kann man eine Adoption rückgängig machen?

Leseprobe:
Weihnachten verlieh dem Horror neue Dimensionen.
Nina registrierte mit distanzierter Verwunderung, wieviel Leid sie aushalten konnte, ohne daran zu sterben. Am Nachmittag des Heiligabends schmückte sie einen Mini-Christbaum und fuhr damit zum Friedhof. Es war ihr egal, ob das gegen die Friedhofsordnung verstieß. Anderen verwaisten Eltern offensichtlich auch. Das verschneite Sternenkinderfeld war ein Lichtermeer. Weihnachtsdeko glitzerte überall zwischen bunten Windspielen, Engelsfiguren und Schmetterlingen. Alle Namen hier gehörten Kindern, die noch vor dem Schulalter aus dem Leben gerissen wurden. Sie waren Nina inzwischen so vertraut, wie die Namen von Hannahs Freunden ihr vertraut gewesen wären, wenn sie alt genug geworden wäre, Freunde zu haben.
Vor fast allen Gräbern waren tiefe Fußspuren.
Nina machte nicht mehr den Fehler, die Abschiedsgrüße auf den Gedenktafeln zu lesen. Unbeholfene Reime, geschrieben mit dem Blut von gebrochenen Herzen. In Stein gemeißelte Dokumentationen von Wunden, die nie verheilen würden. SOS-Nachrichten fassungsloser Eltern.
Nina zündete eine Kerze an und stellte sie in die Laterne mit den Märchenmotiven auf Hannahs Grab. Die gelbe Plastikente daneben war halb eingeschneit. Es sah aus, als würde sie auf einem weißen Teich schwimmen.
„Mama ist hier“, sagte Nina. „Frohe Weihnachten, mein Baby. Frohe Weihnachten, Hanni!“ Sie fand einen Platz für das Bäumchen, malte mit dem Zeigefinger ein Herz in den frischen Schnee und drückte ihre Handfläche hinein. Dann stand sie da und hoffte, irgendetwas zu spüren, das sie als Anwesenheit ihrer Tochter interpretieren konnte. Sie spürte nichts. Nur die Kälte.
Das hier war alles, was geblieben war. Von den Jahren, in denen sie auf ein Kind gewartet hatte. Von der Schwangerschaft, in der sie wie auf Wolken unterwegs gewesen war, überglücklich, unendlich dankbar. Von der kostbaren Zeit, in der sie Hannah gehabt hatte. Und von der sie wie selbstverständlich gedacht hatte, dass dies erst der Anfang war. Tatsächlich war es nur ein kurzes Zwischenspiel gewesen, eine Andeutung von dem, was hätte sein können.
Ihr Herz sträubte sich, die Realität endgültig zu akzeptieren, aber ihr Gehirn war erbarmungslos wie immer. Ist so. Gewöhn dich dran.
Als Nina nach Hause fuhr, schneite es in dicken Flocken. Die Straßen waren wie leergefegt. Christbäume leuchteten in den Gärten und hinter den Fenstern.
Sie hörte in der Küche Weihnachtslieder, weinte, kramte das Backrezept vom letzten Jahr hervor, heulte in den Teig, ließ nacheinander zwei Bleche mit Keksen verbrennen und weinte noch mehr.
David saß im Wohnzimmer und trank. Festlich war in ihrem Haus in diesem Jahr höchstens der Geruch nach angebranntem Backwerk.
Sie verbrachte die Feiertage im Kinderzimmer, eingehüllt in Hannahs Bettdecke. Der Bezug war noch immer derselbe. Sie sah wieder und wieder die Fotos und Videos an. Hannah in der Küche, kichernd, die Finger im Keksteig vergraben. - Hannah im winterlichen Garten, mit Rentier-Mütze und knallroten Apfelbäckchen. - Zwei große Engelsabdrücke im Schnee, ein Miniaturengel dazwischen. - Winzige Hannah im Samtkleidchen vor dem riesigen Baum im Wohnzimmer. - Hannah lacht sich kaputt über den Weihnachtsmann, der genauso aussieht wie David, nur mit Wattebart. - Hannah hockt in einem Berg von Geschenkpapier und Spielzeug und hält eine quietschgelbe Ente in die Kamera, ihr Gesicht pure Freude. - Ende. Für immer. Nina drückte Repeat. Repeat. Repeat. Repeat.
Sie hatten so erbärmlich wenige Erinnerungen zusammen sammeln dürften. Warum gab es brutale, grausame Menschen, die steinalt wurden, während ihre süße, unschuldige Tochter vom Schicksal einfach so aus der Welt gekickt wurde? Warum? WARUM?! Ihr Herz ließ sich nicht beruhigen. Nicht an Weihnachten.
Darum, sagte ihr Gehirn kühl. Es gibt keine Antwort auf das Warum. Das Leben ist halt scheiß ungerecht.
Sie schrie in die Kissen des Kinderbetts und heulte Rotz und Wasser.

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10. September 2018

'Amurante: Die Krankheit' von Rico Forwerk

Kindle | Taschenbuch
Monate sind nach den Ereignissen in der Waldhütte vergangen und Kayleigh Bringstine hat es geschafft, sich so etwas wie ein normales Leben aufzubauen. Doch alle Mühen scheinen vergebens, als der Vogelmann in ihre Träume zurückkehrt.

Indes versucht die Polizei von London, eine Reihe von Vermisstenfällen aufzuklären, doch ohne Erfolg. Lediglich der Hinweis einer vorhergehenden Krankheit knüpft eine Verbindung.

So sehr sich Kayleigh auch bemüht: Das Böse scheint sie nach und nach zu infizieren ...

Link zu Band 1: "Amurante: Der Wald"

Leseprobe:
Gelassen blickte Dr. Kramach vom Fenster seiner Praxis auf den kleinen Marktplatz von Alt-Tegel, den eine Vielzahl aus Stühlen und Tischen säumte, die zu den ansässigen Cafés und Restaurants gehörten. Er beobachtete mit leicht amüsierter Miene, wie die Menschen eilig ihre Speisen herunterschlangen und mit fast brutaler Härte das Geld auf den Tisch knallten, nur um zum nächsten, kräftezehrenden Termin zu hetzen. Er selbst sah keine Notwendigkeit darin, sich das Leben schwerzumachen. Wozu auch? Geld kam quasi wie von selbst in die Praxis geflattert, existierten doch weitaus mehr verrückte als normale Menschen in der zivilisierten Welt. Meistens kamen sie schüchtern und gebeugt in die kleine Mansardenwohnung, die der gelernte Psychotherapeut in eine Praxis umfunktioniert hatte, und verrieten ausgiebig alle kleinen Geheimnisse, die jeder mit sich herumschleppte. Sie waren oft tief vergraben und nicht immer von harmloser oder rein kompromittierender Natur. Was ihm in manchen Belangen äußerst zugute kam. Natürlich mochten solche Gedankengänge einen Außenstehenden möglicherweise dazu verleiteten, ihm unehrenhafte Motive zu unterstellen. Doch bei Gott, niemals ließe er einen Patienten im Stich, sollte der höchst unangenehme Fall eintreten, dass er oder sie nicht mehr in der Lage wäre, sich weiter zu öffnen. Er hatte ja schließlich so etwas wie eine Berufsehre und würde den Patienten in so einem Fall einfach an einen anderen, weniger begabten Kollegen weiterreichen.

Zum Anbeginn der letzten freien Stunde schien das blassrötliche Licht des Sonnenuntergangs immer schwächer durch das Sichelfenster im Osten und der Tag begann der warmen Sommernacht Platz zu machen. Nun schaute auch Dr. Kramach etwas unruhig auf die Uhr. Energisch ging er zur Tür in Richtung Empfangszimmer und öffnete diese einen Spaltbreit. Patienten gab es normalerweise um die Uhrzeit keine mehr, weswegen es ihn auch nicht wunderte, dass die Stühle draußen alle leer waren. Nur das monotone Klacken einer Tastatur durchbrach ab und an die Stille und es dauerte auch nicht lange, bis das Knarzen von Fingern auf Plastik vollständig verstummte und der Kopf einer jungen Frau hinter dem Computer hervorlugte. Ihr hellbrauner Haarvorhang verhinderte nicht, ihren lakonischen Blick zu verbergen. Kramach schwor, er sei angeboren.
„Jenny, haben Sie vielleicht eine Nachricht bekommen?“
„Nein, Dr. Kramach. Bisher gab es keine E-Mails, Postkarten oder sonstige Nachrichten. Sie wissen doch, wie sie ist“, sagte Jenny abfällig.
„Ja, und wäre sie nicht so ein einmaliger Patient, würde ich meinen kostbaren Feierabend nicht für die Dame opfern“, schnaubte Dr. Kramach. „Man sollte von einer Frau, die 33 Jahre alt ist, mehr Pünktlichkeit erwarten.“
„Sie sagen es. Auch ich wüsste um diese Uhrzeit etwas weitaus Besseres mit mir anzufangen.“
Unaufgefordert versank der Doktor in schwärmerische Grübeleien. Natürlich hoffte er noch auf ein Auftauchen seiner Patientin, dieses sagenhaft interessanten Subjektes. Aber dafür musste sie auch auftauchen. Vielleicht sollte er bei ihrer Sitzung auf mehr Pünktlichkeit pochen … Was die Erforschung ihrer Seele nur alles mit sich bringen könnte …
„Ist noch etwas, Dr. Kramach?“
Aus den eigenen angenehmen Gedanken gerissen, fand sich Dr. Kramach in der Realität seiner Praxis wieder. Er formte ein Lächeln für Jenny.
„Nein, ich wollte nur noch einmal sichergehen, dass wir hier nicht umsonst warten. Arbeiten Sie erst mal weiter. Sollte sie in fünf Minuten nicht kommen, machen wir einfach Schluss für heute.“ Die betont naiv dreinschauende Brünette nickte und wandte sich erneut ihrer Arbeit zu ...

Im Kindle-Shop: Amurante: Die Krankheit.
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7. September 2018

'Countdown in Westerland' von Ulrike Busch

Kindle | Taschenbuch
Noch zwei Tage bis zu den ›Sylter Sommernachtsträumen‹. Johnny Quadt und seine Lebensgefährtin Eta, Veranstalter der gigantischen Strandparty, stecken mitten in den Vorbereitungen für die Eröffnungsfeier. Plötzlich gerät Johnnys Leben in Gefahr. Nur knapp entgeht der technikverliebte Event-Manager einem Mordanschlag.

Will sein schärfster Konkurrent Alf Leefmann ihn für immer vernichten? Oder hat Johnnys Noch-Ehefrau ein mörderisches Problem mit ihrem Mann? Oder …

Kuno Knudsen und Arne Zander von der Kripo Wattenmeer suchen nach einer heißen Spur – bis die Situation eskaliert und der Täter sie eiskalt erwischt.

Band 5 der Reihe ‚Ein Fall für die Kripo Wattenmeer‘.

Leseprobe:
Jetzt wurde es ernst. Johnny spürte das Verlangen, einen Whiskey zu trinken oder etwas anderes in sich hineinzukippen, das seine Nervosität in die Schranken verwies. Zum fünften Mal innerhalb der letzten zwei Minuten schob er den Ärmel seines Sommerpullis zurück, um einen Blick auf die Armbanduhr zu werfen.
Worauf wartete er noch? Entschlüsse waren dazu da, umgesetzt zu werden.
Er ließ den Computer laufen, das Licht eingeschaltet. Das noch halb volle Glas Cola blieb auf dem Schreibtisch stehen. Ein letztes Mal, bevor er ging, sah er sich im Raum um. An diesem Tag würde er Weichen stellen. Nachher, wenn er zurückkehrte, würde sein Lebensgefühl ein anderes sein.
Er marschierte aus seinem Arbeitszimmer und stolzierte die Treppe hinab wie der einzige und alleinige König von Sylt. Ein Alf Leefmann musste doch zu packen sein.
Die Brieftasche steckte in der Hosentasche. Im Vorbeigehen nahm Johnny den Autoschlüssel von der Ablage im Flur. Er öffnete die Haustür. Draußen war Stille.
Er trat hinaus. Der Bewegungsmelder war eingeschaltet, doch das Licht vorm Eingang sprang nicht an.
Johnny kehrte ins Haus zurück, schloss die Tür, ging zum Sekretär und schrieb eine Notiz auf einen Zettel: LED in der Außenbeleuchtung auswechseln.
Er nahm eine Taschenlampe, öffnete die Haustür erneut und leuchtete zur Garage hinüber. »Amanda, öffne das Garagentor«, sprach er in das Mikrofon, das seine Worte zu der digitalen Assistentin weiterleitete.
Amanda gehorchte.
Johnny huschte ins Auto. Er fuhr bis zur Grenze seines Grundstücks, guckte nach links und rechts und bog in die Straße Richtung Süden ein.
Nun ging es immer geradeaus.
Wie oft war er diese Strecke in seinem Leben schon gefahren? Er kannte jede Düne. Jeden Parkplatz. Jedes Haus, das an der Straße lag. Jeden Fußweg, der ans Wasser führte. Jedes Restaurant am Strand. Und doch kam ihm jetzt alles so fremd und unwirklich vor.
Er dachte an Eta. Sie war jetzt bei dem Team in List. Vorhin hatte er sie angerufen. Hatte ihr gebeichtet, dass er sich auf den Weg zu einem Treffen mit Alf machen würde. Dass er eine Aussprache für unumgänglich hielt.
Natürlich hatte sie ihn für verrückt erklärt, für leichtsinnig. Aber sie war schlau genug, um zu wissen, dass das Schimpfen nichts half. Wenn er einen Plan hatte, hatte er einen Plan, und nichts und niemand konnte ihn daran hindern, den umzusetzen.
Er hatte sie gebeten, ihn unterwegs nicht anzurufen. Beim Gespräch mit Alf wollte er nicht gestört werden. Er würde sich melden, hatte er ihr zugesagt, so wie er es auch Isa versprochen hatte.
Rantum hatte er gerade hinter sich gelassen. Nun ging es auf Hörnum zu. In der Abenddämmerung zeigte der Himmel dieses Licht, das Frieden und Ruhe über das Wattenmeer legte. Doch in Johnnys Seele herrschten Aufruhr und Anspannung.
Das Handy klingelte, und Isas Nummer blinkte auf dem Display auf. Gleich darauf verstummte das Telefon wieder. Das war das gewohnte Zeichen, mit dem seine Tochter ihn bat: Ruf mich zurück, wenn du kannst.
Er tat ihr den Gefallen. »Was gibt’s denn, Püppi?«
»Ich wollte nur sagen, dass wir beim Grillen sind. Wenn du es eher schaffst als geplant ... Wo bist du denn jetzt genau?«
»Isa, ich bin auf dem Weg nach Hörnum. Es dauert noch, bis ich bei euch bin. Mach dir keine Gedanken, ja? Bis nachher.«
Resolut drückte er das Gespräch weg. Für Sentimentalitäten war jetzt nicht der richtige Augenblick. Was er brauchte, war höchste Konzentration.
Hörnum war erreicht. Seinen Wagen stellte er auf einem Parkplatz im Norden des Ortes ab, unweit von Häusern mit Ferienwohnungen. Die wenigen Menschen, die ihm auf dem Weg von hier durch den Ort begegnen würden, waren Urlauber. Sie kannten weder ihn, noch wussten sie, was ihm gestern widerfahren war. Er würde den Treffpunkt unbehelligt erreichen.
Er nahm nicht den üblichen Weg, der ihn zum Hafen geführt hätte und von dort über die Promenade am Restaurant vorbei in den Wald. Er wählte die Route durch den Ort, über den Odde Wai am nördlichen Fuß der Dünen entlang bis zu der Lichtung mitten im Holz.
Eltern mit einem vor Müdigkeit jammernden Kind kamen ihm entgegen. Sie beachteten ihn nicht. Ebenso wenig ein Paar, das sich knutschenderweise durch die Landschaft schob. Eine ältere Dame mit Hund grüßte ihn freundlich. Er kannte sie nicht, sie musste ihn wohl mit jemandem verwechseln. Oder sie suchte nur einen Menschen, mit dem sie sich unterhalten konnte.
Am Waldrand blieb er stehen, lehnte sich gegen einen Baum und rief Eta an. Die Verbindung war schlecht, als lägen Welten zwischen ihnen. »Wie weit seid ihr?«
»Ich mache mich gleich auf den Weg nach Kampen. In List läuft alles wie geplant. Die Bühnen stehen, die Anlagen sind installiert. Die Lichtschau wird bombastisch werden. Jetzt ist es noch zu hell, um die ganze Dimension zu erkennen. Wenn wir in Westerland fertig sind, will ich noch einmal jeden Standort abfahren und bei einem letzten Test prüfen, wie es im Dunkeln wirkt.«
Wie eifrig Eta bei der Sache war! »Übernimm dich nicht«, sagte Johnny. »Du brauchst deinen Schlaf. Wenn du erst um drei oder vier Uhr früh ins Bett kommst, hältst du bei der Eröffnungsfeier morgen Abend nicht durch. Außerdem ist die Lichtschau nicht mehr so spannend, wenn du heute schon alles gesehen hast.«
»Stimmt auch wieder. Eine kleine Überraschung sollte ich mir gönnen, als Lohn für all den Aufwand. Und wenn dein Gespräch mit Alf wirklich etwas bringt, hoffe ich, dass die Welt morgen anders aussieht und wir die ›Sommernachtsträume‹ gemeinsam eröffnen können.«
»Das ist mein Ziel«, sagte Johnny. »Deshalb treffe ich mich mit ihm.«
Etas Stimme wurde weich. »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das möglich sein soll, diese Veranstaltung ohne deine Anwesenheit zu eröffnen.«
»Dazu soll es auch nicht kommen. Du, ich muss langsam Schluss machen. Ich will auf keinen Fall zu spät zum Treffpunkt kommen. Nicht, dass Alf sofort wieder geht und dann behauptet, ich wäre nicht da gewesen.«
Eta lachte müde. »Das würde er nicht machen. Du meldest dich nachher noch mal?«
»Auf jeden Fall. Bis später.«
Er lehnte den Kopf gegen den Baumstamm, schloss die Augen und atmete tief in den Bauch hinein. Sein Herz beruhigte sich. Er setzte seinen Weg fort bis kurz vor der Bank, an der er sich mit Alf treffen wollte. Dort suchte er Deckung hinter Bäumen.
Schweiß stand ihm auf der Stirn. Ein Tropfen rollte in die rechte Augenbraue. Er zog ein Päckchen Pa¬piertaschentücher aus der Hosentasche und zupfte ein Stück heraus. Mit zitternder Hand schob er die übrigen Tücher wieder zurück. Seine fahrigen Finger pflückten das Tuch auseinander und tupften damit über die Stirn. Ungehalten schob er die eigenwillige Strähne zur Seite, die auf der feuchten Haut klebte. Er zerknüllte das Tuch und ließ es achtlos auf den Boden fallen.
Sein Herz schlug in der Dämmerung wie die Pauke eines Bühnenorchesters. Er atmete durch. Und wartete.
Niemand war zu sehen. Möwen kreischten. Im Hafen tutete ein Schiff. Irgendwo in seiner Nähe kackte Holz. Das Geräusch ängstigte ihn.

Im Kindle-Shop: Countdown in Westerland (Ein Fall für die Kripo Wattenmeer 5).
Mehr über und von Ulrike Busch auf ihrer Website.

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6. September 2018

'Devoncourts Brief' von Patricia Carlyle

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
England 1794

Aus seinem Hass auf Elisabeths Onkel Sir Harry Danby macht Nicholas Sheffield keinen Hehl, macht er diesen doch verantwortlich für die Hinrichtung seines Vaters, des Earls of Devoncourt, und den Verlust aller Titel und Güter. Doch ist der attraktive und charmante Mann deshalb tatsächlich ein skrupelloser Rächer, wie Elisabeths Familie behauptet?

Bei dem Versuch, die Wahrheit herauszufinden, geraten Elisabeth und Nicholas in tödliche Gefahr. Aber wer trachtet Nicholas nach dem Leben? Und welche Rolle spielt ihr eigener Bruder in diesem Fall? Elisabeths Welt gerät aus den Fugen, und bald muss sie erkennen, dass für sie mehr auf dem Spiel steht als ihr guter Ruf.

Eine fesselnde Liebesgeschichte, ein spannender Kriminalfall und eine Prise Humor - genau das Richtige für Fans historischer Romantik!

Leseprobe:
Elisabeth Danby saß stumm vor dem riesigen, goldumrandeten Spiegel in ihrem Zimmer. Uninteressiert sah sie zu, wie Melanie, die hübsche, junge Zofe ihrer Tante, ihre goldbraunen Locken zu einer eleganten Frisur hochsteckte. Das Kleid für den heutigen Abend lag schon bereit. In weniger als einer Stunde würde Lord Bellamy erscheinen, um Elisabeth und ihre Tante zum Ball der Beauforts abzuholen, einer jener zahlreichen privaten Festlichkeiten, die während der Londoner Saison täglich irgendwo stattfanden.
Bei dem Gedanken an den heutigen Abend verdrehte Elisabeth angewidert die Augen. Im Allgemeinen funkelten ihre großen, grünblauen Augen vor Lebenslust. Heute jedoch schimmerten sie dunkel vor Ärger und spiegelten Elisabeths Gemütszustand so deutlich wider, dass Melanie tadelnd ihren blonden Kopf schüttelte.
„Runzeln Sie nicht so die Stirn, Miss, das gibt nur Falten. Und außerdem wünscht Lady Worthington, dass Sie lächeln und fröhlich sind, wenn Sie ausgehen.“
Elisabeth verzog das Gesicht zu einer Grimasse und seufzte. „Ich wäre bedeutend fröhlicher, wenn Tante Heather mich nicht seit über einem Monat von einem Ball zum anderen schicken würde!“
„Wie können Sie so etwas sagen!“, schimpfte Melanie. „Sie wissen gar nicht, wie gut Sie es haben! Ihre Tante will doch nur Ihr Bestes! Und was gibt es Schöneres außer Tanzen! Wenn man vom Küssen einmal absieht.“
Elisabeth lachte, trotz ihres Ärgers. „Ach, Melanie, du weißt, wie sehr ich es liebe, zu tanzen! Aber seit dieser schreckliche Lord Bellamy mir den Hof macht, ist jede eigentlich vergnügliche Festivität nur noch eine lästige Pflicht! Und Tante Heather unterstützt diese schleimige Kröte auch noch auf jede nur erdenkliche Weise!“
Melanie blinzelte verblüfft. „Ihre Tante will doch nur, dass Sie eine gute Partie machen! Und Lord Bellamy ist reich! Und außerdem sieht er doch gar nicht so schlecht aus!“
„Ach, Melanie“, seufzte Elisabeth und lehnte sich kopfschüttelnd zurück. „Vor zwei Jahren war alles ganz anders. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen.“
„Können Sie aber nicht“, stellte Melanie pragmatisch fest. „Also hören Sie auf, Trübsal zu blasen. Ihr Gesicht passt sonst gar nicht zu diesem traumhaften Kleid aus elfenbeinfarbener Seide und Spitze.“ Elisabeth grunzte verächtlich. „Umso besser!“
Melanie verdrehte die Augen und ersparte sich einen Widerspruch, sodass Elisabeth in Ruhe ihren Gedanken nachhängen konnte, während Melanie sich weiter an ihren Haaren zu schaffen machte.
Niedergeschmettert dachte sie darüber nach, um wie vieles anders alles tatsächlich gewesen war, als sie vor zwei Jahren als Debütantin ihre ersten Bälle während der Londoner Saison besucht hatte. Damals hatten ihre Eltern sie in die Stadt begleitet. Sorglos und heiter und unbeschwert wie der Frühling war ihr Leben in jenen glücklichen Tagen gewesen. Genau wie heute war ein Vergnügen dem anderen gefolgt. Elisabeth hatte getanzt und gelacht und jede Menge Verehrer gehabt. Aber niemals hatten ihre Eltern Druck auf sie ausgeübt, einen von ihnen zu erhören, und als die Saison sich ihrem Ende näherte, hatte Elisabeth zwar viele Freundschaften geschlossen, jedoch keinem der jungen Männer, die sie umwarben, ihr Herz geschenkt. In völliger Übereinstimmung mit ihren Eltern war sie auf den Familiensitz Fairylaine Manor in Sussex zurückgekehrt.
Immer noch wurde Elisabeth das Herz schwer, wenn sie an ihre fröhliche Mutter und ihren wunderbaren Vater dachte und wie sehr diese beiden warmherzigen Menschen einander geliebt hatten. Elisabeth wollte die gleiche leidenschaftliche Liebe, die gleiche Bewunderung und Zärtlichkeit für einen Mann empfinden wie ihre Mutter für ihren Vater, und sie wollte auch ebenso von Herzen geliebt werden. Ihre Eltern hatten sie in diesem Wunsch stets bestärkt.
Dann aber starben beide wenige Wochen nach ihrer Rückkehr nach Fairylaines bei einem Kutschunfall. Noch viel zu geschockt von dem plötzlichen Verlust dieser geliebten Menschen, fügte sich Elisabeth anfänglich willenlos den Anordnungen und Wünschen ihrer Verwandten.
Während des Trauerjahres, das dem Tode ihrer Eltern folgte, wurde sie zunächst der Obhut ihres Onkels Roderick übergeben, eines Bruders ihrer Mutter, der als Arzt in den ländlichen Regionen Hampshires tätig war. Elisabeths älterer Halbbruder Jason war der Meinung, dass ihr Interesse für die medizinische Arbeit ihres Onkels zwar nicht gerade angemessen für eine junge Dame war, Elisabeth aber helfen würde, über den Tod ihrer Eltern hinwegzukommen.
So war es auch. Wenn Elisabeth ihren Onkel bei der Arbeit beobachtete, war sie fasziniert von seinem Wissen. Sie begann, in seinen medizinischen Büchern zu lesen, merkte sich, wie er welche Krankheit behandelte, und ging ihm bei der Behandlung seiner Patienten zur Hand. Schon bald ließ ihr Onkel sie einige Arbeiten, wie das Wechseln von Verbänden und die Versorgung kleinerer Wunden, selbständig erledigen. Elisabeth genoss es, sich auf diese Weise nützlich zu machen, und konnte dabei sogar hin und wieder den Schmerz über den Verlust ihrer Eltern vergessen.
Unterdessen kam Elisabeths Tante Heather, Lady Worthington, die ältere Schwester ihrer Mutter, dahinter, was Roderick seiner Nichte gestattete. Lady Worthingtons Anstandsgefühl war zutiefst erschüttert. Eine junge Dame der Gesellschaft, die sich als gewöhnliche Krankenschwester und Hebamme betätigte und die einfachsten Pächter und Landarbeiter pflegte - nein, war das empörend! Elisabeth blieb nichts anderes übrig, als ihre Koffer zu packen.
Jedoch hatte sie den Tod ihrer Eltern noch längst nicht verwunden. Der Vorstellung, zu ihrer kinderlosen Tante und ihrem Onkel nach London zu ziehen und sich, wie ihre Tante es wünschte, erneut dem Heiratsmarkt zu präsentieren, konnte sie nicht das Geringste abgewinnen. Sie sehnte sich nach Fairylaine Manor, ihrem Zuhause, was Lady Worthington zumindest zum Teil nachvollziehen konnte. Statt Elisabeth also selbst aufzunehmen, brachte sie sie für die nächsten Monate bei ihrem Schwager Sir Harry Danby unter, wo sie sie gut aufgehoben hoffte.
Elisabeth, die sich an das abwechslungsreiche Leben bei ihrem Onkel Roderick gewöhnt hatte, verbrachte bei Sir Harry eine eintönige und ruhige Zeit. Immerhin konnte sie ihren Onkel dazu bewegen, zumindest einige Wochen im Sommer und ein paar Wochenenden im Herbst in ihrem Elternhaus zu verbringen, das er nach dem Tod von Elisabeths Vater als dessen jüngerer Bruder geerbt hatte. Für den Großteil des Jahres jedoch zog Sir Harry sein eigenes Anwesen dem Familiensitz der Danbys vor. Insgeheim konnte Elisabeth das sogar verstehen, denn Devoncourt Hall war wirklich ein prächtiger alter Landsitz, wesentlich größer und würdevoller als das Gut ihrer Eltern. Sir Harry hatte es einst vom König verliehen bekommen, als Lohn für geleistete Dienste. Dass es sich dabei um eine Zeugenaussage vor Gericht handelte, erfuhr Elisabeth es wesentlich später, denn zum Zeitpunkt des Prozesses war sie noch ein Kind gewesen. Aber sie erinnerte sich, dass es damals viele Gerüchte und Getuschel gegeben hatte. Sie war stolz, dass gerade ihr Onkel Harry, den die meisten für extrem einfältig und dumm hielten, geholfen hatte, einen Hochverräter zur Strecke zu bringen.

Im Kindle-Shop: Devoncourts Brief: Historischer Liebesroman.
Mehr über und von Patricia Carlyle auf ihrer Amazon-Autorenseite.

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'Tumor' von Dominik A. Meier

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Das Institut. Leuchtfeuer der Menschheit. Ein gewaltiger Forschungskomplex am Ende der Welt. Hier sollte unsere Spezies die Grenzen ihres Daseins überwinden. Hier sollten wir neue Menschen werden. Doch es kam alles anders.

Nun steht das Institut für dutzende unterirdische Ebenen voller Giftgas, unerklärlicher Anomalien und missgestalteter Kreaturen. Es ist die Keimzelle unseres Untergangs. Niemand weiß, was geschehen ist. Und doch bin ich hier. Ich riskiere mein Leben für meine Frau, die hier verschollen ist. Mein Name ist Maske. Und mein Weg führt nach unten.

Leseprobe:
Eigentlich sollte der Filter meiner Maske noch ein paar Minuten halten. Eigentlich. Wenn ich mich nicht verrechnet hatte. Und wenn er keinen Materialfehler hatte. Aber die Luft war heute feuchter und auch heißer als sonst. Nur der Teufel wusste, wie stark sich das auf seine Lebenserwartung und damit zwangsläufig auch auf meine eigene auswirkte. Der Geruch von Phosgen stieg mir in die Nase. Besorgniserregend intensiv, ekelerregend süß. Verwesungsgestank. Wie verrottendes Obst. Ich unterdrückte den Würgereiz, schaute auf meine Uhr, zwang mich zur Ruhe. Mein Atem rasselte schon viel zu laut durch den Filter, der Gestank war längst zu stark. Keine Ahnung, wie lange er noch mitmachte, aber mein Instinkt war nicht gerade optimistisch. Ich musste mich beeilen. Doch statt schneller zu kriechen, hielt ich entgegen jedweder Vernunft für einen Augenblick an. Denn irgendwo hier, irgendwo im Dunst des eingefärbten Gases, irgendwo zwischen Dreck und Schutt, musste ‚sie‘ sein. Ich tastete. Vorsichtig, um mich nicht an irgendeiner Kante zu schneiden. Doch meine Finger gruben sich nur in Staub und Asche. Wo war sie nur? Ich unterdrückte einen leisen Fluch, wollte die Atemluft sparen.
Dann endlich, nachdem ich viel zu lange hatte suchen müssen, fühlte ich sie. Neben einem Betonbrocken, vergraben unter einigen Zentimetern Schutt. Meine zitternden Finger schlossen sich um die knöcherne Hand, die sich mir entgegenstreckte. Ich fühlte, wie die Gebeine durch das Leder meiner Handschuhe drückten, wie sie mich begrüßten und verabschiedeten. Diese Totenhand war mein persönliches Zeichen dafür, dass es gleich geschafft war. Mein Glücksbringer, wenn man so wollte. Mein Ritual, mit dem ich abschloss, wenn ich es einmal mehr geschafft hatte. Zumindest fast. Es war nicht mehr weit. Ich hob den Kopf und schaute nach vorne. Nur noch ein paar Meter. Ich konnte das Licht schon sehen, zwang meine nach Ruhe schreienden Muskeln zu einer allerletzten Anstrengung, zum Weitermachen jenseits der völligen Erschöpfung. So schnell ich nur konnte, zog ich mich über den Schutt, kroch weiter und ignorierte den Schmerz in meinem ganzen Körper.
Schließlich empfingen mich erlösendes, gleißendes Licht, warme Sonnenstrahlen und frische Luft. Ich zog mich nach vorne, ließ mich aus dem Schacht fallen und landete auf weichem Gras. Sofort drehte ich mich auf den Rücken und riss mir die Maske vom Gesicht. Ich würgte, hustete und schnappte nach Luft. Die letzte Minute hatte ich die Luft angehalten. Vielleicht sogar länger. Ich hatte es geschafft. Einmal mehr geschafft. Lächelnd schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. Nichts auf der Welt fühlte sich so gut an wie frische Luft, nichts roch so fantastisch und nichts konnte so unverfälscht schön sein.
Plötzlich packten mich eine Hand an der Schulter und eine andere am Kragen. Ein fester Griff, der mir fast die Kleidung vom Leib riss. Vitali zog mich unsanft auf die Beine und zog mich ein paar Meter weg. Taumelnd ließ ich mich von ihm leiten. Ich war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Schritt alleine zu gehen. Jeder Muskel in meinem Leib schmerzte, meine Beine waren taub und ich schaffte es kaum, genug Luft in meine Lunge zu ziehen. Doch wir mussten weg. Ein unglücklicher Windstoß konnte so problemlos Phosgen aus dem Schacht genau in unsere Richtung wehen. Vitali wusste das genauso gut wie ich. Wir hätten viel schneller sein müssen, doch er musste mich stützen. Alleine wäre ich keinen Schritt mehr vorangekommen. Meine Beine hatten kapituliert. Nicht einmal kriechen hätte ich können.
Trotzdem hob ich den Kopf, sah ihn an und grinste. Vitali jedoch schüttelte nur seinen von einer Gasmaske geschützten Kopf und setzte mich ab. Ohne ein einziges Wort zu sagen, zog er einen Geigerzähler aus seiner Tasche und fing an, mich von Kopf bis Fuß damit zu prüfen. Das Gerät ratterte schnell und laut, aber bei weitem nicht so sehr, dass es mich beunruhigt hätte. Hatte ich mir schon gedacht. Die radioaktiven Zonen hatte ich schließlich gemieden. Naja, so gut es ging zumindest. Etwas Hintergrundstrahlung bekam man immer ab.
„Irgendwann erwischt es dich“, raunte er mir schließlich zu, als er die Maske abnahm und sich neben mich setzte. „Irgendwann schaffst du es nicht mehr. Und dein letzter Gedanke wird sein, dass ich es dir ja gesagt habe. Du kalkulierst zu knapp.“
„Irgendwann vielleicht, ja“, antwortete ich, nahm die Feldflasche von seinem Gürtel und trank sie halb leer. Den Rest schüttete ich über meinen Kopf. Ich fühlte mich, als würde ich verglühen. Mein Herz raste und die unbarmherzig auf uns herabbrennende Sonne machte es nicht besser. „Aber nicht heute.“

Im Kindle-Shop: Tumor.
Mehr über und von Dominik A. Meier auf seiner Website.



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