22. Mai 2015

"Geheimnisse: Blind Dates & andere Katastrophen" von Heidi Oehlmann

Seit Wochen setzt die unscheinbare Marta alles daran, die Affäre mit ihrem verheirateten Chef geheim zu halten. Unter größter Anstrengung gelingt es ihr sogar, sich vor ihren Freundinnen nichts anmerken zu lassen. Doch der neue Kollege Paul scheint ihr auf die Schliche zu kommen. Marta hält das Versteckspiel nicht mehr aus und vertraut sich ihm an. Sie hofft, ihr Geheimnis ist bei ihm sicher.

Zur gleichen Zeit macht sie eine unglaubliche Entdeckung, die ihr schlaflose Nächte bereitet. Als sich dann auch noch ihre Eltern zu einem Wochenendbesuch ankündigen, ist das Chaos perfekt.

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Leseprobe:
Ich öffne die Eingangstür der Agentur und gehe gemütlich die Treppe zum Büro hinauf. Es ist zwar schon kurz nach neun und ich bin somit ein paar Minuten zu spät dran, aber es stört mich nicht weiter. Denn ich mache so viele Überstunden, da kann ich auch mal etwas später im Büro eintreffen. Na ja, genau genommen bin ich jeden Montag zu spät an meinem Arbeitsplatz.
Ich betrete das Großraumbüro und gehe auf meinen Schreibtisch zu. Von Weitem sehe ich Paul an seinem Platz sitzen. Er grinst mich an, als er mich entdeckt. Mein Blick wandert schnell in eine andere Richtung. Ich will keinesfalls, dass mein Kollege sich dazu genötigt fühlt, mich anzusprechen. Aber wie ich ihn kenne, wird er es dennoch tun und mich nicht einmal am Morgen in Ruhe lassen können.
An jedem besetzten Tisch hauche ich ein leises »Guten Morgen« im Vorbeigehen raus. Die meisten meiner Kollegen sind schon so in ihre Arbeit vertieft und nehmen mich nicht wahr.
Ich setze mich an meinen Schreibtisch, verstaue meine Tasche in der unteren Schublade und verschließe sie. Den Schlüssel stecke ich in meine Hosentasche. Nun freue ich mich auf eine knappe Stunde Ruhe, um mich zu akklimatisieren. Bis um zehn muss ich topfit sein. Denn montags haben wir Punkt zehn Uhr Besprechung. Dann wird darüber geredet, was ansteht und die Aufträge werden verteilt.
Ich schalte meinen Computer ein, lehne mich zurück und atme tief durch. Plötzlich steht Paul mit zwei Tassen Kaffee neben mir und stellt mir eine mit den Worten »Na, noch nicht ausgeschlafen?« auf den Schreibtisch.
Ich bin ein wenig verwundert. Denn ich kann mich nicht erinnern, dass Paul mir in der letzten Woche einen Kaffee gebracht hätte. Bisher baggerte er mich nur bei jeder noch so kleinen Gelegenheit an. Vielleicht ist das seine neueste Masche, um mich doch noch umzustimmen, mit ihm auszugehen. »Danke!«, sage ich leise.
Auch, wenn ich jetzt einen Kaffee gebrauchen kann, um richtig wach zu werden, ist es mir ein bisschen unangenehm, das ausgerechnet Paul mir eine Tasse des Heißgetränks bringt. Das gibt mir das Gefühl, ich bin ihm etwas schuldig. Dabei ist es absoluter Quatsch.
Nur weil einem jemand einen Kaffee mitbringt, steht man längst nicht in seiner Schuld!, rede ich mir ein.
Paul scheint es anders zu sehen. Er bleibt neben meinem Schreibtisch stehen und erweckt nicht den Eindruck, zurück an seinen Arbeitsplatz gehen zu wollen. Ich habe das Gefühl, als ob er noch irgendetwas von mir will. Sicherlich wird er jeden Moment fragen, ob ich mit ihm essen gehe. Aber meine Antwort wird auch dieses Mal die gleiche sein.
»Und wie war dein Wochenende?«, fragt Paul nach einigen Sekunden des Schweigens und überrascht mich damit. Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht, dass mein Kollege einen Small Talk mit mir führen möchte.
Beschissen wäre geprahlt!, denke ich. Meine Gedanken wandern sofort zu der Begegnung mit Tom. Ich konnte die letzten beiden Nächte kaum schlafen, weil ich immer wieder daran denken musste.
»Ganz gut!«, flunkere ich.
»Ja? Was hast du denn so gemacht?«
»Nichts Besonderes. Ich war mit einer Freundin aus.«
»Aha. Das klingt ja nicht gerade begeistert.«
»Doch, doch! Wir hatten eine Menge Spaß. Ich bin einfach noch nicht ganz wach.«
»Okay. Dann will ich dich nicht weiter stören«, sagt Paul überraschenderweise und geht zu seinem Schreibtisch zurück.
Was war denn das? Ist Paul doch nicht so schlimm, wie ich dachte? So viel Rücksicht hätte ich ihm nicht zugetraut.
Ich greife nach der Tasse und nehme einen großen Schluck. Das heiße Getränk tut mir gut.
Woher wusste Paul, dass ich meinen Kaffee schwarz mag? Das kann er doch gar nicht wissen! Wird er auch nicht! In einen schwarzen Kaffee kann man sich bei Bedarf noch Milch und Zucker hineintun. Ist beides schon drin, kann man es nicht mehr rückgängig machen.
Ich bin über Pauls heutiges Verhalten ein wenig verwirrt. Irgendetwas muss mit ihm am Wochenende passiert sein. Warum sollte er sich sonst so verändert haben? Vielleicht war er schon von Anfang an so, und ich habe es nur nicht bemerkt, weil ich ihn einfach in eine Schublade gesteckt habe. Ich stelle die Tasse wieder ab und schließe meine Augen vor Müdigkeit. Das Koffein wirkt noch nicht.
Ich sollte wirklich zeitiger ins Bett gehen!
Wenn das so leicht wäre, antworte ich mir gedanklich selbst.
»Marta, kommen Sie bitte in mein Büro!«, höre ich den Chef nach mir rufen.
Warum denn das? Was will der denn jetzt von mir?
»Ja, ich komme«, antworte ich.
Langsam stehe ich auf, werfe einen Blick zu Paul, der mich mitleidig anschaut, und gehe in das Chefbüro. Das Büro liegt gleich neben unserem Großraumbüro.
Der Chef ist schon vorgegangen. Als ich sein Büro betrete, steht er an einem seiner beiden Fenster und schaut hinaus.
Ich schließe die Tür, viel lauter, als ich es wollte und mein Chef, Oliver Knecht, dreht sich ruckartig um. Womöglich hat er sich erschrocken, als die Tür so geräuschvoll ins Schloss viel.
»Marta, es tut mir leid!«
»Was? Dass du kommst und gehst, wann es dir gerade passt? Oder, weil du deine Versprechen nicht hältst?«
Oliver schaut mich schweigend an. Anscheinend weiß er nicht so recht, was er sagen soll.
»Was willst du nun?«, frage ich weiter.
»Es tut mir leid! Ich rede ganz bestimmt bald mit meiner Frau und trenne mich von ihr!«
»Wer`s glaubt, wird selig! Das versprichst du mir schon seit Monaten. Ich kann dir nichts mehr glauben und ich will das auch nicht mehr!«
»Marta, bitte vertraue mir!«
»Nein, ich will dich privat nicht mehr sehen! Damit ist für mich dieses Thema beendet«, sage ich.

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21. Mai 2015

'Anna im verborgenen Königreich' von Carolin Olivares

Als Anna mit ihren Eltern in eine neue Wohnung zieht, ist sie sehr glücklich über die Gesellschaft der Regenbogenfee, ihrer Beschützerin aus dem verborgenen Königreich. Fasziniert ist das Mädchen von dem großen Ahorn vor ihrem Fenster. Schnell schließt Anna Freundschaft mit dem guten Geist des Baumes. Immer wieder reist sie mit ihren Freunden in die Welt der Feen und Naturgeister. Die Kinder reiten auf einem sprechenden Delfin, besuchen die geheimnisvolle Sybilla im magischen Efeuwald und erleben viele weitere aufregende Abenteuer. Eine besondere Ehre wird Anna und ihrem Freund Juan zuteil, als beide am großen Novembeuerfeuer teilnehmen dürfen.

Bei diesem Fest übergibt die Elfenkönigin das Jahreszepter an die weiseste der Hexen. Bei den Aufenthalten im verborgenen Königreich wird Anna und ihren Freunden so manches Lebensgeheimnis offenbart. Immer wieder geht es um die Bedeutung von Freundschaft, um Freiheit und Verantwortung. Die Dinge ändern sich, die Kinder werden älter. Was sie verlieren, ist die Fähigkeit, Feen und gute Geister zu sehen. Was aber bleibt, sind glückliche Erinnerungen und ein tiefes Wissen um die Zusammenhänge des Lebens. Tröstlich ist die Zusage, dass es im Traum immer einen Weg ins verborgene Königreich gibt.

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Leseprobe:
Das Gesicht zeichnete sich etwa in der Mitte des Baumes ab. Die Rinde wölbte und verzog sich, bis schließlich schmale Gesichtszüge, umgeben von halblangen Haaren deutlich hervor traten. Hals und Schultern bildeten sich. Die Arme waren hinter dem Rücken verborgen. Es sah so aus, als hielte der Baumgeist – und es gab keinen Zweifel, dass es sich um einen solchen handelte - die Arme hinter dem Rücken verschränkt oder als wäre er mit Handschellen gefesselt. Weiter unten waren der schlanke Leib und dann die langen Beine nur ganz vage zu erkennen. Anna wusste, dass Baumgeister aus ihren Bäumen heraustreten und die Größe von Erwachsenen annehmen können. Dann hatten sie auch richtige Gesichter und Körper, allerdings feiner und heller als die von Menschen.
Wie alle kleinen Kinder war sich Anna darüber im Klaren, dass die verschiedenen Wesen des Feenreiches oder des verborgenen Königreiches, wie manche es nennen, für die Menschen sehr wichtig sind. Sie sorgen dafür, dass es Jahreszeiten gibt, dass die Sonne scheint, dass es regnet und schneit. Außerdem kümmern sie sich um das Wachsen und Gedeihen der Pflanzen und Tiere. Sie verbreiten gute Laune, spenden Trost, gewähren Schutz und sie flüstern den Menschen von den Geheimnissen der Welt.
Der Ahorngeist lächelte. Zwei kecke Amseln hüpften im Baum hin und her und riefen: "Hallo Menschenkind. Willkommen, willkommen!"
Obwohl es gerade windstill war, bewegten sich einige Zweige. Unter den raschelnden Blättern erblickte Anna hellgelbe Funken. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie winzige, sehr anmutige und fast durchsichtige Blumenfeen, die nicht mehr über viel Kraft verfügten, weil der Herbst nahte. Aus den Augenwinkeln sah sie auch, dass die kleine Regenbogenfee links von ihr auf dem Balkongeländer saß und die Beine baumeln ließ. In der Sonne schillerte sie weiß und rosa. Sie schien diesen Ort zu mögen, denn sie lachte. Ihr Lachen erinnerte an das Klingeln sehr zarter Glöckchen.
"Ja, ja", sagte die Fee, " hier ist es nett, schön frei und luftig."
"Ein wenig hatte ich Bedenken, dass du nicht mitkommen würdest", entgegnete Anna, bereute ihre Worte aber sofort, weil die Fee daraufhin vor Ärger ganz grau wurde.
"Weißt du denn nicht, dass es meine Aufgabe ist, dich zu beschützen. Wo du hingehst, ist ganz gleichgültig", schimpfte sie.
Dann rümpfte sie die Nase und schaute in eine andere Richtung. Betreten folgte Anna ihrem Blick, weil ihr nichts Besseres einfiel. So betrachteten die beiden eine Stelle des Gartens, wo vor kurzem Erde umgegraben worden war. Dort saßen zwei Gnome, - manche nennen sie auch Wichtel -, etwa so groß wie Kasperlepuppen in braunen Umhängen und mit breiten, grünen Hüten.
"Ja, ja", mischten sie sich ein. Ihre Stimmen klangen ein ganz klein wenig so, als würde jemand Schlamm gegen eine Mauer werfen. "die geschätzten Feen des Luftreiches sind leicht eingeschnappt."
Hoheitsvoll rümpfte die Regenbogenfee ihre Nase.
"Ich bin zu intelligent, um mich auf dieses Gespräch einzulassen", hauchte sie, ohne wirklich verärgert zu sein. Sie tat eher so, als wäre sie es, denn die Wesen des Feenreiches haben Sinn für Humor. Die Gnome und die Amseln lachten, die kleine Fee lächelte und schaute sie wieder an.
"Ja, ja", bemerkte ein Gnom gut gelaunt, "hier ist ein feiner, ruhiger Platz für uns. Es gibt viele Kinder, ein paar Hunde und Katzen und sogar einige Erwachsene, die gerne ein wenig träumen, wenn sie ins Grüne schauen. Die Menschen hier mögen ihre Pflanzen und pflegen sie liebevoll. Nur leider wird der Rasen zu oft gemäht und die Sträucher werden ständig nachgeschnitten."
Alle nickten, Anna eingeschlossen. Ausgerechnet in diesem Moment erscholl aus einem der Nachbargärten das Geräusch eines Rasenmähers. Die Fee, die Gnome und die Vögel sahen Anna mit großen Augen an und nickten nachdrücklich, gerade so, als wollten sie sagen „siehst du!“ Anna war das sehr peinlich, aber sie ärgerte sich auch. Schließlich mähte sie den Rasen ja nicht.
Plötzlich kam die Sonne, die vorübergehend hinter Wolken verschwunden war, wieder zum Vorschein. Feine goldene Strahlen ergossen ihr Licht über den Balkon und den Platz davor.
„Bis dann“, brummelten die beiden Gnome, „wir halten jetzt ein Schläfchen.“
„Ich, ...“, summte die Regenbogenfee, „ich werde jetzt auf einem Sonnenstrahl reiten!“ Und genau das tat sie. Elegant setzte sie sich auf einen besonders schönen Strahl, der in dem Balkonkasten neben ihr endete, hob die Arme und schoss schräg in die Höhe der Sonne entgegen.
„Tschüss“, riefen die beiden Vögel und schwangen sich jubelnd in den Himmel.
Anna war wieder allein und es war ihr recht, denn sie ärgerte sich immer noch wegen der Sache mit dem Rasenmäher. Da erinnerte sie sich plötzlich an den Baumgeist. Erwartungsvoll schaute sie zum Ahorn hinüber. Er stand noch in seinem Baum und lächelte ihr zu.
„Hallo“, flüsterte er, „ich bin dein Freund!“
Dann verschmolz seine Gestalt wieder mit dem Baumstamm. Sofort kehrte Annas gute Laune zurück.

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19. Mai 2015

"Normandie: Rundfahrt mit dem Wohnmobil" von A+K Weltenbummler

Die Normandie beschränkt sich nicht nur auf die berühmten drei „C“ – Camembert, Cidre und Calvados, vielleicht noch den D-Day. Es gibt eine Unmenge zu entdecken und zu erleben. Ich wollte schon sehr lange zum Mont St.-Michel an der Grenze zwischen der Normandie und der Bretagne. Klaus war auf die Küste neugierig, die durch den D-Day 1944 traurige Berühmtheit erlangte. Wir lernten den kürzesten Fluss Frankreichs kennen, besuchten die weltberühmte Likördestillerie Bénédictine in Fécamp, erlebten die beeindruckende Küstenlandschaft von Etretat und tauchten in die alte Korsarenstadt St. Malo ein. Ein besonderes Erlebnis war die Flut in der Mont St.-Michel-Bucht, die hier einen wahrlich theatralischen Auftritt hat.

Die Normannische Schweiz bildet zu der flachen Landschaft an der Küste einen schönen Kontrast im Landesinneren. Die Käsereien der Normandie, allen voran die in Camembert, sind auf jeden Fall einen Besuch wert. In Jumiéges an der Seine, besichtigten wir eine Klosterruine, die größte ihrer Art. Sie ist selbst als Ruine noch gewaltig. Auf unserer Heimfahrt kamen wir durch die Champagne, wo wir uns durch mehrere Champagnersorten probierten. In Verdun, einem Schlachtfeld des 1. Weltkrieges, besuchten wir die Ruhmeshalle mit dem Friedhof für 130 000 französische Soldaten und das Fort Douaumont, das größte und am höchsten gelegene Fort der ganzen Umgebung.

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Leseprobe:
Bis hierher schien gerade noch die Sonne, jetzt verdunkelte sich der Himmel abermals. In Veules-les-Roses hielten wir erneut. Unser Reiseführer sprach von einem sehr schönen kleinen Ort, durch den der kleinste Fluss Frankreichs fließt. Das mussten wir uns doch ansehen. Wir fuhren also zuerst hinunter in den Ort, aber einen Parkplatz fanden wir nicht. Alles war besetzt. So fuhren wir den Berg wieder hinauf und stellten den Bus irgendwo am Straßenrand ab. Jetzt liefen wir wieder hinunter und lenkten unsere Schritte in die kleinen Gassen des Ortes. Schon trafen wir auf die Veules, den mit 1194 Metern kürzesten Fluss Frankreichs. Das Wasser ist glasklar und sauber, na ja bei fast 1,2 Kilometer Länge auch kein Wunder. Jede Menge Forellen halten sich darin auf.
Mich packte der Ehrgeiz, ich wollte die Quelle sehen. Vorbei an kleinen Häuschen und alten Mühlen führt ein Weg flussauf, aber zur Quelle kamen wir nicht. Grundstücke versperren den Weg. Die haben die Quelle wohl für sich gepachtet. Ich war enttäuscht und wir spazierten auf der anderen Seite wieder zurück.
Dabei entdeckten wir, dass die Häuser neben den roten Backsteinen nicht mit weißen Steinen gemauert sind, sondern mit in Quader gehauenen Feuersteinen. Das überraschte uns sehr. Noch nie hatten wir gesehen, dass man mit Feuersteinen Häuser gebaut hat. Das sah irgendwie aus wie Glasbausteine, sehr interessant.
Zurück am Strand wollten wir jetzt sehen, wo die Veules ins Meer mündet und fanden die Mündung auch.
Kurz vor dem Meer ist der Fluss mit einem großen Platz überbaut worden. Der Fluss wird schnöde durch eine Art Abflussrohr ins Meer geleitet. Dieses Rohr ist bei Ebbe zu sehen, bei Flut ist es jedoch unsichtbar. So ein tolles Flüsschen mit so einem schlechten Abgang, das hat es nicht verdient. Im Bereich der Promenade kann man allerdings von der Veules Abschied nehmen, denn in einem offenen, kunstvoll angelegten Bassin sieht sie noch einmal Tageslicht. Der Ort ist wirklich sehenswert. Auf unserer weiteren Fahrt die Küstenstraße entlang kamen wir durch jede Menge erntereife Getreide- und Leinfelder. Ab und zu lösten kleinere Waldstücke die Felder ab, dazwischen immer wieder Bunker und im Hintergrund das Meer. Die Örtchen, durch die wir kamen, haben schöne kleine Häuschen, meistens sehr gepflegt und mit hübsch angelegten Gärten.
Über St. Valery-en Caux, vorbei an einem Atomkraftwerk mit vier Meilern, wie Fort Knox abgesichert, suchten wir uns noch vor Fécamp einen Campingplatz. Nach ein paar Anläufen fanden wir den richtigen in St. Pierre-en-Port. Der Name sagt zwar etwas von einem Hafen, doch der Campingplatz liegt auf der Höhe, sehr schön und frei angelegt mit Blick über das Meer. Die freie Lage ist allerdings nicht unbedingt ein Vorteil bei dem Wind, der hier herrscht.

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18. Mai 2015

"Irmhild, Tochter Ansgars" von Ulla Schmid

Wenige Jahre vor der Zeitenwende macht sich Rom daran, die Welt zu beherrschen. In diesen Jahren kommt im Cheruskerland Irmhild, eine arme Bauerntochter, zur Welt. Ihre erste Begegnung mit den Römern hat sie mit fünf Jahren, als Legionäre unter ihrem Anführer Drusus, dem Adoptivsohn des Kaisers Augustus, durch ihr Dorf ziehen.

Mit den Jahren verstärkt sich Irmhilds Wunsch, ihr armes Heimatdorf zu verlassen, um in Rom ein besseres Leben führen zu können – wie so viele andere auch. Zusammen mit Erik, einem jungen Mann aus dem Dorf und ihrer ersten großen Liebe, macht sie sich auf den Weg nach Rom ...

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Leseprobe:
Augustus schickte die Söhne seiner Frau Livia, Tiberius und Drusus, die diese in die Ehe mitgebracht hatte, in den Norden. Im Süden des rauen Germaniens waren sie sogar ziemlich erfolgreich. Sie konnten diesen Landstrich für Rom erobern und befrieden. Im Norden sollten sie nicht so erfolgreich sein.
Drusus marschierte weiter nach Osten. Er war schon sehr umtriebig und hatte an strategisch wichtigen Orten etwa 50 Kastelle, hauptsächlich längs des Rheins und einen Kanal, der vom Rhein an die Nordsee führte und seinen Namen trug, fossa Drusiana, gebaut.
„Seht ihr auch, was ich sehe? Da ist die Elbe“, lachte Drusus und zeigte mit seiner Hand auf das blaue Band der Elbe, die sich aber immer noch in einiger Entfernung durch eine herbschöne Landschaft schlängelte. Die Legionäre starrten angestrengt in die Richtung, konnten aber noch keinen Fluss sehen. Nun, Drusus war von der Eroberung des Landes wie besessen. Ihm sollte gelingen, was einem Cäsar nicht gelungen war. Und doch sollte alles ganz anders kommen.
„Wir werden noch für eine Nacht ein Lager anlegen und dann sind wir endlich da“, lachte Drusus gezwungen. „Es kommt jetzt auf einen Tag nicht an.“
Er bemerkte die Unlust seiner Legionäre, auch noch einen Meter vorwärts zu gehen. Dabei hätte er es nur anzuordnen brauchen. Seine Männer gehorchten ihm aufs Wort, aber er wollte es gut sein lassen. Er wäre so gerne weitermarschiert. Er fühlte sich nicht müde, aber ohne seine Legionäre konnte er das Land nicht erobern.
Seine Männer legten das Lager an und Drusus blickte sehnsüchtig in Richtung Elbe. Er, der sonst beim Lageraufbau immer geholfen hatte, schwang sich auf sein Pferd und wollte davon reiten.
„Das würde ich jetzt an deiner Stelle nicht tun“, lachte Valerius Aemilius, einer der ersten seines Stabes. Er hatte die Gedanken seines Kommandanten erraten. „Du solltest nicht alleine in diesem Land unterwegs sein. Du weißt nicht, wer und was sich in diesem unheimlichen, verfluchten Land in den Wäldern verbirgt und diese Barbaren hier mögen uns nicht.“
Drusus blickte ihn erstaunt an: „Woher hast du gewusst, was ich vorhabe?“
„Ich weiß doch, dass du darauf brennst, an die Elbe zu kommen“, gab Valerius erneut lachend zurück.
Er wollte noch etwas sagen, aber eine Frau war aufgetaucht. Nun waren die Germanen allgemein schon größer als die Römer, aber diese Frau schien germanische Männer um einiges zu überragen. Dazu war sie von großer Schönheit. Eine Flut goldblonder Locken umrahmte ihr schmales, ebenmäßiges Gesicht und endete erst an ihrer schlanken Taille. Ihre Haut schien wie Elfenbein und ihr Kleid war aus feinstem, schimmerndem Stoff. Im Allgemeinen trugen Germaninnen Kleider aus groben Stoffen. Doch ganz so primitiv wie die Römer die Kleidung der Germanen darstellten, war diese dann doch nicht.
„Wo willst du noch hinziehen, unersättlicher Drusus?“, begann sie. Ihre Stimme schien nicht zu einem Menschen zu gehören und wurde sogar noch in einiger Entfernung gehört. „Kehr um. Es soll dir nicht bestimmt sein, dieses Land zu erobern und die Elbe zu überqueren. Das Ende deiner Taten und deines Lebens steht kurz bevor.“
„Wer bist du? Hat dich jemand geschickt oder kommst du von dir aus?“, fragte Drusus und blickte der Frau in die hellen, blauen, klaren Augen. In diesen war etwas, was ihn klein, unbedeutend und schüchtern werden ließ. Er wirkte wie hypnotisiert. Seinem Stab und den Legionären schien dieses Anstarren eine Ewigkeit zu dauern. Er selbst konnte im Nachhinein nicht sagen, wie lange dieses Anstarren gedauert hatte und an welchem Ort er sich währenddessen befand. Dazu herrschte eine unnatürliche Stille und nichts bewegte sich, kein Windstoß, kein Vogelgezwitscher, kein Geraschel in Feld, Wald und Flur, kein Schnauben der Pferde. Die arbeitenden Legionäre hatten ihre Arbeit unterbrochen und blickten atem- und sprachlos auf ihren Kommandanten und die Frau. Diese hielt seinem Blick stand, lächelte, gab keine Antwort, drehte sich nach einer Weile abrupt um und ging gemessenen Schrittes, so wie sie gekommen war, wieder zurück in die Richtung aus der sie gekommen war.

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15. Mai 2015

"Berlin küsst Stockholm: Sommernächte und Blitzlichtgewitter" von Petra Sommersperger

Eine gemeinsame Nacht - ein Foto in der Presse - neue Gefühle und Schatten der Vergangenheit. Bens und Alicias Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt. Für die beiden beginnt ein wahrer Drahtseilakt zwischen knisternden Sommernächten und dem unberechenbaren Blitzlichtgewitter, das Bens Leben als schwedischer Rockstar mit sich bringt. Mit Charme und Humor durchleben sie eine ganz besondere Reise, die ihre Gefühlswelt mehr als einmal komplett durcheinander wirbelt.

Berlin küsst Stockholm - Was auch immer das Schicksal für die beiden bereit hält, eines ist klar: Es wird nichts mehr sein, wie es war. Eine erfrischende Sommerlektüre - süß, aber sexy - sinnlich und romantisch, mit einem Hauch Erotik.

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Leseprobe:
"Und du bist dir sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?“, fragt er bereits zum gefühlt zehnten Mal, ein aufgesetzter Schmollmund natürlich inklusive. Ich schüttle den Kopf. „Nein, mein allerliebster Ben, ich möchte nicht mitkommen, da bin ich sogar sehr sicher.“
Ein theatralisches Seufzen soll mir noch einmal signalisieren, was er davon hält und ich kann nicht anders, als loszulachen. „Wieso um Himmels willen möchtest du nicht alleine zu dieser Party? Du kennst doch genügend Leute dort.“
Er sieht mich an, setzt an etwas zu sagen und schließt seinen Mund schließlich wieder. „Ich warte?“ Doch statt zu antworten, kommt er zu mir auf die Couch, legt seinen Kopf auf meine Schulter, zieht erneut eine Schnute und blickt mich an, wie ein Welpe, der ein neues Zuhause sucht.
„Alicia- Schatz, du weißt doch, man sollte mich nicht alleine auf Partys lassen“, versucht er es nun mit einer Schiene, die vielleicht bei seinen diversen weiblichen 'Bekanntschaften' funktionieren mag, doch mich bekommt er damit nicht rum.
„Mein Lieber, spar dir diesen Hundeblick doch lieber für eine andere auf. Ich bin mir sicher, auf der Party laufen genügend Frauen herum, die sich freuen, wenn du sie mit deinen blauen Augen anhimmelst.“ Ich hauche ihm noch einen Kuss auf die Stirn und stehe lachend auf.
„Du bist grausam zu mir.“ „Ich weiß“, antworte ich ihm kurz, während ich den Korkenzieher aus dem Wandschrank hole, um meine Weinflasche zu öffnen. „Wozu hat man Freunde, wenn sie einen so im Stich lassen, wenn man sie wirklich braucht?!“ Bei diesen Worten muss er selbst lachen.
„Ja, ich bin wirklich eine schlechte Freundin, ich weiß. Aber ich habe heute Abend ein wichtiges Date, wie du wissen solltest.“ Vorsichtig ziehe ich den Korken aus der Flasche und gieße etwas der wohl- duftenden roten Flüssigkeit in ein Weinglas.
Ben steht auf, tritt neben mich und tätschelt mir gespielt mitleidig den Kopf. „Deine Lieblingsfernsehserie und eine Flasche Wein ist nicht wirklich ein Date, meine Süße. Ich möchte nur, dass dir das bewusst ist.“
Schnell verpasse ich ihm einen sanften Stoß mit dem Ellbogen. „Immer noch besser, als eine Party von irgendeiner drittklassigen Promotion- Firma.“ „Ja ja, ich hab es schon verstanden.“ Er lacht und zuckt mit den Schultern. „Dann werde ich wohl jetzt alleine lostigern, aber beschwere dich nicht, wenn die Party nicht gut endet und ich in desaströsem Zustand wieder hier ankomme. Ich werde schließlich einsam sein und wenn man einsam ist,...“
„Hau schon ab!“, unterbreche ich ihn und schiebe ihn schon fast zur Tür hinaus. Als ich endlich alleine bin, lasse ich mich auf die Couch fallen und nehme genussvoll einen großen Schluck Rotwein zu mir. Ein anstrengender Tag liegt hinter mir und es kommt mir ganz Recht, dass ich diesen Abend alleine auf meiner Couch verbringen kann.
Seit gut zwei Wochen wohnt Ben nun bei mir. Während der letzten Deutschland- Tour mit seiner Band lernte er durch Zufall Jonas, den Besitzer eines kleinen Musik- Labels kennen und nachdem die beiden auf Anhieb einen Draht zueinander gefunden hatten, hat Ben innerhalb kürzester Zeit beschlossen, sich an Jonas Label zu beteiligen. Bens ursprünglicher Plan war es, sich lediglich finanziell einzubringen, um Jonas schneller auf die Beine zu helfen, doch schon bald hatte sich herausgestellt, dass Bens Bekanntheit, die sich seit dem letzten Album und der dazugehörigen Tour noch einmal deutlich gesteigert hat, den beiden von noch viel größerem Nutzen sein könnte, deshalb hat er sich kurzerhand entschlossen, nicht sofort wieder in seine Heimat Schweden zurückzukehren, sondern noch ein paar Wochen in Berlin zu bleiben, um Jonas bei ein paar Dingen unter die Hand greifen zu können. Gleichzeitig will er die Zeit nutzen, um ein paar PR- Termine für seine Band absolvieren zu können und da Ben jemand ist, der am liebsten immer Menschen um sich hat und sich in Hotelzimmern ziemlich schnell einsam fühlt, habe ich ihm spontan angeboten, für diese paar Wochen bei mir zu wohnen.
Ben Lindqvist und ich kennen uns schon seit Jahren. Er war mit seiner Band 'Northern Summer‘ – vier etwas verrückten, aber absolut liebenswerten Jungs aus Schweden, die mit hochwertiger Rockmusik die Ohren ihrer Fans verwöhnen in Deutschland unterwegs. Die Band war damals kaum bekannt, aber das Magazin bei dem ich arbeite, hatte ein Interview mit ihnen organisiert und dabei haben wir uns kennen – und wie sagt man so schön – 'lieben' gelernt. Die Chemie zwischen uns beiden stimmte auf Anhieb und nach einem ziemlich verkorksten 'ersten Date' und einem völlig gefühllosen ersten Kuss, landeten wir beide damals laut lachend und ziemlich betrunken auf meiner Couch und haben spontan beschlossen, dass wir uns bestens verstehen, solange sich unser Verhältnis auf einer freundschaftlichen Ebene bewegt und so ist es auch seither.
Er besucht mich so oft es geht und die stressigen Zeiten überbrücken wir mit Anrufen und mehr oder weniger lustigen Bildern, die wir uns gegenseitig via Handy zusenden.
Kaum habe ich den Fernseher angemacht und das richtige Programm gefunden, piepst mein Handy. Schnell öffne ich das Foto, das Ben mir gesendet hat. Ein Bild von ihm im Taxi, den Kopf an die Tür gelehnt, mit dem bereits mehrfach erwähnten Schmollmund, blinkt mir entgegen. „So einsam...“, steht darunter. Ich muss lachen.
„Manchmal muss man stark sein im Leben. Hab Spaß!“, ist meine Antwort. Kopfschüttelnd lasse ich das Handy neben mich fallen und widme mich endlich meiner Lieblingssendung.

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12. Mai 2015

'Meerschwein gehabt' von Corinna Wieja

Tessa sitzt in der Patsche. So richtig tief. Sie hat aus Versehen Meerschwein Pepper "verloren". Pepper ist mit seiner Kumpeline Bel Gast in der Tierpension ihrer Eltern. Und Bel fühlt sich nun ganz einsam. Für Tessa ist klar - sie muss:
1. Pepper schnellstens wiederfinden,
2. Bel Gesellschaft verschaffen, damit sie vor Einsamkeit nicht noch krank wird und
3. die ganze Sache unbedingt vor ihrer Familie und Meerschweinchenbesitzerin Frau Zicklinski geheimhalten, damit sie keinen Ärger bekommt.

Tessa hat auch schon einen genialen Plan, wie ihr das alles ganz sicher gelingen wird. Dazu braucht sie nur Schlammkuchen, Haarfärbemittel und ein anderes Meerschwein. Allerdings hat Tessas Plan so seine Tücken und bringt sie in die haarsträubendsten Situationen ...

Gleich lesen: Meerschwein gehabt (Tessa und Tim 1)

Leseprobe:
Rrrrrrring! Verflixt, der Wecker macht einen Höllenlärm. Blind greife ich danach und stemme mühsam die Augen auf. Halb sieben. Seufz! Nicht mal in den Ferien kann ich im Bett bleiben und ausschlafen. Dabei wäre heute ein idealer Bleib-im-Bett-und-schlaf-dich-aus-Tag. Der Himmel ist grau und Regen trommelt grässlich laut ans Fenster. Ich drücke die Schlummertaste und vergrabe den Wecker unter meinem Kopfkissen. Ich habe ihn extra so früh gestellt, damit ich meine Eltern am Frühstückstisch erwische. Ich muss mit ihnen reden, denn ich habe gestern schon wieder beim Losen gegen Tim verloren. Zum fünften Mal hintereinander. Der schummelt doch! Wie sonst lässt sich erklären, dass immer er den Zettel zieht, auf dem „Gassi gehen“ steht? Ich muss nur noch herausfinden, wie mein Bruderherz das anstellt. Ich habe nämlich wirklich keine Lust, die ganzen Ferien über allein die Katzenklos und die Kaninchenkäfige sauber zu machen! Wenn ich meinen speziellen Bitte-bitte-Blick einsetze, verdonnern Mama und Paps Tim vielleicht dazu, dass er sich mit mir abwechselt oder mir wenigstens heute hilft.
Erst mal kuschele ich mich aber noch tiefer unter die Decke. Nur ein paar Minuten noch. Der Dreck in den Kaninchenkäfigen läuft ja nicht weg. Leider. Wäre doch schön, wenn die Hasenköttel Füße bekämen und von selbst zur Mülltonne tippeln würden. Ich muss grinsen, als ich mir das vorstelle: eine Parade kleiner brauner Kügelchen, die durch unseren Garten marschiert. Das wäre mal ein nützlicher Zaubertrick! Wenn Tim den könnte, hätte ich auch nichts mehr gegen seine nervkrötigen Kartentricks, die er immer an mir ausprobiert.
Tim will unbedingt Zauberkünstler werden und so berühmt wie David Copperfield, Jan Rouven oder Harry Potter. Dabei ist Tim im Zaubern ungefähr so geschickt wie eine Kuh beim Rollschuhlaufen. Wird der Esel genannt, kommt er gerannt, sagt meine Oma immer. Wie wahr! Die Tür fliegt auf und mein Bruder stürmt ins Zimmer. „He, Tessa, wach auf! Ich hab einen neuen Trick, den musst du dir unbedingt anschauen.“
„Aber nicht jetzt! Will noch schlafen. Verschwinde“, nuschle ich und ziehe mir die Decke über den Kopf.
Tim und ich sind Zwillinge, aber wir sind uns überhaupt nicht ähnlich. Er hat kurze blonde Haare und blaue Augen, ich habe lange braune Haare und grüne Augen. Sein Name hat drei Buchstaben, meiner fünf. Ich bin morgens ein Murmeltier, er ist so munter wie das Kikeriki eines Hahns.
„Nein, das muss ich dir sofort zeigen. Ich hab den Trick ewig geübt. Der ist richtig schwer, aber jetzt kann ich’s“, sagt er und zieht mir die Decke vom Kopf. In der Hand hält er einen Zylinder, in dem ein Ei rumkugelt.
Ich richte mich auf und ziehe die Augenbrauen zusammen, und zwar so, dass er es auch mitbekommt. „Was soll das werden? Frühstück am Bett?“
„Nee, viel besser.“ Tim grinst. „Pass auf!“ Er wedelt mit der Hand in beschwörenden Kreisen über dem Ei im Zylinder. „Abrakadabra verschwindibus!“ Dann dreht er mit Schwung den Zylinder um.
„Neeeeeeein!“, brülle ich und werfe das Kopfkissen nach ihm. Ich verfehle ihn nur um Millimeter, weil er sich geschickt zur Seite dreht. Trotzdem ist es zu spät. Das Ei platscht auf den Boden. Dotter und Eiweiß vermischen sich zu einer glitschigen, gelbweißen Pfütze auf meinem Teppich. „Du Schusselkopf! Mein schöner weißer Flauscheteppich! Der ist jetzt total hin. Warum hast du kein gekochtes Ei genommen? Oder eins aus Plastik?!“
Tim kratzt sich am Kopf. „Komisch, vorhin hat es noch funktioniert. Da muss was mit der Geheimklappe nicht stimmen …“
„Ich glaube, bei dir stimmt’s nicht!“, sage ich. „Und zwar hier.“ Ich tippe mir an die Stirn. „Das machst du sofort sauber!“
Tim reagiert nicht. Er untersucht immer noch seinen Zylinder. Verärgert springe ich aus dem Bett – mitten in die Eierpfütze hinein. Örks! Das ist so was von eklig. Vorsichtig hebe ich meinen Fuß hoch. Das Eiweiß zieht lange klebrige Fäden und ich wünsche mir, ich wäre nie aufgestanden. Dotter tropft von meinem großen Zeh. Na warte!, denke ich mir und will Tim am Kragen packen, damit er sich endlich um den Eiermatsch kümmert. Tim weicht mir jedoch grinsend aus. Ich gerate ins Schwanken, weil ich immer noch wie ein Storch auf einem Bein stehe. Hopsend versuche ich, mein Gleichgewicht wiederzufinden. Dabei rudere ich wild mit den Armen und bin kurz davor umzufallen. Blöderweise lande ich mit dem anderen Fuß auf den Eierschalen. Es macht krack und der Matsch und die Schalenstücke kleben auch an diesen Zehen. Kurz überlege ich, ob ich Tim den Zylinder über den Kopf ziehen soll, damit er selbst in der Geheimklappe verschwindet. Dann aber schließe ich die Augen und stelle mir zur Beruhigung ein tiefblaues Meer vor, dazu einen Strand mit Palmen. Alle meine Freundinnen liegen jetzt irgendwo in der Sonne am Meer. Und ich? Hach, wäre das schön, endlich mal wieder in den Urlaub zu fahren. Ohne Tim!
Ich schüttele mich aus meinem Tagtraum. Herumspinnen hilft mir nicht weiter. Erst mal muss das Ei weg. Außerdem bin ich schließlich die Vernünftige von uns beiden. „Jetzt geh schon und hol einen Lappen!“, befehle ich ganz ruhig. „Ich kann nicht, ich tropfe.“
Tim kichert. „Ja, aber dein Eiertanz war cool.“
Wortlos deute ich mit dem Finger zur Tür.
„Ja, ja, schon gut“, sagt Tim und verzieht sich. Kaum ist er zur Tür raus, höre ich lautes Gepolter und einen ohrenbetäubenden Schrei. Die Stimme erkenne ich sofort – Mama. Gleich darauf poltert es wieder und jemand flucht. Eindeutig Paps. Mit einem letzten Blick auf den Wecker – es ist gleich sieben, eine echt bescheuerte Zeit zum Aufstehen in den Ferien! – stürze ich aus dem Zimmer und laufe zum Bad. Von dort kam der Schrei.

Im Kindle-Shop: Meerschwein gehabt (Tessa und Tim 1)

Mehr über und von Corinna Wieja auf ihrer Website.

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11. Mai 2015

"Erkar Bodin" von Jan Viebahn

Ein Yrangir-Fantasy-Krimi. Erkar Bodin, Leutnant der Stadtwache in der Hauptstadt des Kaiserreichs und zuständig für Mordfälle, ermittelt in einem Doppelmord: Zwei Priester eines heiligen Ordens wurden grausam gefoltert und dann hingerichtet. Bodin folgt den Spuren kreuz und quer durch die große Stadt. Doch schon bald gerät er in Verstrickungen, die ihn erahnen lassen, dass es um etwas viel Größeres als nur um zwei Morde gehen könnte.

Die Hitarii, die Feinde des Kaiserreichs im Süden, scheinen ihre Finger überall zu haben. Ist Erkar in der Lage, die Fäden des Schicksals zu entwirren, seine Angebetete zu retten und die Verschwörung aufzudecken?

Gleich lesen: Erkar Bodin: Ein Yrangir-Fantasy-Krimi


Leseprobe:
Die beiden betraten Grimloks Arbeitszimmer, und alle Freundlichkeit wich sofort aus dem Gesicht des Herzogs. Er setzte sich, bot aber seinem Besucher keinen Platz an, sondern betrachtete ihn mit Missfallen.
Der Mann mit der langen Narbe stand nun vor seinem Schreibtisch. Ein kleines Feuer brannte im Kamin hinter dem wuchtigen Eichenholzschreibtisch und durch das eisige Schweigen im Raum schien es bedrohlich zu knistern.
»Ich habe doch gesagt, keine Treffen in meinem Amtssitz, Szargun!«, entfuhr es dem Herzog schließlich mit schneidender Stimme.
Szargun nahm Pergament und Feder von der Tischplatte, tunkte die Feder in ein Tintenfass und schrieb auf: »Wichtig! Brauchen Entscheidung! Paladin will nicht brennen!«
Grimlok starrte ihn finster an.
Szargun kritzelte weiter. » Glaube scheint ihn zu schützen, dunkle Flammen können ihm nichts anhaben. Vorhaben mit Paladin nicht möglich.«
»Verdammt!«, Herzog Grimlok schlug mit der Faust auf den Tisch, »das kostet uns mindestens zwei Monate. Hat der Priester einen Alternativplan?«
Szarguns Antwort war schnell zu Papier gebracht: » Meister schlägt vor, kaiserliche Garde zu nutzen.«
»Gut, nur wie kommen wir an sie heran? Die kaiserliche Garde ist eine verschworene Gemeinschaft, die nichts dem Zufall überlässt.«
Die Feder kratzte schnell über das Pergament und Grimlok las: » Möglichkeit durch erfahrene Spionin. Können sie einschleusen.«
»Dann schleust sie ein! Hat der Priester noch genug Kraft?«
»Für ein Ritual reicht es noch.«
»Dann beeilt euch!«
Szargun nickte und wandte sich zum Gehen, dann hielt er inne und drehte sich noch einmal um, kam zurück und schrieb: »Was ist mit dem Paladin?«
Herzog Grimlok hatte sich schon wieder seinen Unterlagen zugewandt und schrieb nun seinerseits etwas auf ein Papier. Wie beiläufig bemerkte er: »Hackt ihm den Kopf ab und verscharrt ihn im Wald, dagegen wird er wohl kaum resistent sein!«
Szargun nickte zustimmend und grinste.
Grimlok schaute noch einmal kurz auf. »Und, Szargun, besorgt mir einen vertrauenswürdigen Sekretär, ich bin meines überdrüssig, er wird immer neugieriger und fängt an, Fragen zu stellen!«
Szargun nickte erneut. Dann verließ er mit langen Schritten den Raum.
Grimlok nahm die von Szargun beschriebenen Pergamente, stand auf, ging zum Kamin hinüber und warf sie ins Feuer. Nachdenklich betrachtete er, wie sie in Flammen aufgingen und den Nachweis dieses Gespräch vernichteten. Das Vorhaben stellte sich einmal mehr als schwieriger heraus denn gedacht. Er brauchte Geduld. Nicht seine größte Tugend, doch sie waren schon weit gekommen. Jetzt hieß es abwarten. Am Ende würde er es ihnen allen zeigen!

Im Kindle-Shop: Erkar Bodin: Ein Yrangir-Fantasy-Krimi

Mehr über und von Jan Viebahn auf seiner Website.

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