16. Dezember 2013

'Verjährt' von Annemarie Nikolaus

Krimi-Kurzgeschichten mit historischen Randnotizen.

Cornwall 1072 – Schwaben 1754 – Paris 1795 – Luzern 1824.

Mord und Diebstahl in vergangenen Zeiten: Worin besteht das eigentliche Verbrechen? Wann heiligt der Zweck die Mittel? Notwehr, Selbstjustiz oder doch nur ein gewöhnliches Verbrechen – alles längst verjährt ...

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Leseprobe aus: "Die zwölfte Nacht"
Treganna, Cornwall, Weihnachtsabend 1072
Ein mächtiger Sturm toste um die Große Halle von Treganna und übertönte wieder und wieder den Lärm der feiernden Dienstboten des Schlosses. Manch einem blieb dann das Lachen im Halse stecken; andere bekreuzigten sich und blickten erschreckt umher. Die Hunde, die sich an anderen Tagen um die Knochen balgten, lagen friedlich unter den Tischen und machten nur mit einem gelegentlichen Winseln auf sich aufmerksam.
Das Feuer in den beiden mächtigen Kaminen hatte Mühe, sich gegen den stetigen Druck des Windes zu behaupten. Rauch trieb bis hinüber zu dem Hohen Tisch, an dem Sir Geoffroi, der neue Herr von Treganna Castle, mit seiner Familie saß.
Der kleine Amis, sein Sohn, hustete, als er den Rauch einatmete. Als er immer angestrengter um Luft rang, klopfte Caitlin ihm auf den Rücken und hielt ihm dann einen Becher Wasser hin.
Sorge stand in ihren Augen und sie lächelte mitleidig. „Trink; dann geht es dir gleich besser.“ Hoffentlich erstickte er daran. Wie sie ihn hasste, ihren Stiefbruder; mehr noch als den Normannen, der ihre Mutter zur Ehe gezwungen hatte. Mochte Gott verhüten, dass diesem Schwächling eines Tages Treganna zufiel, das doch ihr Erbe war.
Amis überlief ein Schauer, als der Sturm plötzlich eine Tonlage höher pfiff.
„Frierst du?“ Sir Geoffroi wickelte ihn fester in seinen warmen Plaid.
„Nein, Vater. Ich habe mich erschrocken.“
„Vor dem bisschen Wind?“ Sir Geoffroi klang nun doch ein wenig ungehalten. „So nahe am Meer hat er mehr Kraft, als du es von ... Zuhause ... gewohnt bist.“
„Nay, Mylord.“ Wieder setzte Caitlin ein sorgenvolles Gesicht auf. „Das ist nicht der Sturm, der da draußen singt. Das sind ...“ Sie ließ ihre Stimme verklingen.
Amis wurde bleich und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an.
„Caitlin! Du wirst diesem Aberglauben keine Nahrung geben.“
„Wie könnt Ihr das sagen, Mylord! Was wisst Ihr von unserem Land!“ Caitlin sprang empört auf und ließ sich auch nicht vom zornigen Ruf ihrer Mutter zurückhalten.
Nicht lange darauf kam Amis in Caitlins Schlafzimmer. „Schwester, was ist es, was du mir nicht sagen darfst?“
Caitlin verdrehte die Augen über die verhasste Anrede. „Was wohl? Dein Vater will nicht, dass ich dir erzähle, was du von ihm nicht erfahren kannst.“ Sie winkte ihn näher ans Feuer und senkte die Stimme. „Wind, ja; so kann man es wohl nennen. Aber er kommt nicht vom Meer. Es ist die Wilde Jagd, die in den Nächten bis Epiphania ihre Rache sucht.“
Der Junge räusperte sich und versuchte, seiner Stimme einen tieferen, erwachsenen Klang zu geben. „Caitlin, das ist wirklich ein Aberglaube.“
Sie zog ihn neben sich auf die Fensterbank und wisperte:„Hast du nicht die Furcht in den Gesichtern der Dienstboten gesehen?“ Caitlin unterdrückte ein triumphierendes Lächeln, als der Blick des Jungen unsicher zu flackern begann. „Aber du brauchst dich nicht zu ängstigen. Du bist doch nur ein kleiner Junge. Du kannst nichts für das, was geschehen ist.“
Amis fuhr empört hoch.
„Es sind unsere erschlagenen Krieger.“ Caitlin lächelte. „Und mein Vater führt sie. Ihr habt unser Land gestohlen. Und seine Frau.“
„Aber du sollst dich nicht fürchten müssen.“ Sie stand auf und öffnete ihre Truhe. „Darum gebe ich dir mein Geschenk schon heute.“ Sie hielt ihm ein rotes Band entgegen, an dem eine Gemme aus einem dunklen Stein hing.
Amis streckte die Hand aus. „Was ist das?“„Ein Schutz, mächtiger als das Kreuz der Christen.“ Caitlin legte ihm das Amulett in die Hand.
„Noch ein Aberglaube.“ Lächelnd schüttelte er den Kopf, doch seine Stimme bebte vor Furcht. „Aber es ist hübsch. – Ich werde es tragen, weil es ein Geschenk von dir ist.“ Das Wetter wurde selten besser in den nächsten Tagen. Amis schlich furchtsam umher. Einmal zeigte Caitlin ihm ein von Spuren verwüstetes Schneefeld vor dem Schloss und der Junge begann, unbeherrscht zu zittern und nach Atem zu ringen. Hastig griff er nach Caitlins Amulett um seinen Hals.

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13. Dezember 2013

'Hermines Tür' von Kerstin Michelsen

Roman über das von Verlusten geprägte Schicksal einer Frau, deren Leben zuletzt eine unerwartete Wendung nimmt.

Nach dem tragischen Unfalltod ihrer kleinen Tochter zerbricht Hermines Familie, ihr Mann Wilhelm verschwindet mit dem Sohn Georg und Hermine bleibt allein zurück. Jahrzehnte später schöpft sie neue Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Georg, als sie vom Tod Wilhelms erfährt.

Auf der Suche nach Spuren aus ihrem früheren Leben, die sie zu ihrem Sohn führen könnten, stößt Hermine im Keller ihres Hauses auf eine geheimnisvolle Tür ...

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Leseprobe:
Das Erwachen war mühsam. Der Schlaf, aus dem sie auftauchte, war wie ein Sumpf, düster und undurchdringlich. Der letzte Traum haftete ihr noch bleischwer an, es dauerte einige Minuten, ehe Hermine sich im Jetzt wiederfand.
Sie blinzelte ihre körnig verklebten Wimpern frei. Es war dunkel. Durch die halb geschlossenen Vorhänge drang von irgendwoher ein schwacher Lichtschein in den Raum, so viel konnte sie erkennen. Vielleicht war es der Mond.
Als nächstes spürte sie ihre schmerzenden Zähne. Jeden Tag und jede Nacht in den vergangenen siebenunddreißig Jahren hatte sie ihre Zähne zusammengebissen. Im Schlaf war es besonders schlimm, da mahlten sie unablässig aufeinander, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Morgens schmerzte ihr dann meistens der ganze Kiefer.
Prüfend fuhr sie mit der Zunge an der Innenseite ihrer Zähne entlang. Fast alle waren noch vorhanden, was im Hinblick auf ihr Alter beachtlich war. Seit Jahrzehnten hatte kein Zahnarzt mehr einen Blick in ihren Mund getan. Sie hatte ihre Zähne immer gewissenhaft gepflegt, denn sie hasste dieses pelzige Gefühl am Morgen. Sonst gab sie nicht mehr viel auf ihr Äußeres, wozu auch. Das nächtliche Knirschen hatte jedoch Spuren hinterlassen. Wenn sie jetzt mit der Zunge etwas stärkeren Druck ausübte, spürte sie, wie einzelne Zähne leicht nachgaben.
Womit man sich beschäftigte, wenn man sonst nichts zu tun hatte, kam es ihr in den Sinn, und ihre Zunge erschlaffte im Mund.
Hermine starrte regungslos durch das Halbdunkel an die Decke. Wieder ein Tag, der zu früh begann. Sie hatte es so satt. Jeder Versuch, wieder einzuschlafen, wäre vergebens gewesen. Es war immer das Gleiche. Egal, wie früh sie aufwachte; mit dem Schlafen war es dann vorbei. Vielleicht würde sie später am Tag noch ein Nickerchen halten.
Unbehaglich reckte Hermine den schmerzenden Rücken. Sie konnte nicht mehr liegen; ihr ganzer Körper fühlte sich steif und wie zerschlagen an. Hermines ganzes Dasein war mühselig, die Tage und die Nächte, und manchmal wollte sie einfach nicht mehr. Die Zeit verging quälend langsam und eintönig, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Einmal hatte sie gedacht, dass ihr Leben wie der Aufenthalt in einem kalten, zugigen Wartesaal war; weit entfernt rauschten Züge vorbei, ohne jemals anzuhalten, und sie war die einsame Wartende, die nirgendwo mehr hinreisen würde. Diesen Vergleich fand sie so treffend, dass sie ihn sich einmal hatte notieren wollen, doch dann war ihr bewusst geworden, wie sinnlos das gewesen wäre. Gleichwohl kehrte dieses Bild immer wieder zurück.
Manchmal fragte sie sich, warum sie das alles noch ertrug. Darauf gab es keine eindeutige Antwort. Vielleicht meinte sie, es nicht anders verdient zu haben. Außerdem war Hermine so erzogen worden, dass man sich nicht aus seinem Schicksal und schon gar nicht aus der Verantwortung davonstahl. Sie war eben doch die Tochter ihrer Mutter, in immer mehr Dingen bemerkte sie das, je älter sie wurde. Wenn man jung war, dann dachte man immer, man sei ganz anders als die Eltern, würde alles anders machen, und am Ende fand man sie dann doch in sich selbst wieder und man handelte in vielem, wie sie es getan hatten.
Vielleicht aber war der wahre Grund für Hermines Ausharren, dass irgendwo in der dunklen Trübsal, die sie ganz und gar ausfüllte und die ihr mit dem Blut durch die Adern floss, doch immer noch ein winziger Funken Hoffnung glomm. Sie hätte sich dies niemals eingestanden, denn Hoffnung bedeutete auch die Qual der Ungewissheit, und die hatte sie schon viel zu lange ausgehalten. Nein, irgendwann war sie an einem Punkt angelangt, wo es besser war, nicht mehr zu hoffen. Sie richtete den Blick nicht mehr in die Zukunft, weil es für sie keine mehr gab. Sie konnte nur einen Schritt nach dem anderen tun – und weiter erlaubte sie sich auch nicht, nach vorn zu schauen – was in ihrem Fall hieß, einen Tag nach dem anderen hinter sich zu bringen, bis sie endlich gehen durfte. Endlich schlafen und nie wieder aufwachen.
Hermine seufzte. Es gab ja trotz allem noch kleine Freuden. Zeitvertreib, oder wie man das auch immer nennen wollte. Wenn heute die Sonne schien, könnte sie ein wenig rausgehen. Sie beschäftigte sich gern in dem kleinen Kräuter- und Gemüsegarten. Bisher wuchs nicht viel; es war zu früh im Jahr. Die Frühlingssonne hatte die letzten Tage schon angenehm erwärmt. Der knorrige Forsythienstrauch war bereits gelb gesprenkelt. Doch in den Nächten fror es.
Das kleine Stück Erde, das sie bewirtschaftete, lag unmittelbar neben der rückwärtigen Küchenveranda. Das weitläufige, ehemals aufwendig gepflegte Parkgrundstück war verwildert. Eine Zeitlang hatte sie noch versucht, es einigermaßen in Ordnung zu halten. Wenn Wilhelm und Georg zurückkommen würden, sollte alles aussehen wie immer, hatte sie sich damals gesagt. Vor vielen Jahren war das gewesen. Irgendwann jedoch hatte sie ihre Bemühungen aufgegeben. Allein war es ohnehin nicht zu schaffen, und sie hatte erkannt, dass das Warten vergebens war. Aber irgendwie musste sie sich beschäftigen, wenn sie nicht vollkommen irre werden wollte. Also hatte Hermine sich im ehemaligen Küchengarten ein überschaubares grünes Reich angelegt.

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12. Dezember 2013

"Auf und weg!" von Pebby Art

Ein Kinderbuch zum Thema Trennung. Emmas Papa ist abgehauen. Und "auf und weg" sind dann auch Emma und ihr lebendig gewordenes Stoffpferdchen Floh. Im Räuberwald sind die beiden gelandet. Doch während Floh hier nach Emmas Papa sucht und zusätzlich noch gerne einen Schatz finden würde, sucht Emma aus einem ganz anderen Grund den Schutz des Waldes auf.

Sie versteckt sich dort, denn sie ist sicher, dass auch ihre Mama sie verlassen wird. Da haut sie lieber selbst ab. Unheimlich wird es, als sie bemerken, dass sie nicht die Einzigen sind, die sich im Räuberwald herumtreiben …

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Leseprobe:
„Wo ist Papa?“
Emma reibt sich die Augen. Verschlafen torkelt sie in die Küche. Papa sitzt morgens immer am Küchentisch, immer hinter seiner Zeitung. Und seine braun-verschmierten Nutella-Finger legen sich um den Rand der Zeitungsblätter. Papa liebt Nutella.
Heute steht kein Nutella auf dem Tisch. Kein Nutella klebt an Papas Fingern, denn Papas Finger sind nicht da. Papa fehlt. Nur die Zeitung liegt zusammengefaltet auf dem Tisch. Unbenutzt sieht sie aus, wie Klopapier auf der Rolle.
Mama sitzt am Tisch und lässt Sonnenblumenkerne auf ein Brot mit Honig plumpsen. Der Honig pappt durchs Brot. Das wird wieder eine Schmiererei geben, nachher in der großen Pause. Und die Sonnenblumenkerne pieksen immer im Mund. Hauptsache es ist gesund, sagt Mama immer.
Emma verzieht das Gesicht und fragt noch mal: „Wo ist Papa?“
Endlich schaut Mama auf. Emmas Bauch zieht sich zusammen. Mamas Gesicht sieht so anders aus, so … so … Emma weiß nicht genau wie. Anders halt.
Und anstatt auf ihre Frage zu antworten, winkt Mama sie zu sich. Emma wird noch mulmiger zumute. Was hat das alles zu bedeuten? Schließlich macht sie drei Schritte auf Mama zu. Dann bleibt sie stehen.
„Emma, jetzt komm mal her.“
Mamas Stimme klingt komisch. Vorsichtig nähert sich Emma. Sie darf sich auf Mamas Schoß setzen. Das kommt selten vor. Schließlich ist sie schon groß, ein Schulkind, da sitzt man nicht mehr auf anderer Leute Beinen, sagt Mama immer. Jetzt darf sie. Das ist seltsam.
„Papa ist weg“, sagt Mama.
Emma versteht nicht.
„Wie ‚weg‘?“, fragt sie.
Mama schluckt. „Er ist ausgezogen.“
Emma sackt zusammen. Das kann nicht stimmen. Nie würde ihr Papa sie verlassen.
„Du lügst!“, schreit Emma und rennt die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Wie kann Mama so etwas Gemeines behaupten?
Emma liegt auf ihrem Bett und weint. Emmas Kissen ist ganz feucht, so als hätte jemand ein ganzes Glas Apfelsaft auf die Bettdecke gegossen. Nur schmeckt es nicht so süß. Und klebrig ist es auch nicht. Aus der Ferne, von der Matratzenecke her, schaut Floh aus mitleidsvollen, dunklen Knopfaugen zu ihr herüber. Dort hat Emma ihn eben achtlos hingeschleudert. Floh ist Emmas Lieblingsstofftier, ein gelb-beiges Pferdchen mit langer, dunkler Mähne und dünnen hellen Streifen, die in der Sonne glitzern. Heute türmt sich die Mähne in einem Wust aus Knoten und Zöpfen an seinem Hals auf. Emma will Friseurin werden, später, wenn sie groß ist. Wenn Emma Kummer hat, kuschelt sie Floh immer ganz fest in ihre Arme. Nur jetzt nicht. Ihr Kummer ist zu groß. Sie hat Floh ganz vergessen.
Mama kommt herein und setzt sich zu Emma aufs Bett. Sie erlaubt ihr sogar, heute zu Hause zu bleiben. Schule schwänzen. Das hat Mama noch nie erlaubt! So furchtbar ist das alles, dass sie Schule schwänzen darf! Das kann nur bedeuten, dass sie ihren Papa nie, nie mehr wiedersehen wird. Und Mama erklärt ihr nicht, warum Papa verschwunden ist und wo er hin ist. Da will Emma auch nicht zu Hause bleiben, und sie packt ihre Schultasche. Vielleicht weiß Lena Rat. Schließlich ist Lena ihre beste Freundin. Jeden Tag gehen sie zusammen zur Schule. Am Ende der Straße unter der großen Kastanie, da treffen sie sich immer – jeden Morgen.

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Ein Klick, der Freude macht

Die Zeit der Buchgeschenke ist da. Wie wäre es mit einem Gutschein, mit dem der Beschenkte selbst entscheiden kann, was ihm am meisten Lesefreude macht?

11. Dezember 2013

'Puna - Tödliche Spurensuche' von Bernd Scholze

Was als Recherche beginnt, wird zum Wettlauf auf Leben und Tod. Ferdinand Lochner, Geschäftsführer von Pildovac Pharm, erteilt der Genealogin Anja Koswig den Auftrag, eine Firmenbiographie zu erstellen. Dazu soll sie Angehörige von Ludwig Staller, einem ehemaligen Mitarbeiter der Forschungsabteilung, der an der Entwicklung zahlreicher Medikamente maßgeblich beteiligt war und kürzlich an den Folgen von Bauspeicheldrüsenkrebs verstorben ist, ausfindig machen und interviewen.

Allem Anschein nach ein ganz normaler Rechercheauftrag, doch dann ändert sich die Situation schlagartig: Ihre Wohnung wird verwüstet, ihre beste Freundin wird brutal mißhandelt und sie ist Drohungen ausgesetzt. Geht es wirklich nur um die Erstellung einer Firmenbiographie? Ferdinand Lochner spielt nicht mit offenen Karten. Tatsächlich soll sie dabei mithelfen, streng vertrauliche Unterlagen, die Staller beim Ausscheiden aus der Firma gestohlen hat, ohne Schlagzeilen zurückzuholen. Die Spuren führen nach Bolivien. Ihr unsichtbarer Gegner folgt ihr auf Schritt und Tritt. Ein Wettlauf auf Leben und Tod beginnt.

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Leseprobe:
»Hast du mich verstanden, Raul?«, fragte der Mann vor der Wand.
»Wir waren uns doch einig, dass keine Menschen zu Schaden kommen dürfen ...«
»Das ist auch nach wie vor unser Ziel. Aber leider überschlagen sich die Ereignisse. Uns sind die Hände gebunden. Und zu allem Überfluss werden wir wohl über kurz oder lang unsere Informationsquelle in der Firma verlieren. Wir müssen handeln. Und zwar so schnell wie möglich. Wir können keine Spielchen mehr treiben.«
»Wir sind angetreten, weil die Ungerechtigkeiten bekämpfen wollten. Jetzt stehen wir an der Schwelle, selber Unrecht zu tun ... Ich seh da keinen Sinn, Claude ... Ich sehe ein, dass wir verhindern müssen, dass die Pharmaindustrie sich mit den Medikamenten gegen Tropenkrankheiten weiter auf Kosten der wirklich Armen bereichert. Wenn wir jetzt einen Mord in Kauf nehmen, zumal an einer Frau, die eine sehr fragwürdige Suche nach irgendeinem Bolivianer wegen einer Erbschaft durchführt, dann ist das nicht das, wofür ich angetreten bin!«, sprach der mit Raul angesprochene.
»Die Frau ist vollkommen unwichtig. Kollateralschaden. Leider. Ich kann das immer nur betonen. Mir selber fällt das auch nicht leicht«
Der Mann vor der Wand blickte einen Augenblick zu Raul hinüber.
»Vorgestern ist Tristan Douglas von Scarab Pharma Inc. mit seinem Privatjet von New Jersey angereist, um mit Ferdinand Lochner zu reden. Glaubst Du, das es da um Mittagessen unter Freunden ging?«
»Woher weißt du das?«
»Von unserer Quelle vor Ort. Das Treffen ist ganz kurzfristig anberaumt worden. Lange war es geplant, aber immer als weniger wichtig verschoben worden. Jetzt, da die Frau in Bolivien recherchiert, wird es auf einmal wahr. Keine lange Vorplanung. Anruf und zwei Tage später ist das Treffen perfekt. Macht Dich das nicht stutzig?«
»Wieso? Was meinst Du?«
»Mann, da zeichnet sich ein Deal ab. Noch vor einem halben Jahr war die Firma von Lochner am Abschmieren. Dann werden Gerüchte gestreut. Von einem neuen Medikament. Von einer Suche nach einem Mann, der wichtige Informationen haben soll. Davon, dass man kurz vor einem entscheidenden Durchbruch stünde. Dann soll auf einmal Maladouleur Médicaments auf der Bildfläche auftauchen und abgeschlagen im Wettbewerb hinter Lochners Dengue-Mittel her sein. Merkst du nicht? Das Ganze stinkt doch. Der Alte versucht, die Braut chic zu machen, bevor sie verkauft wird. Egal wer den Deal machen wird, die Franzosen oder die Amis, die Monopolisierung schreitet weiter voran.«
»Und wieso sollen wir die Frau umbringen?«
»Um die Braut zu entzaubern. Wenn Lochner nicht mehr länger seine Mär von dem geheimnisvollen Erben aufrecht halten kann, dann wird er als aufzukaufendes Objekt uninteressant.«, erklärte Claude.
»Hast du schon mal daran gedacht, dass diese Geschichte wahr sein könnte? Angenommen, Lochner hat recht? Was passiert dann, wenn wir die Frau töten?«
»Dann wird die Geschichte trotzdem uninteressant. Lochner verliert Zeit, und ob er noch einmal jemanden für die Suche findet, ist fraglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Franzosen den Laden übernehmen, steigt rapide an. Für Tristan Douglas wird es uninteressant.«
»Toll, was haben wir damit gewonnen? Ich will in keiner Weise die Monopolisierung unterstützen. Egal wer es ist!«
»Vergiss nicht, dass die CIA bereits Dengue-Erreger auf Kuba zum Einsatz gebracht hat. Was meinst du wohl, warum jetzt Tristan Douglas aktiv mitspielt, haben sich unsere Möglichkeiten maximal reduziert. Er hat das Kapital. Wir müssen schneller sein als er. Ansonsten war alles vergeblich. Und das setzt voraus, dass du die Frau beseitigst. Und zwar schnell.«
Nach einigem Zögern meldete sich wieder Raul zu Wort: »Und was schlägst du vor?«
Claude griff unter den Tisch und holte eine kleine Tasche hervor. »Hier ist alles drin, was du brauchst. Sieh zu, dass es in ihrem Gepäck landet. Sobald das geschehen ist, meldest du Dich und wir veranlassen alles Weitere ...«
»Und wenn es nicht funktioniert?«, fragte Raul unsicher.
»Du kennst die Prämisse!«
Raul fasste nach dem Täschchen und ließ seine Hand einen Moment auf dem Tisch liegen. Claude griff nach seiner Hand. »Raul, wir zählen auf Dich ...«

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10. Dezember 2013

'Afrika quer' von Peter Boehm

In rasenden Geländewagen, klapprigen Bussen und ausgeschlachteten Zügen ist Peter Boehm quer durch Afrika gefahren. Fast sechs Monate lang, mehr als 10.000 Kilometer, durch neun Länder: Somalia, Dschibuti, Äthiopien, Sudan, Tschad, Nigeria, Niger, Mali und Senegal. Die Reise war atemberaubend und nervtötend, aber nie langweilig. Die Leute, die er traf, waren aufregend, bizarr und rührend, aber sie lassen einen nie kalt.

In Somalia porträtiert Peter Boehm Psychiater, die alle ihre Landsleute für verrückt halten - so wie die Somalis sich selbst, und der Autor am Ende sich selbst auch! Im Sudan trifft er Ärzte, die Frauen verschließen, im Tschad Straßenkinder, die schon auf ihren Koffern für die Reise nach Deutschland sitzen, in Mali traditionelle Heiler, die gleichzeitig Hausarzt sind und Dr. Sommer und Kummertante in einem, in Nigeria traditionelle Herrscher, vor denen sich die Untertanen auf den Boden werfen, und islamische Richter, die die von ihnen angeordneten Auspeitschungen goutieren wie guten Wein.

Als Zugabe hat Peter Boehm genau Protokoll geführt über die Wirrungen und Wandlungen eines Europäers in Afrika.

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Leseprobe:
Soviel war klar. Der östlichste Punkt Afrikas liegt in Somalia, und die ihm nächste Stadt ist Bosasso. Für Journalisten gibt es zwei Möglichkeiten, von Nairobi nach Bosasso zu reisen: Mit dem Flugzeug einer Hilfsorganisation oder mit einem Khat-Flugzeug.
Für die erste hätte ich mir überlegen müssen, wie ich ein Hilfsprojekt in einem Artikel in werbewirksames Licht rücken kann. Dafür wäre ich gratis mitgenommen worden. So ist die stille Vereinbarung zwischen Hilfsorganisationen und Medien. Für die zweite braucht man ein paar hundert Dollar in bar und gute Nerven.
Die erste Möglichkeit fiel für mich aus, denn ich fand keine Hilfsorganisation, die mich mitnahm. Das hätte alles einfacher gemacht, aber übermäßig traurig durfte ich darüber auch nicht sein. Denn solche Hilfs- und Entwicklungsprojekte funktionieren nur selten, nicht nur in Somalia, und die Zeitungen, für die ich arbeitete, hätten diese Werbeartikel wahrscheinlich sowieso nicht gedruckt. Blieb also nur die zweite Möglichkeit.
Deshalb hatte ich mich schon vor Monaten bei einer Fluglinie am Wilson-Flughafen nach einem Flug nach Bosasso erkundigt. Dort starten alle kleinen Flugzeuge aus Nairobi, also auch die Khat-Maschinen.
Dort habe zwei Somalierinnen abgepasst. Sie sagten mir, sie hätten jeden Tag eine Maschine nach Bosasso. Wann ich denn fliegen wollte, fragten sie und lachten, als ich sagte, morgen noch nicht, erst in ein paar Monaten. Afrikaner müssen oft darüber lachen, wie lange Weiße im voraus planen.
Als ich nun jedoch ein paar Tage vor dem Flug in dem kargen Büroraum der Frauen mit einem völlig leeren Schreibtisch und ein paar vergilbten Werbeplakaten für Rom und Brüssel saß, wollten sie für den Flug $600 haben. Das war unverschämt. Selbst in der Hauptsaison kann man dafür nach Deutschland und wieder zurück fliegen.
Was sollte ich tun?
Wer als Weißer in Afrika nicht mehr bezahlen will als Afrikaner, sollte zu Hause bleiben. Dann bist du am falschen Ort. Ein bisschen so wie jemand, der eine Hitzeallergie mitbringt und sich Linderung erhofft. Aber ich wollte mich auch nicht so offensichtlich über den Tisch ziehen lassen, wie ein Anfänger, ein Grünschnabel, der noch nie in Afrika gereist ist. Das verletzte meinen Stolz.
Also tat ich das einzige, das man in solchen Fällen tun kann: Die Nerven behalten und nicht zu verschämt, aber auch nicht zu ärgerlich versuchen, die Forderungen auf vernünftige Dimensionen zu schrumpfen.
Ich versuchte es mit $400. Vergebens. Na gut, dann behielt ich einfach weiter die Nerven. Ich lehnte ab. Ich war dann jedoch erstaunt, dass die zwei Frauen mich aus ihrem Büro gehen ließen, ohne mich zurückzurufen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie das Monopol für die Khat-Flüge von Nairobi nach Bosasso hatten. Die Stadt liegt schon so weit im Norden Somalias, dass sie fast auschließlich mit der Droge aus dem viel näheren äthiopischen Anbaugebiet um Harar versorgt wird. Tja, so geht das.
Ich hatte die Durchquerung seit mehr als einem Jahr geplant und versucht, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. War die äthiopisch-sudanische Grenze inzwischen passierbar? Wo bekam man ein Visum für den Tschad? Gab es öffentliche Verkehrsmittel zwischen El Fascher und Abesche?
Ich hatte mich über Landkarten gebeugt, jeden gefragt, der etwas über meine Reiseländer wissen konnte, hatte versucht, Kontaktpersonen vor Ort zu finden, Briefe dorthin geschrieben und die Route ganz langsam wie ein Puzzle zusammengesetzt.
Und ich hatte schon alle Brücken hinter mir abgebrochen, meine Wohnung aufgelöst, mein Auto verkauft und mich von meinen Freunden verabschiedet und nun war die Reise durch eine Kleinigkeit in Frage gestellt. Aber zurück konnte ich jetzt auch nicht mehr. Nun konnte ich nur noch nach vorne.
Natürlich hätte ich den zwei Frauen den unverfrorenen Preis zahlen können. Aber es gab ja auch noch eine andere Möglichkeit: Ich konnte die Nerven behalten.
Wenn ich in meiner Zeit in Afrika etwas gelernt habe, dann dass du ruhig bleiben musst, auf jeden Fall, was auch immer passiert. In Europa war das nicht nötig und oft genug sogar falsch. Du beschwertest dich einfach. Aber für Afrika gilt das Gegenteil. Sich aufzuregen schadet nur dir selbst. Am Ende gewann immer der, der am meisten Geduld, der den längsten Atem hatte.

Im Kindle-Shop: Afrika Quer

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9. Dezember 2013

'Chronist: Der erste Kreuzzug' von Matthias Wenzel

Ein historischer Roman über die Erlebnisse des jungen Benediktiners Raimund von Aguilers, der den ersten Kreuzzug als Chronist begleitete. Es ist eine wahre Geschichte, die von Schrecken und Entbehrungen, von Gräueln und Hass genauso erzählt, wie von Liebe und Freude. Sie handelt von einfachen Menschen, die zu Figuren in einem Spiel aus Intrigen wurden, das vor über 900 Jahren stattfand und bis heute nachhallt.

Geplagt von seiner Vergangenheit und seiner Sehnsucht nach einer Welt außerhalb seiner Klostermauern, folgt der junge Benediktiner Raimund dem Aufruf Papst Urbans des Zweiten zum ersten Kreuzzug. Diese außergewöhnliche Pilgerfahrt führt ihn nicht nur über die Grenzen der damals bekannten Welt, sondern eröffnet ihm auch eine Erfahrung menschlicher Gefühle, von denen er in seinem behüteten Leben nie etwas geahnt hatte. Aus der hoffnungsvollen Reise zum Ruhm Gottes wird ein Alptraum ohne Ausweg und Raimund muss sich fragen, ob die Vergebung seiner Sünden es wert ist, sein Leben und seine Seele dafür zu opfern.
Wie viel Blut darf der Weg ins Paradies kosten?

Gleich lesen: Chronist: Der erste Kreuzzug. Roman

Leseprobe:
»Ich ... Ich sterbe.«
Er flüsterte, aber in seiner Stimme lag keine Angst mehr.
»Nein. Nein. Du stirbst nicht!«
Raimund zischte die Worte durch vor Anstrengung zusammengebissene Zähne.
Verzweifelt drückte er mit beiden Händen auf die Wunde. Immer wieder rutschte er von dem blutverschmierten Kettenhemd ab. Es nützte nichts. Unaufhaltsam quoll der Lebenssaft seines Freundes zwischen seinen Fingern hervor.
»Du kannst noch nicht sterben! Wir sind noch nicht am Ziel, es ist doch nicht mehr weit!«
Tränen hinterließen ihre Spuren auf seinen staubigen Wangen. Er schloss die Augen und kämpfte vergeblich gegen ein Schluchzen, das seine Kehle hinaufdrang. Er versuchte, tief Luft zu holen und sich zu beruhigen. Der allgegenwärtige Gestank stieg ihm dabei in die Nase. Sein Leben schien nur noch davon erfüllt zu sein, dem Geruch von metallischem Blut, scharfem Urin, Leder, Waffenfett, Pferden und Staub, Schweiß von Mensch und Tier.
Er blinzelte und sah sich verzweifelt um. Der Hügel sah aus wie ein verwundetes Tier. Auf seinem Rücken kämpften schreiende Menschen gegeneinander. Jedes Mal, wenn einer von ihnen zu Boden fiel, blutete es aus einer neuen Wunde.
»Es ist in Ordnung, Raimund. Ich spüre keinen Schmerz mehr. Mir ist nur kalt.«
Ein Lächeln lag auf den Lippen seines Freundes und er schien ruhiger zu werden. Das Sprudeln zwischen Raimunds Händen wurde zum Rinnsal. Dann schloss der Gefallene die Augen. Raimund spürte, wie sich die Brust unter seinen Fingern ein letztes Mal hob und senkte. Der letzte Atem entwich, dann wurde es still.
Er bemerkte kaum, wie er anfing zu schreien. Er schrie ohne Unterlass. Niemand schenkte ihm Aufmerksamkeit, seine Stimme ging unter im allgegenwärtigen Lärm. Klirrende Waffen, Menschen, die um Hilfe riefen, andere, die ihre Wut oder Befehle herausbrüllten.
Schreie, Blut und der Gestank schienen alles zu sein, was von Raimunds Welt noch übrig war. Benommen nahm er seine Hände von dem leblosen Körper und sackte in sich zusammen. Jeder Ausdruck wich aus seinem Gesicht, nur die Tränen liefen noch. Er hatte schon nicht mehr daran geglaubt, überhaupt noch welche in sich zu tragen. Seine Umwelt drang nur noch gedämpft an seine Sinne, als hätte jemand einen dichten Schleier über ihn gelegt.
Wie hatte es so weit kommen können? Drei Jahre des Wanderns und des Kämpfens und dann dies? So kurz vor ihrem Ziel ... Die Realität entglitt ihm immer weiter. Sein Verstand flüchtete sich in eine Erinnerung an vergangene Tage, bevor all dieser Wahnsinn begann.
Der Duft der Wiesen und die Ruhe von damals schienen ein ganzes Leben weit weg zu sein. Damals wollte er nur fort. Heute würde er einiges dafür geben, es noch einmal spüren zu können ...

* * *

Irgendjemand riss an seiner Schulter, zerrte ihn auf die Füße und trieb ihn vor sich her. Benommen ließ Raimund es geschehen. Sie ließen den zerstörten hölzernen Schutzwall hinter sich. Der Mann schob ihn den gleichen Weg hinab, auf dem sie alle erst vor Kurzem heraufgestiegen waren. Er brüllte Raimund irgendetwas ins Ohr, aber der verstand es nicht. Seine Augen blickten noch immer zurück, in eine Vergangenheit, so voller Hoffnung und Frieden.

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6. Dezember 2013

'Erinnerung an Samana' von Manuela Mendez

Eine Liebesgeschichte mit Fernweh.

Der Urlaub ist zu Ende und Kira wieder in Deutschland. Aber was genau war es was sie auf Samana, der wunderschönen Halbinsel im Norden der Dominikanischen Republik, erlebt hat? Ein heißer Urlaubsflirt? Eine seichte Ferienliebe? Oder doch die große Liebe?

Wie soll es weitergehen? Kann eine Fernbeziehung über so viele Kilometer und Kulturen hinweg funktionieren?

Fragen über Fragen ... Aber was Kira ganz sicher bleibt, ist die Erinnerung an Samana.

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Leseprobe:
Er lenkte den Wagen durch die vielbefahrene Stadt und steuerte auf die Autobahn Richtung Norden zu. Sein Ziel hieß Samanà. Carlos hatte keine große Eile. Er fuhr in gemäßigtem Tempo, hörte seine Lieblingssongs und ließ seine Gedanken schweifen. Über diese Autobahn war er mit seinem Seesternchen gefahren. Wie lange ist das schon her? Was war seit diesen glücklichen Tagen nur passiert …
Gegen 21 Uhr erreichte er Las Galeras und parkte seinen Wagen in Strandnähe. Langsam schlenderte er am Strand entlang und kam schließlich zu der kleinen Bucht, in der er und Kira so schöne Stunden verbracht hatten. Er setzte sich nah am Ufer in den Sand und betrachtete das ruhig vor ihm liegende Meer. Er wurde nun auch ganz ruhig und seine Gedanken galten nur noch ihr: seiner so sehr geliebten Kira.
Carlos zog sich aus und legte seine Kleidung ordentlich zusammen. Die Nacht war dunkel und er brauchte keine Zuschauer zu fürchten. Nackt legte er die wenigen Meter bis ins Wasser zurück und tauchte in das herrlich warme Meerwasser ein. Er schwamm, bis er keine Kraft mehr hatte und legte sich dann in das seichte Wasser am Ufer. Hier hatte er mit ihr gelegen und jede einzelne Szene dieser Nacht erschien in seinem Gedächtnis.
Wieder streichelte er ihre weiche Haut und küsste ihren salzig schmeckenden Mund. Er fühlte, wie sich ihre Brustspitzen unter seinen zärtlichen Fingern verhärteten und sie leise aufstöhnte, als er sie behutsam zwischen ihren leicht geöffneten Schenkeln berührte. Er streichelte und küsste jede Stelle ihres Körpers und ein Stöhnen entrang sich seiner Kehle, als sie ihre Hände um seine erregte Männlichkeit legte. Sie hatte sich ihm weit geöffnet und als er in sie eindrang, war das Gefühl einfach unbeschreiblich. Er erlebte wieder diesen wahnsinnigen Rausch, den sie damals gefühlt hatten, als sie gemeinsam dem Höhepunkt entgegenstrebten und die Explosion die kurz darauf ihre Körper erfasst hatte …
Carlos setzte sich in das kurze Gras und dachte daran, wie schön es hätte werden sollen. Er hatte für sie ein Haus gekauft und darin hätten sie ihr Glück genießen können. Kira hatte sich Kinder von ihm gewünscht und wie gerne hätte er ihr diesen Wunsch erfüllt. Einen Jungen und ein Mädchen hatte sie gesagt und vielleicht wären es Zwillinge, denn Zwillingsgeburten waren in der Ortega Familie schon des öfteren vorgekommen.
Carlos ließ seinen Gefühlen und seinen aufgestauten Tränen freien Lauf. Er weinte um sein Seesternchen Kira und um ihr verlorenes Glück.
Als er keine Tränen mehr hatte, wusch er sich im Meer den Sand vom Leib und aus den Haaren und dann kleidete er sich an. Ordentlich band er die Haare zum Pferdeschwanz und strich seinen Anzug glatt. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Wagen, um den letzten Punkt auf seiner Liste in Angriff zu nehmen. Er schaute auf seine Uhr, es war bereits 2 Uhr morgens und die Zeit schien ihm perfekt. Es würde kein Verkehr auf der Autobahn sein und das war gut so …

Im Kindle-Shop: Erinnerung an Samana (Meine Liebe Samana 2)

Mehr über und von Manuela Mendez auf ihrem Blog.

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4. Dezember 2013

'Die Enkelin' von Annemarie Nikolaus

"Quick, quick, slow - Tanzclub Lietzensee" erzählt aus dem Leben eines Tanzvereins. Die Reihe von Kurzromanen entsteht als Gemeinschaftsprojekt verschiedener Autoren.

Madeline Lagrange, die Enkelin des Vorsitzenden des Tanzvereins sieht Gesellschaftstanz lediglich als Kulturtechnik, die sie ohne großen Ehrgeiz lernt. Dann trifft sie auf die Square Dancer des Vereins. Und sie verliert ihr Herz – nicht nur an den Tanz, sondern auch an den Caller der Gruppe, den Amerikaner Chris Rinehart.

Chris ist vom ersten Augenblick an fasziniert von Madeline. Aber er ist der Trainer der Gruppe und sie ist minderjährig. Darum kämpft er gegen seine wachsende Zuneigung für sie und verleugnet ihr gegenüber seine Gefühle. Während Madeline mit der Kompromisslosigkeit ihrer siebzehn Jahre Chris zu verführen versucht, setzt ihr Großvater alles daran, ihn aus dem Verein zu verbannen, um die beiden auseinander zu bringen.

Gleich lesen: Die Enkelin (Quick, quick, slow - Tanzclub Lietzensee)

Leseprobe:
Square Dance war eigentlich ganz einfach, wenn man erst mal wusste, was sich hinter so merkwürdigen Calls wie „pass the ocean“ oder „ladies in, men sashay“ verbarg. Hinnerk nickte immer wieder anerkennend. Madeline genoss die Stimmung in der Gruppe, die Musik – und den betörenden Klang von Chris’ Singstimme. Jedes Mal, wenn ihr Blick auf ihn fiel, hatte sie das Gefühl, seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben.
Wenn sie Großpapa sagte, nach der Pleite mit Robert hätte sie einfach die nächste Gelegenheit ergriffen, die sich ihr angeboten hatte? Das müsste ihn eigentlich freuen. Tanzen war Tanzen ... Nein, war es nicht. Eben deswegen würde sie beim Square Dance bleiben. Bei dem Gedanken an Chris wurde ihre Kehle eng.
Madeline war so ins Grübeln versunken, dass sie Fehler zu machen begann. Chris’ kritisch gerunzelte Stirn hieß sie, sich besser zusammenzunehmen. Er sollte nicht denken, sie mache das wieder absichtlich.
Dann war das Training zu Ende und die Gruppe versammelte sich wie gewohnt an der Bar. Chris stand mit den anderen zusammen und diskutierte; hatte er entschieden, dass sie keine Nachhilfe bräuchte?
Madeline nippte unschlüssig an ihrem Prosecco, von Hinnerk in Beschlag genommen. Ihm war bald anzusehen, dass er sie am liebsten gefragt hätte, was mit ihr los war. Aber zu ihrer Erleichterung tat er es dann doch nicht.
Dann wollten Carola und Tanja gehen und Norbert fragte Madeline, ob er sie mitnehmen solle.
Chris bemerkte Madelines ratlosen Blick und kam zu ihnen. Offensichtlich hatte er die ganze Zeit auf sie geachtet, obwohl er in die Gespräche vertieft erschienen war. „Es ist spät; hast du trotzdem noch Zeit zu bleiben?“
„Ja natürlich.“ Als ob sie nicht die ganze Zeit darauf gewartet hätte.
Hinnerks Blick wurde noch wachsamer. „Üben? Ich kann auch noch bleiben.“
Chris’ Gesicht blieb ohne Ausdruck, als er antwortete. „Muss nicht sein.“ Warum schickte er Hinnerk nicht ausdrücklich fort?
Aber Hinnerk schien nichts verdächtig zu finden und als Chris mit Madeline in den Saal zurückging, bleib er nur kurz in der Tür stehen und verabschiedete sich, noch bevor sie anfingen zu tanzen.
Madeline war verspannt vor Aufregung und als Chris sie an der Hand nahm, hatte sie das Gefühl, sie würde von einer verräterischen Röte übergossen. Um zu verbergen, was in ihr vorging, verkrampfte sie sich noch mehr. Aber es nützte nichts. Chris fasste sie an beiden Schultern und studierte ihr Gesicht. „Locker, Madeline.“ Er lächelte sparsam; sein Blick jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.
Sie lehnte sich an und er sog heftig die Luft ein. Er roch nach Pfefferminze und einem herben Aftershave, obwohl es Stunden her sein musste, dass er sich rasiert hatte. Der dunkle Schatten auf seinen Wangen gab ihm einen verwegenen Ausdruck.
Ihr fiel keine Entgegnung ein, die irgendwie witzig oder intelligent war. Aber sie begann sich zu entspannen. Dabei hatte sie die ganze Zeit das Gefühl, er müsse sich anstrengen, cool zu bleiben. Da war nichts mehr von der Leichtigkeit der letzten Tage zu spüren. Irgendwann gab sie es auf, darüber nachzudenken und tanzte einfach nur.
„Ich fahre dich nach Hause“, sagte er, als an der Bar die Gläser von Margas Aufräumerei klirrten. Offensichtlich war dies das Zeichen, Schluss zu machen. Wartete Marga abends etwa, bis der letzte gegangen war? Chris hatte doch sicher einen Schlüssel für die Etage.
Dann gingen sie alle drei gemeinsam, aber Marga lehnte Chris’ Angebot ab, sie ebenfalls nach Hause zu bringen. „Ich brauche frische Luft und Bewegung, bevor ich schlafen kann.“
Es hatte wieder angefangen zu schneien und der Schnee hob sich hell gegen den unbeleuchteten Hof ab. „Der Hausmeister ist wahrscheinlich wieder in der Kneipe“, murrte Marga, während sie ihnen folgte und mit leicht von sich gestreckten Armen in ihre Fußstapfen trat.
Chris nahm Madeline an der Hand, um sie sicher über die rutschige Fläche zu führen.
An der Straße blieb Marga stehen. „Wir sind schneller zu Hause, wenn wir nicht mit dir fahren, Chris. Bis du dein Auto ausgegraben hast und auf den glatten Straßen ...“ Sie sah Madeline auffordernd an, als sie jedoch nicht reagierte, verabschiedete Marga sich und stiefelte zum U-Bahnhof.
Chris’ Auto stand nur ein paar Schritte entfernt, aber als Madeline einstieg, hatte sie schon eisige Füße und Hände. Es war bestimmt fünfzehn Grad unter null. Sie klemmte sich die Hände unter die Achseln, während Chris rundherum die Scheiben frei räumte.

"Die Enkelin (Quick, quick, slow - Tanzclub Lietzensee)" im Kindle-Shop

Mehr über und von Annemarie Nikolaus auf ihrer Website.

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3. Dezember 2013

'Kalter Zwilling' von Catherine Shepherd

Der dritte Zons-Krimi von Catherine Shepherd, der Vergangenheit und Gegenwart zu einer packenden Geschichte verschmelzen lässt.
Zons 1496: Ein schrecklicher Fluch beendet Elisas junges Leben, noch bevor sie ihre neugeborenen Zwillingssöhne in den Armen halten kann. Bastian Mühlenberg von der Zonser Stadtwache ahnt zunächst nichts vom düsteren Familiengeheimnis, das auf den Brüdern lastet. Als der Schmied mit gefälschten Goldgulden zerstückelt vor der Stadtmauer gefunden und das friedliche Städtchen von einer neuen Mordserie erschüttert wird, nimmt Bastian Mühlenberg die Spur des Mörders auf. Stück für Stück wird er in eine unheilvolle Verschwörung hineingezogen, die das Leben seiner Familie bedroht …

Gegenwart: Der grausame Mord an einer Prostituierten führt Kommissar Oliver Bergmann zu seinem dritten großen Fall nach Zons. Offensichtlich ist der Mörder ein kaltblütiger Psychopath, der ein perverses Machtspiel mit seinen Opfern treibt. Währenddessen schreibt Journalismus-Studentin Emily mit Hilfe von Professor Morgenstern, dem Leiter einer psychiatrischen Klinik vor den Toren von Zons, eine Reportage über die menschlichen Abgründe psychopathischer Persönlichkeiten. Als ein Universitätsprofessor aus Köln, keine dreißig Kilometer von Zons entfernt, auf martialische Weise ermordet wird, meint Oliver Bergmann ein Muster aus der Vergangenheit zu erkennen. Ein über fünfhundert Jahre alter Fluch scheint zu neuem Leben erwacht ...

Gleich lesen: Kalter Zwilling: Thriller

Leseprobe:
Er hatte wieder diesen Traum. Er träumte ihn seit nunmehr über zwanzig Jahren. Seit jenem Tag, an dem er zum ersten Mal in einen grünen Kittel gekleidet in seinem Labor gestanden und die Temperatur am Brüter überprüft hatte, so wie er es auch heute wieder tat. Sie nannten das Gerät Brüter, weil es immer dieselbe Temperatur von 37 Grad anzeigen musste. Es war wichtig, dass die Wärme immer gleichmäßig blieb. Auch die Luftfeuchtigkeit wies konstant 100 Prozent aus. Würde ein kalter Luftzug die Temperatur nur um ein Grad senken, auch nur für ein paar Minuten, würden die Eier nicht überleben. Einmal war es ihm passiert. Er hatte die Klappe nicht richtig verschlossen und es zu spät bemerkt. Die Eier hatten eine hässliche braune Verfärbung angenommen und ließen sich trotz aller Versuche nicht mehr befruchten.
Er ging hinüber zu dem Labortisch, auf dem ein weißes Mikroskop stand. Es war sein Lieblingsgerät, ein Mikroskop mit automatischer Helligkeitsregelung und einem elektronisch gesteuerten Annäherungssensor, der anhand der Pupillenstellung seiner Augen die vollautomatische Steuerung der Mikroskopfunktionen übernahm. Vorsichtig nahm er eine Glasschale in die Hand und klemmte sie auf dem Halter ein. Dann rückte er seine Brille zurecht. Eine Geste, die er bis heute beibehalten hatte, obwohl sie eigentlich völlig unnötig war, denn sein neuestes Mikroskop war so modern, dass es kein Okular mehr hatte und die Bilder mithilfe einer hochauflösenden Digitalkamera direkt auf seinen Bildschirm übertrug. Doch noch war er gefangen in seinem Traum. Unruhig wälzte er sich im Bett umher, während sein zwanzig Jahre jüngeres Ich durch das Okular seines alten Lieblingsmikroskops starrte.
Der Anblick brachte sein Blut zum Rauschen. Fantastisch! Tausende kleine Lümmel tummelten sich in der Petrischale. Die Spermien waren gereinigt und bereit für den Endspurt. Dies war seine Lieblingsphase. Gleich würde er sie mit den Eizellen zusammenbringen und dann für 24 Stunden in den Brutschrank stellen. Schon morgen würde er wissen, wie viele der Eizellen befruchtet worden waren. Unter dem Mikroskop konnte er erkennen, ob die Spermien in die Eizelle eingedrungen waren und ob sich zwei Vorkerne gebildet hatten. Dann würde er noch weitere 24 Stunden abwarten müssen, bis winzige Embryos heranreiften. Kleine Zellhaufen - im Vier- bis Acht-Zell-Stadium, welche der Arzt mit Hilfe einer langen Pipette in die Gebärmutter der Patientin einpflanzte.
Er, Hans-Peter Mundscheit, war der Erzeuger dieser Embryos. Nicht der biologische Vater. Nein, natürlich nicht. Aber er verhalf all jenen Paaren zum Kindersegen, bei denen es auf herkömmlichem Wege nicht funktionierte. Seinen Fähigkeiten als leitender Biologe des IVF-Labors an der Universität zu Köln war es zu verdanken, dass Hunderte von Kindern im Jahr das Licht der Welt erblickten, die es eigentlich nie gegeben hätte. Er erschuf Leben.
Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Im Nebenzimmer hatte eine Patientin auf dem Stuhl Platz genommen. Ihre nackten Beine waren weit gespreizt und ein greller Neonstrahl leuchtete in ihr Innerstes hinein. Durch das kleine Fenster in der Labortür konnte er deutlich die rosa Färbung ihrer Schamlippen erkennen. Mit glänzendem Edelstahl untersuchte der Arzt ihre Geschlechtsorgane. Die Frau hielt die Augen geschlossen, trotzdem war sie nicht entspannt. Mundscheit konnte ihr die Nervosität regelrecht ansehen. Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich aufeinandergepresst, die Hände hielt sie ineinander verkrampft über ihrem Bauch.
»Es sieht alles sehr gut aus«, sagte der Arzt mit ruhiger Stimme und legte das Instrument aus der Hand. Dann schaltete er einen kleinen Monitor an und griff nach dem Stab-Ultraschallkopf. Er streifte ein Kondom darüber und spritzte durchsichtiges Gleitgel darauf. Dann führte er das Gerät in die Vagina der Patientin ein, ohne dabei die Augen vom Monitor abzuwenden. Ein kurzer Ruck ging durch ihren Körper, als das kalte Gel ihre Schamlippen berührte, doch sie hielt ihre Augen weiter geschlossen.
»Die Schleimhaut ist hoch genug aufgebaut. Wir können den Transfer morgen durchführen.«
Zufrieden zog der Arzt die Vaginalsonde heraus und warf das Kondom in einen Abfalleimer.
»Sie können sich wieder anziehen«, mit diesen Worten drückte er ihr ein Papiertuch in die Hand und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Die junge Frau wischte sich das Gel von ihren Schamlippen und verschwand hinter einem schäbigen blauen Vorhang.
»Wie viele Embryos sollen wir transferieren? Wir haben fünf befruchtete Eizellen, und drei davon haben sich hervorragend weiterentwickelt.«
Der Arzt sah die junge Frau fragend an, die jetzt - immer noch an ihrer Bluse nestelnd - auf dem Patientenstuhl direkt vor seinem Schreibtisch saß. Sie war ohne Zweifel attraktiv. Ihre grünen Augen waren von langen dunklen Wimpern umrandet, und ihr langes brünettes Haar lockte sich über ihren Schultern.
»Ich möchte nur einen Embryo zurückhaben«, antwortete sie, ohne zu zögern.
Der Arzt runzelte die Stirn. »Sie wissen doch, dass die Chance auf eine Schwangerschaft am größten ist, wenn Sie sich mindestens zwei Embryos transferieren lassen?«
»Ja, das weiß ich. Aber ich habe mich entschieden. Suchen Sie einen aus und vernichten Sie den Rest.« Mit diesen Worten deutete die junge Frau ein nervöses Lächeln an und erhob sich.
»Ja, aber ...«
»Professor Neuhaus«, unterbrach sie ihn diesmal forsch, »ich sagte doch, ich habe mich entschieden.« Wieder schüchtern fügte sie hinzu: »Bitte belassen wir es dabei.«
Sie reichte ihm die Hand zum Abschied und wandte sich dem Ausgang zu. Beim Hinausgehen blickte sie für einen kurzen Moment nach links und starrte durch den Fensterschlitz der leicht geöffneten Labortür. Hans-Peter Mundscheit zuckte heftig zurück. Sie hatte ihm direkt in die Augen gesehen! Nein, das konnte nicht sein, versuchte er sich zu beruhigen. Das Glas war von der anderen Seite verspiegelt. Sie konnte nicht hindurchblicken. Doch ihre Augen verfolgten ihn. Schweißgebadet wachte Mundscheit auf. Wie jedes Mal, wenn er diesen Traum hatte.

Im Kindle-Shop: Kalter Zwilling: Thriller

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29. November 2013

'world: reset - Nach den Aschentagen' von Ilona Bulazel

Ein Thriller, der in der Zukunft spielt und alles enthält: Morde, Dramatik, Gesellschaftskritik, Humor, spannende Entwicklungen, überraschende Ereignisse, geheimnisvolle Begegnungen und Leidenschaft. Im Jahre 2018 erlebt die Welt die Aschentage. Danach ist nichts mehr, wie es war. Künftig werden die Menschen durch das Phänomen der Einäscherung vor gewissenlosen Taten geschützt. Doch 260 Jahre später wird plötzlich ein Bewohner der Neuen Welt Opfer eines Mordes, ohne dass man neben der Leiche die Überreste seines Täters findet.

Weitere Todesfälle folgen und die Neue Welt steht vor einem Rätsel. Ein unbekannter Gegner bedroht das friedliche System, in dem es so gut wie keine moderne Technik gibt. Die Ermittler können dem nur ihren Verstand, ihre Beherztheit und ihren Humor entgegensetzen. Inmitten von Neugeborenen und Überlebenden ermittelt Chief-Sergeant Anne Reeve zusammen mit Sergeant Thomas Milton, unterstützt von Ihren Freunden und einer neuen Liebe.

Kann Anne Reeve ihre Welt schützen? Was steckt hinter den Morden? Kommt sie dem Rätsel der Einäscherung auf die Spur? Und was hat das alles mit einem Hirsch zu tun?

Gleich lesen: world: reset - Nach den Aschentagen

Leseprobe:
Mittlerweile erreichten Anne und Sergeant Milton das Haus der Lorden-Brüder. Die Sonne schien intensiv, und Anne war froh, dass ein angenehmer Wind von der Küste zu ihnen herüber wehte. Die Pferde wurden vor dem Haus am Pferderastplatz angebunden. Dort war es schattig, und es gab eine gefüllte Tränke.
»Merkwürdig«, dachte Sergeant Milton, »dieser Moment ist so schön und friedlich, kaum zu glauben, dass wir aus einem solch unerfreulichem Grund hier sind.«
Anne sah sich um. Das Haus der Lordens war einladend, vor dem Eingang hatten sie große Kübel mit allen möglichen Pflanzen angelegt. Anne erkannte einige Gewürze. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie den Kontakt mit den Lordens nicht besser gepflegt hatte. Nach Abschluss des Aschenfalles von Dave Lorden hatte sie sich fest vorgenommen, sich regelmäßig mit ihm zu treffen. Kein Fall war je wieder so bewegend für Anne gewesen. Das hing sicher auch damit zusammen, dass Dave Lorden ein überlebendes Opfer war. Meist hatten auch die Opfer, sprich die, die unter den Bosheiten anderer gelitten hatten, die Aschentage nicht überlebt. Allerdings waren sie bei den Kämpfen und nicht durch die Einäscherungen gestorben.
Anne schüttelte diese Gedanken ab und ging auf die Eingangstür zu. Im nächsten Moment schreckte sie zusammen – hatte sich an dem kleinen Seitenfenster nicht der Vorhang bewegt?
Sergeant Milton bemerkte ihr Zusammenzucken und fragte vorsichtig: »Ist alles in Ordnung?«
Anne nickte nur und antwortete: »Sinnestäuschung. Ich dachte, am Fenster hätte sich etwas bewegt. Versuchen Sie, die Tür zu öffnen.«
Da in der Neuen Welt Einbrüche seltener waren als Sternschnuppen, ließ sich das einfache Schloss leicht öffnen.
Anne und Sergeant Milton betraten das Haus. Im Eingangsbereich war es kühl und dämmrig. Anne spürte eine leichte Brise und bekam eine Gänsehaut.
»Hier zieht es irgendwie, scheint so, als wäre hinten ein Fenster offen.«
Sie hatte geflüstert und auch Sergeant Milton sprach jetzt sehr leise, während er die Eingangstür hinter sich schloss: »Ja, finden Sie nicht auch, dass hier eine komische Atmosphäre herrscht?«
In diesem Moment ließ sie ein Geräusch aus dem hinteren Teil des Hauses herumfahren.
»Verdammt«, entfuhr es Anne, »da ist jemand im Haus.«
Sie rannte in Richtung des Geräusches, Sergeant Milton hinterher. Als sie in das Zimmer stürzten, aus dem das Geräusch kam, atmeten sie erleichtert auf. Vor Ihnen saß ein kleiner Siebenschläfer, der sich an einer Schüssel mit Nüssen zu schaffen machte.
»Du wirst uns doch wohl nichts tun, mein kleiner Freund?«, sagte Anne sanft und wollte auf das Tier zugehen, als eine heisere Stimme zischelte: »Er nicht, ich aber schon!«
Anne hätte später nicht mehr wiedergegeben können, was ihr in diesem Moment durch den Kopf gegangen war. Automatisch drehte sie sich in Richtung der Stimme. Dann sah sie den Gewehrlauf. Danach passierte alles gleichzeitig. Sie gab Sergeant Milton einen Stoß, sodass dieser aus der Schusslinie taumelte, kurz bevor die Stille im Haus von einem ohrenbetäubenden Lärm unterbrochen wurde. Die Schrotladung war auf ihrem Weg. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Anne in das bleiche Gesicht eines kahlköpfigen Mannes.
Und sie sah seine Augen, seine trüben schrecklichen Augen, die aussahen, als wären sie seit Tagen von etwas Grausamem gejagt worden. Plötzlich ließ der Mann das Gewehr fallen. Das Poltern löste Anne aus ihrer Erstarrung. Sie wollte auf ihn zugehen, stoppte aber mitten in der Bewegung. Das Gesicht des Mannes verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze. Er formte seinen Mund fast so, als wollte er um etwas bitten und streckte den Arm nach Anne aus, aber es war bereits zu spät – die Einäscherung hatte begonnen. Sein bleiches Gesicht wurde ganz rot. Anne wusste, was jetzt passierte.
Seine Körpertemperatur war bereits extrem angestiegen. Die Körperflüssigkeiten fingen an zu brodeln, dann zu kochen. Er verbrannte von innen. Erst schmolzen die Knochen, dann die Muskeln und Sehnen, die Organe und dann das Gewebe. Zuletzt löste sich die Haut, wie ein Stück Butter in der heißen Pfanne, auf. Seine Schmerzen waren unerträglich, Flammen umhüllten ihn, seine Schreie wurden erstickt. Für einen Moment war er eine lebende Fackel, dann sackte er in sich zusammen.
Der Geruch war beißend, die Hitze erfüllte das ganze Zimmer, der Anblick war grauenvoll. Dann war es vorbei. Zurück blieb ein Aschenhäufchen, auf das die letzten menschlichen Rußflocken wie Schnee herabfielen.

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26. November 2013

'Wenn das Weihnachtskrokodil kommt'von Marion Zerbst

Eine Weihnachtsgeschichte für Kinder und Erwachsene. Eigentlich hat das Krokodil überhaupt keine Lust dazu, mitten im Winter bei klirrender Kälte auf einem Rentierschlitten quer durch Europa zu fahren und Weihnachtsgeschenke zu verteilen. Viel lieber würde es faul am Nil herumliegen und dösen. Aber als sein Freund, der Weihnachtsmann, es um Hilfe bittet, kann es einfach nicht nein sagen. Der Weihnachtsmann hat vom vielen Geschenkestapeln furchtbare Rückenschmerzen bekommen und muss seine Weihnachtstournee deshalb dieses Jahr absagen. Ob das Krokodil wohl für ihn einspringen könnte?

Kein Problem, sagt das Krokodil. Denn optimistisch war es schon immer. Aber auf seiner Reise muss es dann doch bald feststellen, dass der Job des Weihnachtsmanns gar nicht so einfach ist. Alle Kinder haben Angst vor ihm und laufen davon – obwohl es immer die rote Mütze des Weihnachtsmanns trägt und sein gutmütigstes Lächeln aufsetzt. Und die Rentiere beschweren sich, weil der Schlitten mit den Geschenken überhaupt nicht leichter wird. Kurzum: Am Anfang geht alles, aber auch wirklich alles schief. Bis das Krokodil eines Tages auf eine geniale Idee kommt ...

Gleich lesen: Wenn das Weihnachtskrokodil kommt

Leseprobe:
An dem vertrauten kratzenden Geräusch, das aus dem Telefonhörer an sein Ohr drang, erkannte der Weihnachtsmann sofort, wer am anderen Ende der Leitung war: das Nilkrokodil. Es hatte sich wieder einmal nicht die Krallen geschnitten.
Er hatte das Krokodil im letzten Herbst auf einer Nil-Kreuzfahrt kennengelernt; es war immer neben dem Schiff hergeschwommen und hatte ihn ab und zu schüchtern angelächelt, wenn er an Deck stand. Eines Tages hatte der Weihnachtsmann sich ein Herz gefasst und das Krokodil einfach angesprochen; und von da an hatten die beiden an den langen Kreuzfahrt-Abenden, wenn die untergehende Sonne blutrot über dem Ufer des Nils hing und die Eiswürfel leise in seinem Cocktailglas klirrten, so manches tiefsinnige Gespräch miteinander geführt.
Heute kam ihm der Anruf des Nilkrokodils sehr gelegen. „Kannst du mir helfen und ausnahmsweise dieses Jahr für mich die Geschenke verteilen?“ fragte er es. „Mir geht es nicht so gut. Wahrscheinlich habe ich mich beim Sortieren und Stapeln der Pakete zu sehr überanstrengt; jedenfalls fuhr mir plötzlich ein stechender Schmerz in den Rücken, und seitdem kann ich mich kaum mehr bewegen.
Natürlich ziehen meine Rentiere den Schlitten mit den Geschenken; aber verteilen muss ich sie selbst, und ich glaube nicht, dass ich das schaffe.“
„Ich könnte vorbeikommen und dir den Rücken massieren“, erbot sich das Krokodil und lächelte selbstgefällig auf seine scharfen Krallen herab. „Darin habe ich Erfahrung. Nach einer Massage von mir klagt eigentlich kaum noch jemand über Schmerzen.“
„Nein, nein, das ist nicht nötig“, wehrte der Weihnachtsmann hastig ab. „Ich komme schon zurecht – wenn du mir ein bisschen hilfst. Komm’ mich doch einfach besuchen; ich koche dir einen heißen Grog und erkläre dir, was du zu tun hast. Es ist gar nicht so schwierig. Frieren wirst du auch nicht, denn du bekommst meinen roten Mantel und meine rote Mütze, und wenn du willst, kannst du dir auch meinen falschen weißen Bart ankleben. Ich werde dich mit meinen Rentieren bekanntmachen; die ziehen selbst den schwersten Schlitten mühelos und finden den Weg zu den Häusern der Menschen im Schlaf, weil sie ihn schon so oft gegangen sind. Und vor dir werden die Kinder, die nicht artig gewesen sind, auch viel mehr Respekt haben als vor mir; ich sehe mit meinen vielen Lachfältchen und meiner Knollennase einfach zu gutmütig aus. So, und nun pack deine Sachen und mach’ dich auf den Weg; du hast eine weite Reise vor dir.“
Große Lust hatte das Nilkrokodil ja eigentlich nicht, sich zu verkleiden und den Weihnachtsmann zu spielen – und das auch noch bei klirrender Kälte –, aber es war im Grunde seines Wesens sehr gutmütig und konnte niemals nein sagen. Und den Weihnachtsmann hatte es damals gleich auf Anhieb in sein Herz geschlossen. Außerdem fühlte es sich, seit seine Frau es letztes Jahr wegen eines Alligators verlassen hatte und nach Florida gezogen war, manchmal sehr einsam. Die vielen Kinder, die sich über ihre Weihnachtsgeschenke freuten, würden es vielleicht auf andere Gedanken bringen. Also packte es kurz entschlossen seinen Koffer: die warme grüne Lederhose, die geblümte Krawatte, ein paar Straußeneier als Proviant, die Zahnbürste mit den weichen Borsten für morgens und die mit den harten Borsten für abends. Und sicherheitshalber steckte es auch noch jede Menge Zahnseide in sein Gepäck; denn sein Freund, der Krokodilwächter, der normalerweise nach jeder Mahlzeit herbeigeflattert kam und ihm geduldig die Essensreste aus den Zähnen pulte, hatte schon angekündigt, dass er es auf dieser weiten Reise auf keinen Fall begleiten konnte. Er musste seiner Frau beim Eierausbrüten helfen. Schließlich wollte er keinen Ehekrach riskieren, nur weil die Menschen da oben im Norden unbedingt Weihnachten feiern mussten. Am Nil gibt es kein Weihnachten, und die Menschen und Tiere schenken sich dort auch nur ganz selten etwas – denn am palmenbestandenen Ufer des breiten, tiefblauen Flusses, wo duftende Blumen wachsen und die Sonne pausenlos scheint, ist jeder Tag ein Geschenk.

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25. November 2013

'Parallelleben' von Caspar Keller

Zukunftsroman über Liebe, Leben, Likes und eine Welt vor dem Untergang. Die Romanfigur sieht die Welt mit "seinen" Augen. Seit diesem Julitag in Mexiko, wo er dem bedeutendsten Wesen begegnet war, ist für ihn die Welt nicht mehr einfach nur hinzunehmen. Damals verstand er nicht, warum das Streben nach Ruhm, Geld, Macht die Ur-Blase der Menschheit ist. Das ist jetzt siebzehn Jahre her. Heute im Jahr 2012 lebt er zusammen mit seiner großen Liebe in Berlin. Um sie beide herum platzen reihenweise die Blasen.

Sie ist klassische Tänzerin. Nur weiß niemand mehr, was das ist. Er arbeitet für eine Versicherung und muss feststellen, dass »Mutter«, wie der Versicherungskonzern von seinem kollegialen Vorgesetzten nur genannt wird, Teil der bevorstehenden finalen Blase ist. Dabei geht es nicht um weitere Milliarden Abschreibungen, wackelnde Finanzinstitute, das Horten von unverdienten Reichtümern. Es ist schlimmer - das Ende der Welt steht kurz bevor.

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Leseprobe:
Acht Uhr am Morgen des 20.12.2012. Draußen wird’s langsam hell. Ich sitze vor dem Rechner und rufe meine E-Mails ab. Langsam stottern sie herein. Längst wollte ich meine Internetverbindung schneller machen, sodass dieser zähe Datenstrom ein Ende hat. Das ist jetzt unwichtig, denn die Welt hat ihr Ende.
„Müssen wir uns Sorgen machen?“ – „Keine Ahnung.“ − „Wie konnte es eigentlich so weit kommen?“ – „Es hat sich zugespitzt.“ − „Was werden wir unternehmen?“ – „Abwarten.“
Katharina sieht mich an, in ihrem Blick hält sich ein Ausdruck von Anspannung und Müdigkeit. Sie erwartet von mir Halt und Zuversicht. Dabei ist sie beides für mich.
„Wir hatten das besprochen“, lasse ich mich ein, „wir bleiben ganz wir selbst und lassen uns von den Geschehnissen nicht beeinflussen. Wir machen weiter wie bisher“, und ich füge an, „gemeinsam Kleines, gemeinsam stehen wir das durch.“
Der Glanz zeigt sich wieder in ihren Augen. Ihre hübschen Mandelaugen, die unter zwei Umständen smaragdgrün leuchten. Wenn sie verärgert ist. Und, wie jetzt, wenn ich die richtigen Worte finde. So kann es passieren dass, während ich mich einmal mehr im Formulieren verliere und mich darüber erkläre, was es ist, was die Welt zusammenhält und welche Rolle jedem Einzelnen zuteil wird, sie mich reden lässt, mich dabei still und aufmerksam betrachtet, bis sich unsere Blicke treffen und ich inne halte, weil es die Tiefe ihres sanften Blickes ist, der alles unwichtig erscheinen lässt, wo doch die Erklärung auf der Hand liegt – es ist Liebe.
„Aber ich könnte krank machen und wir bleiben zusammen, heute und morgen.“ Ihre Idee befällt meine Gedanken wie süßes Gift. Es fühlt sich an wie dieser kurze Moment zwischen Wachwerden und Aufstehen, nachdem der Wecker geklingelt hat. Dieser verführerische Moment des auflehnenden Zögerns. Der stille Protest des Liegenbleibens trotz Erkenntnis, dass der Tag nicht warten kann. Dieser den Zahnrad-Rhythmus strapazierende Moment. Ins Maßlose mündend, wenn der Gedanke Platz greift, „heute mal liegen bleiben“. „Was, wenn wir nur noch heute und morgen haben?“ setzt sie nach. Jetzt entfaltet ihr süßes Gift schmerzvoll seine Wirkung. Es sticht ins Herz. Es schnürt die Kehle zu. Es lässt mich leiden. Liegen bleiben? Wenn auch die fehlende berufliche Perspektive, die Sorge ums Geld, die Unruhe der Gesellschaft nicht Grund genug waren, liegen zu bleiben, ist doch das Ende der Welt ein mehr als guter Grund zu resignieren.
„Was, wenn nichts von dem was die Medien streuen wahr ist?“ bringe ich es auf den Punkt. „Deswegen frage ich dich, wie sehr glaubst du selbst an deine Geschichte?“ verlangt sie zu wissen. „Meine Geschichte?“ spucke ich aus. „Du sagst das, als sei die Geschichte mein Hirngespinst! Zweifelst du etwa an mir?“ Energisch erhebe ich mich vom Tisch. Sie steht fertig angezogen in der Tür zum Zimmer. Mit großen Augen folgt sie meiner Bewegung. Ich gehe zu ihr herum. Und wie ich dann vor ihr stehe, mit müde gespieltem Vorwurf, umarmt sie mich abrupt. Sie drückt sich ganz fest an mich. Ihr Kopf liegt auf meiner Brust. „Liebster“, haucht sie, „niemals!“ Ich presse die Zähne zusammen, stoße Luft durch die Nase aus, entspanne und umfasse ihren zarten Körper. Ich küsse sie auf ihr Haar. Sie hebt den Kopf und kämpft gegen einen schwachen Moment an. Doch das Wasser in ihren Augen kann sich nicht halten und kullert in Form einer dicken Träne ihre Wange runter. Mit einem Nasenrümpfer als Zeichen ihres Unmuts darüber schließt sie ihre Augen und eine weitere Träne kullert auf der anderen Seite. „Ach mein Herz“, tröste ich sie, „du hast ja recht, meine überaus glaubwürdige Geschichte, nicht wahr! Nichts als Hokuspokus! Ich weiß selbst nicht mal, was ich davon halten soll. Aber …“, ich halte sie an ihren schmalen Schultern, schaue in ihr traurig-zartes Gesicht, „ich glaube! Ich glaube ganz fest! Ich glaube an uns! Die Geschichte ist unsere Geschichte. Und unsere Geschichte, die…“, suche ich, „die hat ein Happy End!“ Sie schlägt die Augen auf, ihre Mundwinkel ringen noch um das tendenzielle Vorzeichen, doch gewinnt ihr Lächeln. Ich küsse sie zärtlich auf den Mund. Einen Moment verharren wir noch, dann ist sie weg.

„Die Normalität aufrecht halten“, das ist was die Regierung propagiert. Die lebt nur schon viel zu lange gedanklich auf dem Mond. Die Medien lassen daran keinen Zweifel. Es vergeht kein Tag ohne Schlagzeilen über politisches Versagen, Politiker-Versagen, Versagen der Politik. Die Spitzen der regierungsbildenden wie auch der oppositionellen Parteien bekamen anfangs gar nichts mit. Sie verstanden einfach nicht was es auf sich hatte. Dieses penetrant wiederkehrende Datum, das es wieder und wieder auf die Tagesordnung schaffte. Das doch so gar keine Bedeutung zu haben schien. Also griffen die Parlamentarier mit jederzeit politisch versierter Gestik, die Herren schlugen die Beine übereinander, die Damen fuhren sich durchs Haar, zu ihren technischen Geräten. Der Blick in den Kalender offenbarte ganz klar seine Irrelevanz. Weder für die Bundestagswahl noch für die Landtagswahl, auch nicht für Wähler mobilisierende Kommunalwahlen. Die Herren machten erschrocken dicke Backen − vielleicht die Präsidenten-Wahl im Verband frauenfördernder Unternehmer? Nein, Schwein gehabt! Die Damen machten erschrocken einen schmalen Mund − vielleicht die Präsidentinnen-Wahl im Verband männerfördernder Unternehmerinnen? Nein, Glück gehabt! So sehr waren sie dem Volk entrückt, dass für sie die politische Welt am 21.12.2012 unmöglich aufhören konnte sich zu drehen.

Im Kindle-Shop: Parallelleben

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21. November 2013

'Zersetzt' von Lena Sander

Dieser Thriller basiert auf wahren Begebenheiten. Die schrecklichsten Storys schreibt oft das Leben selbst. Diese Erfahrung macht die junge Journalistin Julia Hoven, als sie die Hintergründe einer mysteriösen Krankheit recherchiert, an der ihr Vater leidet. Und Julias Vater ist nicht der Einzige ...

Stück für Stück deckt Julia zusammen mit ihrem Kollegen Felix eine haarsträubende Geschichte auf. Als in ihre Wohnung eingebrochen wird und ihr jemand offensichtlich nach dem Leben trachtet, stellt sich heraus: Julia hat sich mächtige Feinde gemacht. Und die werden alles tun, um sie zum Schweigen zu bringen.

Gleich lesen: Zersetzt - Thriller



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Sie drückte den Klingelknopf neben dem Praxisschild »Dr. Johanna Seifert - Fachärztin für Psychologie« und eine wiederkehrende Melodie war zu hören. Julia hoffte, dass sich die Psychiaterin auch außerhalb ihrer Sprechzeiten, die auf dem Acrylglasschild ausgewiesen waren, in ihrer Praxis aufhielt. Durch die zerrissene Bluse betrachtete sie die Wunde an ihrer Schulter. Das Blut war bereits getrocknet. Sie spürte die gebrochene Rippe, die ihr wenig Luft zum Atmen ließ, und die Prellungen, die sich über einige ihrer Körperregionen verteilten. Dennoch waren dies ihre geringsten Probleme. Ihre linke Hand, deren Hautoberfläche eine Verbrennung zweiten Grades aufwies, war zwar Tage zuvor medizinisch versorgt worden, allerdings vernebelten die starken Schmerzmittel nur ihre Sinne und betäubten kaum die höllischen Schmerzen. Der plötzliche Regenschauer, in den sie auf dem Weg zu Dr. Seifert geraten war, hatte ihren Verband aufweichen lassen. Aus den vollgesogenen Kleidern tropfte das Wasser herab und bildete bereits eine kleine Pfütze auf der Fußmatte. Sie betätigte erneut den Klingelknopf, doch hinter der Tür war kein Klacken von Schuhsohlen zu hören, kein Räuspern, das sie sonst immer vernehmen konnte, kurz bevor Dr. Seifert die Tür öffnete.
Die Bilder tauchten immer wieder auf. Bilder, von denen sie sich nicht verabschieden konnte. Die sich in ihrer Seele eingebrannt und tiefe Narben hinterlassen hatten. Sie kamen jede Nacht, griffen nach ihr, bahnten sich den Weg und zogen sie in den Abgrund ihres tiefsten Unterbewusstseins. Dort wo die Geheimnisse eines jeden Menschen gehütet und vergraben werden bis … ja, bis die Schleuse geöffnet wird.

Nachdem Julia energisch gegen die Tür gehämmert hatte, wurde diese abrupt geöffnet. Frau Dr. Seifert stand etwas benommen vor ihr und strich sich eine Strähne ihrer brünetten Haare, die nicht wie sonst frisch vom Friseur gestylt waren, aus der Stirn. Julia nahm an, dass sich die Psychiaterin gerade selbst auf ihrer Couch etwas Ruhe gegönnt hatte. Seifert hielt sich am Türrahmen fest, als sie Julia in ihrem jämmerlichen Zustand erblickte.
»Großer Gott, Frau Hoven … « Sofort half sie ihr in die Praxis und auf die charakteristische, rote Psychiatercouch, mit der Julia schon einige Male Bekanntschaft hatte machen dürfen.
»Ich brauche Ihre Hilfe, bitte«, brachte Julia gequält hervor.
»Was ist denn geschehen?« Johanna Seifert lief kopfschüttelnd durch die Praxisräume und kam dann mit einigen trockenen Kleidungsstücken und Verbandsmaterial zurück.
»Menschen, Frau Seifert«, keuchte Julia gehetzt. »Menschen die nicht nur dein Äußeres zerstören, sondern da zupacken, wo es noch viel schmerzhafter ist. Die äußeren Narben können heilen, doch die inneren Wunden ganz tief in der Seele bluten weiter.«
Nachdem die Psychologin Julias Verletzungen notdürftig versorgt hatte, schob sie den großen Klubsessel, der unter den Schiebebewegungen verdächtig knarrte, neben das Sofa und ließ sich hineinfallen.
»Ich …«, Julia stockte.
»Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber gestern muss etwas Schreckliches passiert sein. Ich weiß, dass ich gewissen Personen durch meine Recherchen seit Wochen schon auf die Füße getreten bin, allerdings weisen meine Erinnerungen große Lücken auf.« Julia lehnte sich zurück und zog die Wolldecke, die auf dem Sofa lag, über ihre Beine.
»Das würde für eine dissoziative Amnesie sprechen, die durch ein Trauma ausgelöst wurde. Dafür ist das explizite Gedächtnis zuständig. Hier werden alle bewusst abrufbaren Ereignisse gespeichert. Es kann Wochen dauern, bis Ihr Gehirn diesen komplizierten Verarbeitungsprozess abgeschlossen hat und Sie sich wieder an alle Fakten erinnern können«, diagnostizierte Frau Dr. Seifert. Julia bekam einen Hustenanfall und spürte dabei den Schmerz, den die gebrochene Rippe verursachte.
»Genau das ist mein Problem. Die Zeit habe ich nicht. Auch wenn ich sonst nichts weiß, aber dass mir die Zeit davonrennt – warum auch immer – kann ich mit Bestimmtheit sagen.« Obwohl es in den kleinen Praxisräumen nicht kalt war, zitterte Julia am ganzen Körper und zog die Decke bis unter ihr Kinn. Frau Dr. Seifert schob die Brille, die auf ihre Nasenspitze gerutscht war, nach oben und sah Julia an.
»Neben den psychoanalytischen Ansätzen könnte auch eine hypnotische Therapie in Betracht kommen. Warten Sie mal ...« Seifert stand auf, ging zu dem großen Aktenschrank in der Ecke, zog die Lade auf, nahm Julias Akte heraus und blätterte darin herum.
»Durch die Hypnose können wir zwar die vergessenen Ereignisse ins Bewusstsein zurück holen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das bei Ihrer Vorgeschichte der richtige Weg ist. Wir müssten weiter in Ihrer Vergangenheit zurück, circa eineinhalb Jahre.«
»Nein«, hörte sich Julia selbst lauter als beabsichtigt sagen. »Nicht dahin zurück. Zwei Monate, das reicht vollkommen, damit ich die Zusammenhänge eruieren kann. Bitte, die Zeit läuft mir davon.«
»Ist in Ordnung«, sagte Frau Dr. Seifert und unterstütze Julia dabei, ihren geschundenen Körper auf dem Sofa abzulegen. Nachdem sich auch die Psychologin in ihrem leicht zerknitterten, roten Designerkostüm wieder in dem Klubsessel niedergelassen hatte, leitete sie mit ihrer gleichbleibend beruhigenden Stimme die Hypnose ein.

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20. November 2013

'Berufen - Die Kinder des Schöpfers' von Marnie Schaefers

Der erste Band einer High Fantasy-Trilogie über ein mystisches Gedicht, eine verzweifelte Suche und ein Erbe, das die Welt erschüttert.

Unumstritten ist Auftragsmörder Vlain Moore der Beste seines Faches. Sein neues Opfer, die schüchterne Künstlerin Crevi Sullivan, stellt seine Professionalität jedoch auf eine harte Probe. Nicht nur, dass sie Vlains Gefühlswelt völlig durcheinander bringt, Crevi scheint ihn zudem von seinem Dämon befreien zu können. Denn sie ist die neue Schöpferin – ursprünglich dazu berufen, Menschen in magische Waffen, in Monster wie Vlain eines ist, zu verwandeln …

Doch wie wird Crevi ihre Macht einsetzen? Erliegt sie ihr und folgt ihrer Berufung? Oder gibt sie ihren Gefühlen zu Vlain nach und findet einen neuen Weg der Erlösung?

Gleich lesen: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1)

Leseprobe:
Von nun an musste sie wildem Gestrüpp ausweichen, vor gefährlich aussehenden Pflanzen, die sie noch nie erblickt hatte, zurückweichen und darauf achten, sich nicht mit ihrem Rock in irgendwelchem Gewächs zu verfangen. Ennyd schlug ein forsches Tempo an.
Nicht nur, dass sie sich in der Nacht in einem furchtbaren Labyrinth verlaufen hatten, zusätzlich drohte Crevi den Anschluss an ihren Führer zu verlieren. Schon bald war er ihr um einige Schritte voraus und es sah nicht aus, als wolle er seinen Schritt ihr zuliebe drosseln. Mit seinen langen Beinen konnte sie nur schwerlich mithalten.
Ihre Lungen begannen zu schmerzen und ihre Beine wurden schwerer. Sie wollte dem Dieb zurufen, er solle auf sie warten, doch sie brachte nicht den Mut auf, sich bemerkbar zu machen – gerade so, als riskiere sie durch lautes Rufen ein namenloses Unheil auf sich aufmerksam zu machen. Und das wollte sie unter allen Umständen verhindern.
Je tiefer sie ins Dickicht vordrangen, desto unheimlicher wurde ihr.
Voller Nervosität verfolgte Crevi, wie sich Wolkenfetzen, schauriger Banner gleich, vor den Vollmond schoben, dessen milchiges Licht mehr und mehr verblasste – ganz ähnlich ihre Hoffnung jemals wieder zurückzufinden.
Obwohl sie bereits glaubte, sie würde alsbald den Anschluss verlieren, blieb sie abrupt stehen. Keuchend stützte sie die Hände auf die Knie und bemerkte verwundert, dass auch ihr Begleiter stehen geblieben war. Sie konnte ihn kaum erkennen. Die rabenschwarze Nacht verschluckte ihn.
Während ihr noch das Blut in den Ohren rauschte und das Stechen in ihrem Unterleib unerträglich wurde, überspülte sie unerwartet eine kalte Erkenntnis. Irgendetwas stimmte nicht.
»Ennyd!«, zischte sie so leise wie möglich, als könne sie jeden Moment die Aufmerksamkeit einer im Dunkeln verborgenen Bestie auf sich ziehen. Der Wald war stockfinster. Sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen und es dauerte mehrere Sekunden, bis sie sich soweit an den Lichtmangel gewöhnt hatte, um genauere Konturen ihrer Umgebung wahrnehmen zu können.
Der Dieb stieß einen tiefen Seufzer aus und kam gemächlichen Schrittes zu ihr zurück. Schlagartig beschleunigte sich ihr Herzschlag.
Ihre innere Unruhe war wohl auch Ennyd nicht entgangen. »Was ist, meine Liebe?« Crevi war außerstande etwas hervorzubringen. Alles, was sie spürte, war das Gefühl einer unmittelbaren Gefahr durch ihn.
Ennyd trat an sie heran und wollte sanft ihr Kinn anheben, damit sie ihm in die Augen sah, aber Crevi schlug nach seiner Hand und wich zurück.
Abwehrend hob er die Hände. »Schon gut, was ist denn los?«
»Komm nicht näher«, stieß sie hervor.
»Gott, Crevi! Was habe ich dir denn getan?«, wollte er wissen. Während seiner Vorwärtsbewegung fiel ein schwacher Strahl Mondlicht auf seine Gesichtshälfte mit der Augenklappe, wo er sofort von kristallklarem Eis zurückgeworfen wurde, das sich mit hoher Geschwindigkeit über seine Wange ausbreitete.
»Bleib zurück«, wiederholte sie. Es sah jedoch nicht danach aus, als leiste er ihrer Bitte Folge.
Plötzlich blieb sie an einer hervorstehenden Wurzel hängen und stolperte. Sie schaffte es gerade noch, ihren Sturz abzufangen. Doch ehe sie sich wieder erheben konnte, war er über ihr.
Groß, dunkel und bedrohlich.
Rückwärts schob sie sich mit den Händen durch das Laub, während sie verzweifelt versuchte, ihren Fuß zu befreien, der sich mit einem ihrer Stiefelriemen an dem Sprössling verfangen haben musste.
Ohne zu zögern beugte Ennyd sich zu ihr hinab, ging ganz dicht neben ihr in die Hocke.
»Jetzt beruhig dich erst mal wieder«, sprach er langsam auf sie ein, ohne sie aus den Augen zu lassen. Noch immer versuchte Crevi, sich aus der Wurzel zu befreien. Schließlich griff er nach ihrem Schuh und zog ihn ohne große Mühe aus der Schlinge. »So, ich würde jetzt gerne wissen, was los ist«, fuhr er seelenruhig fort.
Jetzt, da sie es wieder konnte, zog Crevi die Beine zu sich heran und wollte aufspringen, hätte er sie nicht schnell am Arm gefasst. Sein eisblaues Auge funkelte sie gereizt an. »Könntest du mir bitte erklären, was dein Problem ist?«
Sie schüttelte nur den Kopf.
»Verdammt, Mädchen, ich will dir doch nichts tun!«
»Weiß ich das mit Bestimmtheit?«, flüsterte sie kaum vernehmlich und bevor er zu einer Erwiderung ansetzen konnte: »Ich weiß, was hier nicht stimmt.«
War es doch nicht Ennyd?
»Und zwar…?«
»Sei still«, forderte sie ihn auf und erhob sich langsam.
»Was?«
»Psst!« Crevi lauschte angestrengt in die Dunkelheit. »Hörst du das?«
Er schaute sie nur verwirrt an und löste langsam den Griff um ihren Arm. »Ich höre nichts.«
»Ganz genau das ist es ja«, erklärte sie mit zitternder Stimme. »Ich höre auch nichts. Absolut nichts.« Hatte sie den Weg über gelegentlich das Rascheln von Mäusen im Gebüsch, die Schreie von Vögeln und das Rauschen des Windes vernommen, so herrschte nun völlige Stille. Es war, als hätte jedes Leben den Wald verlassen.
»Was hat das zu be…?« Bevor der Dieb seine Frage zu Ende formulieren konnte, riss ihn etwas von den Beinen.
Crevi wurde in eben jenem Moment abrupt nach hinten geschleudert. Ihr blieb nicht einmal Gelegenheit einen Schrei auszustoßen, so brachial wurde ihr die Luft aus den Lungen gepresst. Hustend schnappte sie nach Luft und hielt sich die Brust, während sie versuchte, die Situation zu erfassen.
Etwas Vierbeiniges und Schlankes drückte Ennyd mit seinem Körper zu Boden und schnappte ohne innezuhalten nach seiner Kehle.

Im Kindle-Shop: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1)

Mehr über und von Marnie Schaefers auf ihrer Facebook-Seite.

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7. November 2013

'Diva Liebe. Unerwartet eins' von Sabine Sigl

Eine fantastische Liebesgeschichte. Sissy Sander hat wirklich das Zeug, zur Prada- und High-Heels-Fraktion zu gehören: Single, hübsch, erfolgreiche Nachrichtensprecherin bei einem Radiosender, witzig und klug. Doch das will sie einerseits gar nicht (na ja, vielleicht einmal im Jahr) und andererseits hat Sissy mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Da ist ihr neuer Chef, der kein gutes Haar an ihrer Arbeit lässt, und da sind Schatten aus ihrer Vergangenheit, die Sissy nicht zur Ruhe kommen lassen. Und da ist ihr Selbstwert. Jämmerlich und klein. Was nützt es Sissy, in so einer Situation ihrem Traummann über den Weg zu laufen?

Dabei ist Alessandro DeMonti, italienisch-stämmiger Österreicher, vermutlich der schönste und klügste Mann auf dieser blauen Kugel. Was Sissy nicht wissen kann, ist außerdem, dass ein elendes Pack an Taugenichtsen – sie nennen sich selbst die „Reiter der täglichen Apokalpyse“ – aus Aletheia beschließt, sich genau ihre Radioredaktion vorzuknöpfen. Super. Angst, Wut, Zorn, Ärger und Neid fallen über die ahnungslosen Redaktionsmitglieder her. In Aletheia, einer geheimnisvollen Simultanwelt, existieren zum Glück aber auch ganz andere Geschöpfe. So erhält Sissy unerwartet Hilfe von Wesen, an deren Existenz sie nie geglaubt hätte. Ihr Weltbild ist bis in die Grundfesten erschüttert und doch sind sie so real wie ihr Mikrofon …

Eine Liebesgeschichte, die sich mit nichts vergleichen lässt und die Sie in die fantastische Welt Aletheias entführt. Diva Liebe kratzt an den Grenzen des Denkbaren.

Gleich lesen: Diva Liebe. Unerwartet eins.: Liebesroman.

Leseprobe:
Nach ihrem Treffen mit Mia war Sissy direkt nach Hause gefahren. Jetzt lag sie auf ihrem Bett. Es ging ihr so schlecht, dass sie, seit sie nach Hause gekommen war, nicht ein einziges Mal Nachrichten im Internet oder im Teletext gelesen hatte. Für sie ein Zeichen, dass es ihr wohl sauschlecht ging. Kein Interesse an Nachrichten bedeutete für Sissy - kurz vor dem Sterben.
Voll angezogen, die Arme unter dem Nacken verschränkt, versuchte Sissy ihrem Schlafzimmer-Plafond zu entlocken, wie es mit ihrem Leben weitergehen solle. Ihre Decke blieb dummerweise standhaft und schwieg eisern.
Tanzend wirbelten ihre Gedanken über das Parkett der Aussichtslosigkeit. Aufhören, kündigen, Markus die Meinung sagen? Hey, ich bin echt gekränkt! Pah, hab ich eine Wut!
Jeder negative Gedanke schien immense Anziehungskraft auf weitere, noch schlimmere Gedanken auszuüben. So wurde Sissys Stimmung von Gedanke zu Gedanke, von Minute zu Minute, schlechter, depressiver, bis Sissy im Selbstmitleid zu ertrinken drohte. Was wirklich bedrohlich war, angesichts der Tatsache, dass hier in ihrem Schlafzimmer ganz sicher kein Schönling mit einem Rettungsring um die Ecke biegen würde.
Sie war nicht mehr so gut wie früher. Zu oft unkonzentriert. Abgelenkt. Mit ihrer traurigen Grundstimmung eigentlich ohnehin eine Belastung für die gesamte Redaktion. So würde sie auch keinen anderen Job mehr finden. Am liebsten hätte sie laut »Mama! Papa! Helft mir doch! Was soll ich tun?« geschrien.
Wie armselig war aber das dann wieder, mit sechsunddreißig nach den Eltern zu rufen?
Keine Tränen, du bist ein starkes Mädchen, lautete ihr innerliches Mantra. Dumm war nur, dass weder ihr Kopf noch ihr Bauch ihren Aufmunterungsversuchen Glauben schenkte. Und ihre Augen sowieso nicht.
In diesem Moment läutete es an Sissys Wohnungstüre.
Himmel, wer will denn jetzt was von mir? Ich glaub, ich bin einfach noch nicht zu Hause, redete sich Sissy ein.
Erfolglos. Denn wer auch immer an der Türe war, wusste, dass Sissy schon daheim war, denn nun läutete es Sturm.
Mühevoll quälte sie ihren gefühlte hundert Tonnen wiegenden Körper aus dem Bett, quer durchs Wohnzimmer, hinein ins Vorzimmer, und während die eine Hand die Türe langsam aufzog, wischte die andere automatisch noch einmal schnell übers Gesicht. Keine Tränen mehr. Gut.
„Sissy! Gut, dass du da bist. Ich muss dir was erzählen.“
Und schon war Andrea, eine von Sissys Freundinnen, durch die Tür gehuscht. Während sich Sissy erst langsam umdrehte (hey, hundert Tonnen zu rangieren war eben nicht einfach), saß Andrea bereits auf ihrer weißen Ledercouch im Wohnzimmer.
Sissy kam erst gar nicht dazu Andrea zu begrüßen, denn Andrea war in Fahrt. Ein unzähliges weiteres Mal prasselte die Gerölllawine Andreas gesamten Elends ungebremst auf Sissy ein.
„Dieses Arschloch von Werner hat mir doch glatt ein Email geschickt, in dem steht, dass er mit Amelie nicht Silvester feiern kann! So schaut es aus. Er will unsere Tochter ja eh gar nicht sehen. Immer diese Gefühlsduselei! Von wegen er leidet so unter der Trennung von Amelie. Schwachsinn! Und jetzt, jetzt hat er gar keine Zeit für sie. Termine! Sicher, doch. Dieses Würstel! Das lasse ich ihm diesmal nicht durchgehen, er soll sie ruhig zu Silvester nehmen.“
Erwartungsvoll hielt Andrea inne. Vermutlich wollte sie sicher sein, dass Sissy auch wirklich zugehört hatte und die Bedeutungsschwere ihrer Botschaft angemessen würdigte.
„Ja, aber du wolltest Amelie doch sowieso am Vierundzwanzigsten und am Einunddreißigsten bei dir haben, um mit ihr zu feiern, oder?“ Sissy verstand die Aufregung nicht.
„Ja, eh! Trotzdem, der Idiot muss endlich einmal kapieren, dass er mit mir nicht so umspringen kann. Das ist doch eine Riesensauerei! Ich mach auf Alltag mit der Kleinen. Schule, ihr beim Lernen helfen, zum Tennis führen und so. Dafür bin ich gut genug. Aber der Arsch pickt sich die Rosinen aus dem Kuchen. Ein nettes Wochenende hier, ein kleiner Ausflug da, und Amelie himmelt ihn an, weil das alles so toll ist. Mit ihrem Wunderpapa und seiner neuen Frau! Nein, so nicht. Nicht mit mir. Ich schicke ihm die Amelie am Siebenundzwanzigsten, und dann soll er sie von mir aus am zweiten Jänner wieder bringen. Der hat sicher schon etwas anderes, cooleres am Silvesterabend vor, als mit seiner Tochter zu feiern. Aber das werde ich ihm gründlich versauen.“
Sissy versuchte krampfhaft, irgendeine Art von rotem Faden in Andreas Gedankengängen zu finden. Nachdem sich ihrem behäbig agierenden Geist auch nach einiger Grübelei Andreas Logik nicht erschloss, musste Sissy nun doch nachfragen.
„Also, Andrea. Du willst nicht, dass Werner immer die tollen Sachen mit Amelie unternimmt? Aber du willst auch nicht mit deiner Tochter gemeinsam Weihnachten und Silvester feiern oder die gesamten Ferien mit ihr verbringen, was irgendwie für Amelie jedoch eigentlich zu den super Sachen gehört, die sonst immer nur der Papa mit ihr macht? Ehrlich? Andrea, entschuldige, aber das verstehe ich jetzt nicht.“
Dabei sah sie Andrea direkt in die Augen, die sofort körperlich zurückwich.
Diesen Torpedoangriff der Ratio schnell verdrängend schüttelte Andrea ihre Geheimwaffe aus dem Ärmel: Die vor Selbstmitleid triefende, leidende Stimme, gepaart mit einem in sich hilfsbedürftig wirkenden Körper.

"Diva Liebe. Unerwartet eins." im Kindle-Shop

Mehr über und von Sabine Sigl auf ihrer Website zum Buch.

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